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Habe einen Cruising Spinnaker (einen baumlosen Spinnaker) bestellt bei Gowen Sails 130 Coast Road, West Mersea, Colchester, Essex CO58PG, Mr. Ansteyn, tel. 0044/206/382922. Von Gowen gibt es eine Niederlassung auf den Niederländischen Antillen bei "Lansair Gowen" P.O. Box 314, Simpson Bay Lagoon, St. Marteen, Neth. Antilles
Seekarten gibt es ua. bei Brown & Perring Ltd 36/44 Tabernacle Street, London EC2A4DT, Tel.0044.1.608.0570. Ausrüstung bei London Yacht Center Ltd. 13 Artillery Lane, London E17LP, Tel. 1/2470521
02,03/87
Bisher ausgegeben (in SFr.)
Gowen,
Cruising Spi 862,00
Telesonic,
Barometer 180,00
Admirality
chart catalog 24,00
Brown&Perring,
pilot charts 8,70
Kevin
Hughes, Reeds almanch US coast 39,30
Reeds
almanac mediteranean 25,20
LYC,
liferaft, UKW, EPIRB, Ölzeug, Taylortank, Echolotgeber 5383,00
Kiste
für Bücher, Geschirr, Farbe 50,00
Fracht,
Versicherung nach Dubrovnik 325,00
Vogel&Meier,
Trysegel 619,00
Anwander,
Farben 100,00
Zugs-
und Schiffskarten f. Anreise 310,00
per
23. 3. 7946,10
Bücher, Kleidung und 1000 Kleinigkeiten sind nicht enthalten
Notizen in der Bibliothek der Royal Cruising Association in London am St. Catherins Dock (bei der ich mit einem Gefühl der Ehrfurcht – das sind die Hallen in denn Eric Hiscock, Adelard Coles, Robin Knox-Johnston weilten - "temporary member" war):
Aus "The Atlantic Crossing Guide", Phillip Allen, RCC Pilotage Foundation; "Don Streets Guide to the Eastern Carribean", W. W. Norton & Co.
from Canaries SW to 18° - 20° N
trade winds mid November March
trade winds winter 2° - 25° N, summer 10° - 30° N
Hurricanes June – mid November
turning point SW W in 25° N, 25° W, but not before finding trade wind
good landfall at Barbados, Matinique, Antigua (but not N of Antigua)
Bahamas are low, reefy and dangerous
distances: Gib – Madeira 625, Madeira – Can 240, Can – Barbados 2700
recommended for parts: St. Thomas US Vir. Isl.
21. 03. 87
0704 Abfahrt mit dem Zug von Zürich
1150 Weiterfahrt ab Mailand
1609 Ankunft in Ancona
2300 Abfahrt von Ancona mit der "Tiziano"
22. 03. 87
2140 Ankunft in Dubrovnik
2230 Ankunft bei "Heizari"
23. 03. 87
Wegstauen des Gepäcks, wohnlich einrichten. "Heizari" in gutem Zustand nur durchs Dach regnet 's immer mehr durch; die Decke zeigt feine Risse im weißen Lack.
24. 03. 87
Die Kiste aus Zürich ist heil und ganz angekommen. Stauen ihren Inhalt weg. Niggi putzt das Bad; abends telefoniert sie mit ihrer Mutter. Schreiben Karten an Hans, Patrick, Gerhart (von Gerhart und Angelika Schubert) und Mutter.
25. 03. 87
Die zwei Pakete aus London sind da. Alles OK, außer dem Schlauch zwischen Paraffin-Tank und –Kocher, der nicht passt Telefon London, Nachbestellung. Putzen Polster, Sperrholzplatten, Backskisten. Niggi schleift auch noch das Vorluk.
26. – 31. 03. 87
Nun beginnen wir ernsthaft mit den Arbeiten am Schiff. Niggi nimmt sich des Vorluks an, schleift die grau gewordene Oberfläche ab und lässt das Holz dann dick mit Teaköl ein. Ich beginnen damit dem Kiel abzukratzen, die Kimmplatten als Vorbereitung für weitere Anstriche anzuschleifen. Streiche die rostigen Stellen am Kiel mit Phosphorsäure ein, um den Rost zu lösen. Wir Schleifen und kitten den dunkelblauen Streifen zwischen Scheuerleiste und Deckskante. Als wir mit dem ersten Anstrich des dunkelblauen Streifens beginnen, bemerken wir, dass der Lack nicht deckend ist. Wollen die Farbe tauschen,aber der Laden hat fürs Wochenende schon zu.
Vom 29. bis 31. regnet es. Das Vorschiff und die Bänke über der Hundekoje sind immer noch undicht. In einer Regenpause dichte ich das Vorschiff mit Kitt ab. Die Risse in den Cockpitbänken schließe ich mit Silikongummi. Zwischendurch putzen wir den Herd – ich bin immer wieder überrascht wie grausam versaut der vielgerühmte Taylor-Kocher wird.
Am ersten April ist der Himmel grau verhangen und es ist sehr kalt. Wir kaufen einen Elektrostrahler. Beim ersten Einschalten sprengt das Dinge sämtliche Sicherungen. Ich zerlege es und stelle fest, das ein blankes Kabel direkten Kontakt mit dem Gehäuse hat – es ist mehr eine Mordfalle als ein Heizgerät. Doch nachdem das Kabel isoliert ist, wärmt und trocknet der Strahler das Schiff und macht das Wohnen wesentlich behaglicher. Man muss nur aufpassen, dass man das Holz nicht versengt so heiß wird das Gehäuse.
Ich verlege Anschlüsse für das UKW-Funkgerät in das elektrische Schaltbrett und montiere das Gerät.
Brief an Hans und Waltraud vom 28. 03. 1987:
"Jetzt wird es Zeit, dass ich Euch schreibe, sonst muss ich mir keine Hoffnung machen, hier Post von Euch zu kriegen. Ausserdem habe ich mich so großartig für einen reichhaltigen Briefverkehr ausgesrüstet – siehe diese Schreibmaschine – sodass ich diese Ausrüstung auch brauchen sollte.
Wir sind jetzt eine Woche in Dubrovnik, aber eigentlich noch nicht so richtig eingelebt. Ich kämpfe derzeit sehr mit Müdigkeit, es geht mir irrsinnig auf die Nerven, wenn man für jeden Hefen Wasser die Leiter hinunter und wieder hinauf klettern muss, wenn jede auch noch so kleine Mahlzeit ein Chaos an Bröseln und dreckigem Geschirr hinterlässt, das auch noch auf dem bisschen Ablagefläche, die einem zur Verfügung steht, die jeweils nächste Sache, die man sich vorgenommen hat, verunmöglicht. Ich habe einfach mit der Umstellung zu kämpfen; das Klima hier macht einen anfänglich sowieso ,müde, es ist noch nix eingespielt, die ganze Arbeit liegt noch vor uns.
Seit Ihr im Jänner da wart, ist bei mir ja viel los gewesen. In der zweiten Februarwoche waren Niggi und ich in England. Wir fuhren mit dem Renault, mitlerweilen Pat's Aut. – Mit dem Wagen läuft es schon lustig. Als er noch uns gehörte, fuhr pat damit nach England, jetzt da er ihn hat, fuhr ich mehr damit herum als je zuvor. – Es war von Anfang klar, dass es eine elends lange Fahrerei würde, daher planten wir von vornherien zwei Tage für jede Strecke. Unsere Hinreise verlief über Basel und Raims nach Calais. Auf der Rückfahrt nahmen wir dann die etwas nördlicher Route über Metz und Nancy. Dabei ist die Strecke gleich nach Basel, die wir ja von unserer Fahrt an die Loire kennen, und ein Abschnitt durch das marnetal am schönsten. In der Schweiz regnete es bei der Abfahrt, aber in Frankreich ging's dann, nicht gerade strahlendes Wetter, sondern eher grau und trüb, aber immerhin. Es war sogar noch weiter als wir uns vorgestellt hatten und als es finster wurde, waren wir noch 150 km von der Küste entfernt. Für den eltzten Teil nahmen wir dann die Autobahn; zu sehen gab's sowieso nichts mehr.
In Calais ging die Sucherei nach einem Hotel los. Das erste, am Strand gelegen, war zu teuer – Aussicht auf's Meer hatte es auch nicht, beim zweiten flogen wir wegen des wohl wenig passenden Aufzuges raus, beim dritten – die Wirtin und der Wirt waren ungeheur fett und gerade beim Abendessen als ich reinstolperte, stank es es nach frischem Lack. Ich getraute mich nicht zu sagen, dass wir es nicht wollten und gab daher vor, ich hole nur das Gepäck, was mir nichts als einen verächtlichen Blick eintrug. Beim fünften trauten wir uns nicht rein, weil es so teuer aussah. Als wir es dann doch versuchten, stellte es sich als sehr günstig und angenehm heraus.
Am nächsten morgen ging es auf die Fähre; - das war noch vor dem Fährunglück von Zeebrügge. Es war kalt und sehr diesig, aber die Überfahrt verlief ruhig. In Dover konnte ich mich wieder einmal am Linksverkehr erproben. Das erste Mal war 1980 gewesen als ich mit einem R4 unterwegs war auf der Suche nach meinem Schiff. Es war gar nicht so schlimm, der Linksverkehr meine ich, und nachdem wir von den Klippen bei Dover in den Nebel gestarrt hatten, machten wir uns auf den Weg nach London.
Nach vielleicht 20 Meilen fanden wir, dass wir Hunger hatten und außerdem Canterbury noch nicht kannten; zufällig war gerade die Ausfahrt von Canterbury in der Nähe. Dieser Abstecher ist nur erwähnenswert um unseren dortigen imbiss zu beschreiben. Beschreiben kann man ihn eigentlich nicht, eher umschreiben, er war nämlich unbeschreiblich.
Nachdem wir allem dem Mark und auch dem Pat mit hässlichen Tiraden über das englische Essen zugesetzt hatten, gelüstete es mich schon nach einer Fish 'n Chips Bude.
Die, die wir im Ortskern, ganz in der Nähe der berühmten Kathedrale fanden, sah auch ganz wunderbar aus und versprach alles, was so eine Fish 'n Chips Bude zu bieten hat.
Wir nahmen dann gebackenen Fisch, Pommes Frites und Tee. Der Tee war wie überall in England wunderbar. Alles andere war zum sofort ankotzen. Es war so unbeschreiblich grauenhaft, eine solche Mischung aus Abwaschwasser und Terpentin, ein so unbeschreiblicher Geschmack von 300jährigem Terpentin, dass uns die Augenübergingen – beim Versuch nämlich, den Brechreiz zu unterdrücken.
Nachdem wir einen Teil des Zeuges höflich hinuntergewürgt hatte, begaben wir uns auf die Weiterreise nach London. Nach der Ankunft verbrachten wir den Rest des Tages damit ein Hotel zu suchen, in dem es sich einige Tage aushalten ließe. Das war recht mühsam und anfangs frustrierend, endete aber in einem passablen erscheinenden Haus in der Nähe des Britischen Museums. Wir bekamen ein Zimmer, das unseren Preisvorstellungen entsprach und auch einigermaßen anständig aussah. Es war das letzte Zimmer im Keller unten links. Im Bette liegend konnte man durch die Gitterstäbe, hinter der Hofmauer die Zweige eines Baumes sehen; sie waren leider kahl – aber es war schließlich Winter. Es gab in dem Hotel ausschließlich Neonlampen, - die waren wenigstens hell. Die Zimmertüren hatten zum Gang hin keine Schnallen sondern kleine Griffe; wenn man das Zimmer verließ, durfte man den Schlüssel nicht vergessen, andernfalls man sich ausgesperrt sah. Diese sonderbare Einrichtung bestand anscheinend aus Sicherheitsgründen. Der Eingang des Hotels wurde übrigens von einer Fernsehkamera bewacht. Ich gebe zu, das Ganze war nicht sehr gemütlich, obwohl ich das Hotel gegenüber Niggi rigoros verteidigte – ich wollte nämlich nicht weiter suchen.
Wir verbrachten einige Tage damit, Yachtgeschäfte (die ich aus einem Magazin rausgepickt hatte) abzuklappern und die Dinge zusammenzutragen - kaufen oder bestellen -, die ich mir im Laufe der Zeit notiert hatte.
(Sonntag 29. 3. morgens). Es regent. Sehr unangenehm. Eigentlich wollten wir heute das Werkzeug ordnen und es dazu draußen ausbreiten. Na ja, vielleicht räume ich herinnen ein bisschen besser auf, so dass man nicht mehr hunderttausend Plastiksäcke auf die Seite räumen muss, wenn man etwas sucht. Aber jetzt zurück zu England.
In einem der Yachtläden riet man mir die Cruising Association aufzusuchen und mir dort die geplante Route anzuschauen. Die CA ist sowas wie ein spezielles Paradis für Segler. Sie hat eine riesiger Bibliothek mit all den Büchern, die auch nur im Entferntesten mit Segeln zu tun haben, eine Sammlung von original Schiffslogs, in denen interessante oder abenteuerliche Reisen beschrieben sind und alle (!) Seekarten. Die Räume der CA sind ein Ort "höherer Weihe", in denen Persönlichkeiten wie Eric Hiscock, Bernard Moitessier, Adelard Coles, Robin Knox-Johnston, usw. usf. herumgeisterten. Die Aura von Joshua Slocum und seiner Nachfolger ruht dortselbst.
Und dort sollte ich als seglerischer Niemand reindürfen? Höchst unwahrscheinlich! Der Verkäufer in dem Laden riet nur, ich solle es einmal versuchen.
Ich versuchte es – und wurde temporäres Mitglied der Cruising Association!
Die Clubräume befinden sich bei einem alten Dock an der Themse, das verwitterte Gebälk und die dunkle Holzvertäfelung atmen Seefahrt. Es ist wirklich ein außergewöhnlicher Ort und ich verbrachte einen ganzen Tag dort.
Ich sah Bücher und Karten durch, va. solche die sich mit der Überquerung des Atlantiks beschäftigen. Besonders interessierte es mich, welches der beste Ort sei um "drüben" anzukommen... "
(Es war geplant nach Westen zu segeln, vielleicht sogar über den Atlantik, wenn uns das Streckensegeln Spaß machen sollte; meine Firma versuchte gerade in USA Fuß zu fassen und uU. konnte ich dort arbeiten; sollte man später von dort nicht zurücksegeln wollen, war es denkbar, das Boot zu verkaufen; Golden Hinds waren in Amerika angeblich recht gefragt. Andernfalls wollten ich ins Ionische Meer fahren und den Segelsommer auf ruhigen Inseln und in einsamen Buchten verbringen).
" ... Ursprünglich war mir die Providence Passage im nördlichen Teil der Bahamas günstig erschienen, auch im Hinblick darauf, weiter nach Florida zu segeln. Leider werden alle Inseln nördlich von Antigua als niedrig, mit Riffen gespickt und gefährlich beschrieben; zumindest in den Handbüchern für Segler. Die Seehandbücher der Berufsschiffahrt sagen wenig dazu aus, außer, dass Gran Abaco, welches nördlich der Passage liegt, starke Strömung aufzuweisen hat.
Ich habe die Entscheidung vorerst einmal in Schwebe gelassen. Einerseits hatte ich nicht genug Zeit (oder nicht genug Geduld) mich länger bei der CA aufzuhalten, andererseits ist ja nöch völlig offen, ob wir je soweit kommen. Und wenn das doch der Fall sein sollte, bietet Gibraltar und wahrscheinlich auch Las Palmas auf Gran Canaria alle nötigen Informationen.
Mitte der Woche machten wir einen Abstecher nach West Mersea, wo ich ein neues Segel, einen Cruising Chute, d. i. eine Art Spinnaker ohne Baum, bestellt hatte.
Es wurde eine regelrechte Expedition. Die Fahrt raus aus London nahm kein Ende. Man fährt Meile um Meile und ist doch noch immer in der Stadt. London hat eine für mich unerwartete, monströse Ausdehnung.
Dann verfuhren wir uns auch noch an jeder zweiten Kreuzung. Es dauerte dann jedesmal bis zu zwanzig Minuten bis wir wieder am richtigen Weg waren. Insgesamt brauchten wir zu unserem Ziel drei Stunden; ich hatte mit einer gerechnet.
Dafür war dann bei der Segelmacherei Gowen in West Mersea (mit Niederlassung in den Niederländischen Antillen) alles zu unserer Zufriedenheit. Das Segel war fertig und sehr schön. Ich hatte alle Farben des Regenbogens gewählt, - jede Segeltuchbahn in einer anderen Farbe; sechs senkrechte Streifen, dunkelblau, hellblau, grün, gelb, orange und rot und drei waagrechte im unteren Drittel, von oben nach unten, dunkelblau, hellblau und rot. Die vertikalen symbolisieren einen Regenbogen, die waagrechten den Horizont bei Abendrot.
In London zurück machten wir noch am selben Tag unsere Bestellung im London Yacht Center (einem Versandtgeschäft für Segelartikel); die Sachen lassen wir uns nach Dubrovnik schicken. Die wichtigesten Dinge waren ein Rettungsfloß, eine Seenotfunkboje, ein UKW Sprechfunkgerät; dazu kamen noch tausend Kleinigkeiten.
Ende der Woche besuchten wir Benington, das Dorf in dem Niggi aufgewachsen ist.
Benington ist ein über Kilometer hingezogenens Straßendorf ohne eigentlichen Ortskern. Es gibt eine alte Kirche und eine "Lordship", in der auch heute noch die Nachkommen der "Besitzer" von Benington wohnen. Ihr Haus stammt aus der viktorianischen Ära und ist noch von den Ruinen der Alten Burg umgeben.
Wirklich schön und gemütlich ist das Pub, das wir besuchten. Eine lange Theke zieht sich durch zwei Räume, wobei sie die Trennwend durchstößt. Die Zimmer sind wie Wohnzimmer eingerichtet und beiden loderten große Holzscheite im Kamin. Wir stopften uns mit Curryfleisch, Würstchen und Pommes Frites voll, was die Kälte des gauen, verhangenen Tages spürbar milderte.
Niggis Schule und das Haus, in dem sie aufgewachsen ist, kannte ich schon von Dias, die Bruno bei einem Englandaufenthalt kürzlich gemacht hatte. Gegenüber den Bilder erschienen sie mir in der Wirklichkeit winzig und viel weniger heimelig.
Bei dem ehemaligen Haus der Dibsdales handelt es sich um ein Ziegelreihenhaus mit einem kleinen Vorgarten und einem etwas größeren – nicht zugänglichen – hinteren Garten. Die so bunte, reichhaltige Kinheit, die Niggi und ihre Brüder immer wieder schildern, ist gar nicht in diese etwas leere, graue Realität hinein vorstellbar. Obwohl – im Sommer und bei etwas Sonneschein hätte das Ganze wahrscheinlich anders ausgesehen.
Anschließend besuchten wir eine Bekannte, eine Schweizerin, die in Benington einen Bauern geheiratet hat. Auf dem Hof war es sehr dreckig und in der Wohnung stank es nach Kuhmist. Dafür war es im Wohnzimmer (im "schönen" Zimmer), in das wir als Besucher geführt wurden, eiskalt. Die Gastgeberin war aber wirklich lieb und herzlich. Von ihr erfuhren wir ein wenig über die Schwierigkeiten, die man in England hat, will man seinen Kindern eine gute Schulausbildung ermöglichen.
Die abendliche, vierstündige Odysee bis wir ein Hotelzimmer hatten, das unseren Preis-, Leistungsvorstellungen entsprach, überspringe ich.
Am nächsten Morgen traten wir unsere zweitägige Heimreise an. Sie war verregnet und langwierig, aber ohne besondere Vorkommnisse. Die Abschnitte durch die Ardennen und durch das Moseltal waren die schönsten. Im Moseltal, das in seiner ganzen Länge von einem breiten Kanal durchzogen wird, begegneten uns lastkähne, auf denen offenkundig ihre Besitzer wohnen. Der Wohnbereich ist hübsch weiß gestrichen, hat Blumenkästen vor den Fenstern und manche haben quer dahinter ein kleines Auto stehen.
In Zürich zurück musste ich ert einmal klären, wie die in England bestellten Gegenstände nach Dubrovnik zu senden seien. Mit dem Zug ging es nicht, da das Rettungsfloß ein "gefährliches Gut" ist (wegen der CO2 Patrone) und die Waggons, die sowas transportieren, in einem eigenen Bereich abgestellt werden müssen. Mit dem Lastwagen ging es auch nichat, da diese Dubrovnik nicht anfahren und ich mein Päckchen von Zagreb oder Titograd abholen müsste. Also blieb nur das Flugzeug. Die Luftfracht war allerdings so teuer, dass der Preisvorteil der Steuerersparnis drauf ging. Trotzdem habe ich immer noch billiger eingekauft als in der Schweiz, ich würde das Zeugs beim Schiff haben und in YU hätte ich es überhaupt nicht gekriegt. Aber, ich kann's nicht leugnen, die 100 Pfund, die die Luftfracht mehr kostete, taten mir weh.
Mein nächstes Projekt war die Unmenge an Dingen, die ich in Zürich für "Heizari" angesammelt hatte, auf den Weg nach Jugoslawien zu bringen. Nach vielem herumfragen entschloss ich mich eine Kiste zu basteln. Ich nahm ein Paket Nut- und Federbretter im Jumbo-Bastelmarkt sowie einige Vierkanthölzer. Der Bau der Kite fand an einem Wochenende statt. Ich musste zweimal Holz und Nägel nachholen, aber im Prinzip funktionierte es so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Kiste wurde 60 x 60 x 80 cm gross, was einen Inhalt von ca. eine Viertelkubikmeter umfasst. Als sie gepackt war, schätzte ich ihr Gewicht auf 80 kg, es waren dann aber 125 kg. Das Packen wurde ein Problem, denn auch diese an sich riesige Kiste war eigentlich zu klein. Zu einem Drittel füllte ich sie bit Büchern, - ich hatte in den letzten Wochen viel mehr zusammengekauft als ich mitbekommen hatte -, der Rest waren ein Trysegel (Sturmsegel), das ich in Zrüch hatte anfertigen lassen, Teppiche, Geschirr, Farben, Werkzeug und Medikamente. Die Bordapotheke musste praktisch neu zusammengestellt werden, da die Medikamente an Bord schon alle zu alt waren. In dieser Flut von Gegenständen sind allerdings so wunderbare Dinge wie ein Dampfdrucktopf, eine Kaffeemühle, eine Getreidemühle, Teakholzbretter, -schüssel und –schalen, Besteck, neues Plastikgeschirr (in "schiffigem" weiß-blau), ein Thermoskrug, etc. Auch mit Büchern habe ich in England noch einmal zugeschlagen und mich mit Science-Fiction und Phantasy eingedeckt.
Ob die Kiste allerdings heil in YU ankommen würde, darüber hatte ich meine Zweifel. Ich versicherte sie daher auf 5000 Franken, sandte sie ab und versuchte, nicht mehr daran zu denken.
Bei Ikoss hatte ich in der letzten Februarwoche einen regelrechten Ausstand, eingentlich einen Abschied gegeben. Es wurde nicht gerade ein rauschendes Fest. Ich hatte zuwenig eingekauft, was allerdings den Vorteil hatte, dass die Dauerquatscher-und-in-der-Küche-Sitzer zu kurz kamen. Manfred Dormoolen hat für sie einen guten Ausdruck geprägt. Es seien die, "die das Muster der Küchenstühle in ihren Arsch eingeprägt hätten".
In der selben Woche hatten wir ein Abschiedsessen in der Uetlibergstraße. Ich hatte anderthalb ganze Kabeljaus gekauft, sie mit Gewürzen und Kräutern eingerieben und im Rohr gedünstet. Es waren Tommy, Milena, Manfred, Pat, Biggi, Bruno (der nachfolger von Tommy in der Viertenstockwohnung), dessen schwedische Freundin Elisabeth, Niggi und ich dabei. Der Abend wurde recht fröhlich, mit viel Wein und Quatsch-Quatsch. Selbst Pat ist so aufgetaut, dass er den ganzen Abend gesprochen hat.
(Ich taue auch immer mehr auf, da ich ein Glas jugoslawischen Rotweins nach dem anderen hinunterkippe. – Es ist mittlerweilen nachmittag geworden, es regnet immer noch in Strömen und wir haben gerade ein kombiniertes Mittags-, Abendessen hinter uns, das mangels Einkauf am Samstag aus Reis, Dosensardinen, Zwiebeln und Apfelgemüse bestand; eine ebenso absonderliche wie wohlschmeckende Mahlzeit.)
Nachdem ich endlich die Kiste nach Jugoslawien abgesandt und die letzten "Postliminarien" in der Firma erledigt hatte, konnte ich daran gehen, mein Zeugs wegzuschaffen. Die Miete eines Busses kam mir zu teuer vor. Den Siggi wollte ich auch nicht darum angehen (irgendwie machen mir die neuen Leute in Zürich immer mehr Mühe; vor allem nachdem ich das Gefühl habe, dass sie über kurz oder lang alles hier ruiniert haben werden.) Wir beschlossen daher, soviel wie möglich mit dem Renault nach Österreich zu schaffen und den Rest in Zürich unterzustellen.
Zwischen dem vierten und zwölften März waren wir in Baden. Ich konnte fast alle meine Bücher, meine Kleider und die Dokumentenmappe mitnehmen. In der Wohnung in Zürich blieb das Bett, das kleine Regal, die Sitzkissen, der Wandbehang und der Bettüberwurf; das hauptsächlich damit Pat und Biggi wenigstens eine rudimentäre Einrichtung haben. In der Ikoss-Wohnung bei Manfred Dormoolen und Wolfgang Krautwurst habe ich meinen Korb mit der Motorradausrüstung, einige unwichtige Bücher, Kleidung, Arbeits- und Kursunterlagen sowie meine Schiausrüstung eingestellt. Niggi hat ihr Bett, ihren Schreibtisch und an die zwölf Schachteln mit Kleidern, Büchern und Geschirr dort. Dieses Arragement ist aus dem Grund recht, da ja noch nicht fest steht, wo wir in einem Jahr hingehen werden. Ich gehe davon aus, dass sich auch Eure Pläne bis dahin ca. 53 mal, nämlich einmal pro Woche, geändert haben werden.
In Baden war ich damit beschäftigt, die Steuer für das letzte Jahr abzurechnen, eine Konzession für das Funkgerät zu. Baden war dieses Mal überhaupt ein Frust. Christian und Erika, die ich eigentlich hauptsächlich sehen –wollte, habe ich gar nicht getroffen, dafür waren wir öfter mit Monika und Martin zusammen, denen es ganz gut zu gehen scheint., die es sich aber manchmal ganz ordentlich geben, in der Art, "..., und dann habe ich gesagt, es sei grün ...", "Grün? Du hast nie von Grün geredet, ..." usw, usf. Überhaupt war ich froh, als ich wieder abfahren konnte.
In Zürich zurückgekehrt trafen wir die letzten Reisevorbereitungen. Wir hatten eine Menge Gepäck, da in der Kiste nicht mehr alles Platz gehabt hatte. Den Sextanten und das Barometer hätte ich sowieso nicht geschickt. Dazu kam noch unsere Kleidung, einige Bücher, Gewürze, Marmelade, Müsli (um in der ersten Zeit noch ein paar Nahrungsmittel zu haben, die nicht völlig nach Abfall schmecken) und meine Angelausrüstung(!). Ich habe mich nämlich mit allem eingedeckt, was zu einem "Well equipped fisherman" gehört, darunter Oskars alte Angelrute, Haken, Blei, Köder und natürlich der entsprechenden Literatur.
Das gab zwei riesige Segelsäcke, bei Transa neu gekauft, ,einen alten Seesack, eine grosse Reisetasche und meinen Lederrucksack, in den ich noch mühselig die im letzten Moment bei Migros gekaufte Reiseschreibmaschine stopfte, - deren Erwerb ein mehrmaliges, "Ich kauf sie", "Ich kauf sie nicht", "Ich kauf sie" vorangegangen war.
So ausgerüstet, nicht bloss für einen Urlaub sondern für den Urlaub "of a lifetime", traten wir unsere Reise an. Niggi voraus mit einer Reisetasche und einem der großen blauen Segelsäcke, an dem noch kleine Rädchen angeschnallt waren, ich mit dem zweiten Seesack auf einem Kofferwägelchen – ohne Wagen konnte man ihn überhaupt nicht bewegen, hätte man ihn aufgehoben, wäre der Griff ausgerissen -, dem grünen Seesack in der Hand, dem Rucksack am Rücken und die zusammengelegte und in grünes Plastik eingewickelte Angelrute über der Schulter.
Pat und Biggi brachten uns zum Bahnhof und am Samstag den 21. März fuhren wir um sieben Uhr morgens ab.
Wir hatten uns entschieden,, mit dem Zug nach Ancona zu fahren und von dort mit der Fähre nach Dubrovnik.
Von Venedig geht zu dieser jahreszeit kein Schiff und ein Abstecher dorthin, nur zum Sightseeing, mit dem Gepäck wäre natürlich schierer Wahnsinn gewesen.
Das Umsteigen in Mailand und, um vier Uhr nachmittags, das Aussteigen in Ancona waren jedesmal ein Kunstturnen mit Krafteinlage und brachte uns jeweils schon eine halbe Stunde vorher ins Schwitzen.
In Ancona stellten wird das Gepäck ein und stiefelten durch die Stadt; gegen Acht waren wir allerdings so fix und fertig, dass wir uns kaum noch rühren konnten. Also hievten wir unser Zeug in einen Bus und fuhren zur Abfertigungshalle am Fähranleger. Dort ging die Warterei weiter. Endlich, um zehn Uhr abends konnten wir auf's Schiff, beunruhigt wegen der Taschen, die nächst der laderampe standen, zu schwer um die Treppe raufgeschlepp zu werden, aber an jener Stelle für unsere ängstlichen Gemüter viel zu exponiert den Blicken diebischer italienischer Seeleute ausgesetzt. Hatte doch einer von ihnen selbst uns gewarnt, die Sachen würden gestohlen werden. Bei jedem An- und Ablegen und viele Male zwischendurch liefen wir hinunter um danach zu sehen. Natürlich kam nix weg; die geschmähten Seeleute hatten dafür nicht einmal einen schiefen Blick.
Das Schiff, die "Tiziano" fuhr um elf Uhr abends ab, legte am nächsten Morgen um Sechs in Zadar an, danach noch einmal in Split und war Sonntag Abend gegen halb Zehn in Dubrovnik. Wir waren, vorläufig einmal, angekommen.
Seither sind wir dabei uns einzurichten. Die Kiste aus Zürich und die Pakete aus England sind heil angekommen. Einen Teil der Sachen haben wir schon sauber verstaut und die Regale im Salon glänzen von den reiehn neuer, schönder, ungelesener Bücher. Die Pantry strahlt von dem neuen und tatsächlich höchst nützlichem Geschirr.
Andererseits schleppen wir uns mitunter noch recht planlos herum und es ist noch schwer den rechten "Biss" bei der Arbeit zu bekommen. Immerhin haben wir drinnen schon ziemlich viel geputzt, draußen den Kiel mit Entroster eingelassen, den blauen Streifen geschliffen und gekittet, das Vorluk geschliffen und mit Teaköl eingelassen.
Der heutige Regentag kommt eingentlich ganz recht. Er gibt uns Zeit auszuruhen, zu lesen und herum zu kramantzen. Ich hoffe nur,dass es nicht tagelang so weiter geht, sonst kriegen wir sicher den Koller.
Die Umstellung plötzlich auf so engem Raum zu leben ist gewaltig und es war mir nicht bewusst, wie sehr ich mich an die Annehmlichkeiten in einer Wohnung und in einer Stadt wie Zürich gewöhnt hatte; - und auch an die Sicherheit einer geregelten Arbeit und des massenweise hereinfließenden Geldes.
An meiner Unbeweglichkeit und manchmal aufkeimenden Ängstlichkeit merke ich, dass eine Änderung meiner Lebensumstände dringend notwendig war. Ich rechne zwar noch mit einigen K(r)ämpfen, die wir mit uns selbst haben werden (nicht gegeneinander, den das Zusammenleben läuft dz. ganz harmonisch) bis die Sache wirklich glatt läuft, aber momenta sieht es ganz so aus, als ob es gut klappen würde.
Von Euch hoffe ich, dass es Euch gut geht und Ihr die Eigenheiten des japanischen lebens schon so durchschaut habt, dass Ihr Euch wie der sprichwörtliche fisch im Wasser bewegt. Harret aus, ich komme! Hans, arbeite nicht zuviel, Du wirst sonst verbohrt und magenkrank. Meldet Euch! Ich bin über Pat und meine Mutter zu erreichen, bei denen ich monatlich die Post telefonisch abfrage. Außerdem kommen meine Mutter Anfang Mai und Pat Ende Mai auf's Schiff. Später im Sommer treffe ich vielleicht Manfred Dormoolen und Bodo und Brigitte in Spanien. Hierher kann man bis ca. 25. April schreiben. Es wäre schön, wenn auch Ihr auf's Boot kommen könntet. Bis zum nächsten Mal, Bussi und papa "
01.- 19. 04. 87
Ab Freitag dem 03. 04. wird das Wetter endlich besser.
In der dritten Woche (06. – 12. 04.) schleifen und streichen wird des Freibords weiß und (oberhalb der Scheuerleiste) blau, schleifen und ölen die Scheuerleiste und die Fußreling, primen den Kiel und die Kimmplatten.
In der vierten Woche Demontieren wir das Klo, tauschen die Verschleißteile (aus England haben wird einen vollständigen Dichtungssatz mitgebracht), schleifen und streichen die lackierten Teile (einige Rohre und die Pumpe), bauen es wieder zusammen und montieren es. Grundieren nochmals den Kiel und ddie Kimmplatten mit einer Zweikomponenten-Grundierung - der vorige Anstrich war nicht deckend. Ein Liter Epoxyprimer reicht für einen dünnen, nicht deckenden Anstrich der Kimmplatten.
Schließlich kommt das Antifouling dran. 6 Kilo "Hempel Hard Racing plus einer Dose Verdünner reichen für einen doppelten Anstrich des Unterwasserschiffes. Wir bringen das Antifouling mit einer dünnen Schaumstoffwalze auf, wobei man mehrere Schaumstoffrollen braucht, da diese sich ziemlich schnell auflösen.
Zerlegen die Seeventile – einige der Konuse müssen rausgeschlagen werden, da sie sich festgefressen haben, fetten sie ein und setzen sie wieder zusammen.Das Schraubventil am Kühlwassereintritt bricht – wir ersetzen es durch ein Kugelventil aus Nirosta. Das Ventil an der Ablaufleitung der Kühlbox schließt nicht ganz, doch der Austritt liegt oberhalb der Wasserlinie, die andren sind jetzt in Ordnung.
Vom Quatermaster (QM, eine Windfahnenselbststeuerungsanlage nach dem Flettnerruderprinzip – dh. die Windfahne dreht ein kleines Ruder, das über einen Hebel das große Ruder in die entgegengesetzte Richtung bewegt) hat das schwarze Rohr, in dem die Welle zum Hilfsruder läuft, zu rosten begonnen. Ich kratze den Rost ab, klatsche Farbe darauf, umwickle es mit Gewebeband, das ich wiederum mit Farbe tränke – mit schlechtem Gewissen, denn das ganze ist ein Pfusch.
Wir lassen die Stangen fürs Sonnensegel dünner hobeln, damit sie in die Lattentaschen passen.
Am 20. April nachmittags gehen wir in die Gurten des Travelliftes, streichen die Stellen, auf den das Boot aufgesessen ist mit Antifouling und lassen den Motor zur Probe laufen (Kühlwasserzuleitung über einen Schlauch). Am nächsten Tag gehen wir zu Wasser und verholen zu Liegeplatz B24. Rechnung der Werft DM 320.- AmAbend des selben Tages taucht Gerhart Schubert auf.
22. – 30. 04. 87
Montiere die UKW-Antenne. Ich hatte eigentlich vor, das alte Kabel auszufädeln und damit das neue einzuziehen. Doch da rührt sich nichts. Daher stückle ich Antenne und Gerät an das alte Kabel an. Fühle mich wie ein nasser Sack, wenn ich mich in den Masttop quäle (ziehe mich mühsam hoch und Niggi rückt über die Winsch den Bootsmannstuhl nach).
Am Vorluk ist ein Stück Holz ausgebrochen. Das wird ebenfalls ausgebessert. Das ganze Cockpit wird angeschliffen und dick mit Teaköl eingelassen.
Wir versuchen das Großsegel im Dinghy zu waschen- das ganze ist nicht sehr erfolgreich. Reparieren aufgegangene Nähte an den Segeln. Tauschen die Lüfter. Räumen Vorschiff und Backskisten auf (zu wievielten Mal?). Die Nachbestellten Teile aus London sind immer noch nicht da. Bei einem Telefonat mit Mr. Catlin von LYC erfahren wir, dass sie erst am 23. abgeschickt wurden.
Am 27. machen wir eine erste Probefahrt. Fahren den Fluß hinunter und hinaus in die Dubrovacka Bucht. Wind SW 1 Bft. Niggi steuert, setzt die Segel (Fock und Groß) und holt sie ein, denn es ist unsere Absicht, dass sie im Notfall das Schiff wenigstens bis zum nächsten Hafen führen können muss. Stelle fest, dass die Kühlwasserpumpe tropft und die Fock ein Loch hat. Kehren in die Marina zurück. Nehme die Kühlwasserpunmpe ab und dichte sie ab, anschließend stopfen wir das Loch im Segel.
Wir montieren Salingkappen, die das Schamfilen der Segel verhindern sollen. Die fehlenden Teile für den Kocher kommen auch endlich an. Als letztes montiere ich die Rettungsinsel – und zwar im Cockpit. Das ist nicht besonders bequem, hater aber eine Reihe von Vorteilen, sie vermindert das Volumen des Cockpits, ist stets Griffbereit und kann nicht vom Sturm weggerissen werden.
01. 05. 87
0900 Ausklarieren aus YU
1000 Leinen los Dubrovnik Marina – am Steg steht Gerhart und winkt uns nach.
1100 Leuchtfeuer Sveti Andrija querab, Logge 63.0, Wind leichte Seebrise 0 – 1 Bft., sonnig, diesig, Barometer 1018.5 mb
1320 Wind WSE 2 – 4 Bft., Motor aus, setzen Groß und Genua, können den Kurs (Süd gegen Brindisi) anliegen.
Genua gegen Fock getauscht, im NW Stratus, Wind WSW 1 – 3 Bft. In dieser Nacht wird mir zum ersten Mal bewusst wieviel Wasser unter so einem kleinen Boot ist und es wird mir unheimlich.
02. 05. 87
0230 Wachwechsel, Niggi übernimmt die Wache, aber erst nach heftigen Protesten; sie erklärt erst, sie denke gar nicht daran aufzustehen.
0500 Flaute, lasse das Boot treiben, legen uns beide zum Schlafen hin.
0700 Flaute, Motor an, Logge 119.0
1200 leichte Brise aus SSE, Logge 140, Cirren, Stratus 1016.5 mb
1830 weißer Turm im Dunst voraus; wir suchen längere Zeit nach der Einfahrt, da eine neue Hafenmauer gezogen wurde, die in der Karte noch nicht eingezeichnet ist.
2100 längsseits gegenüber einem Hotel ("Naliande"?) zwischen einem Österreicher und einer Motoryacht aus Gibraltar. Man liegt unruhig und "Heizari" wird vom Schwell der vorbeifahrenden Boote elend gegen die Hafenmauer geworfen. Verlegen uns daher vor Heckanker und Bugleinen, wonach es viel besser wird. Motor 17.0 Std.
03. 05. 87
Bei der Polizei geben wir eine Crewliste und unsere Pässe ab. Die Hafenkapitaneria verlangt eine Haftpflichtversicherung, bevor sie ein Constituto (eine Erlaubnis die italienischen Gewässer zu befahren) ausstellt. Suchen und finden ein Büro der Lloyds International, wo wir eine Versicherung für umgerechnet SFr. 60.- bekommen. Damit zurück zur Kapitaneria, wo wir endlich das Constituto bekommen.
06. 05. 87
Holen Mutter vom Flugplatz ab. Sie kommt mit Zug nach Mailand und von dort mit Inlandflug nach Brindisi.
07., 08. 05. 87
Es hat einen starken NE-Sturm gegeben. Der junge Offizier (Hafenamt, Marina, keine Ahnung wo er dazu gehört) erklärt uns "er würde uns nicht auslaufen lassen, dass das Wetter zu schlecht sei"; also bleiben wir.
Brief vom 8. 5. An Hans und Waltraud:
"Was für ein Brief! Jetzt habe ich gedacht ich hätte Euch mit so einer literarischen Flut überwältigt, dass Ihr noch nach drei Wochen mit offenen Mündern herumlauft und Euch gegenseitig darauf aufmerksam macht, dass Euch vor einiger Zeit die Sprache weggeblieben ist. Statt dessen kommt eine sechseitige Epistel. Wir haben uns sehr gefreut. Vielen Dank!
Wir hatten gerade eine ziemliche Sauregurkenzeit; liefen unserem noch fehlenden Kocherersatzteil nach ohne dabei irgendwelche Ergebnisse zu erzielen. Dannkamen an einem Tag gleich drei Briefe, Eurer und zwei von Mutter. Ich wusste nicht, wo ich zu lesen beginnen sollte. Bei Mutters Post war auch ein Brief von einem Segler dabei, den ich 1982 in Spanien kennen gelernt hatte und der damit auf eine versuchsweise Weihnachtskarte geantwortet hatte. Er heißt John Rawle, hatte damals ebenfalls eine Golden Hind, war vorher lange im englischen Militärdienst, hatte damit aus Buddhistischen Gründen aufgehört und war 1982 als ich ihn traf auf dem Weg in die Karibik.
Mittlerweile ist er dort angekommen. Er hat ein größeres Boot, eine Frau (hinter denen war er damals her, dass es einem die Haare aufgestellt hat) und lebt auf den Britischen Junferninseln, wo er für ein Tourismusunternehmen arbeitet. Er schreibt auch ein wenig von den Leuten, die damals mit uns in Benalmadena waren.
Während ich mich auf die meisten, von denen er schreibt, nicht erinnern kann – er war viel länger dort als ich – gab es doch einen, an den ich mich gut erinnere. Ich hatte ihn schon vorher in Motril kennen gelernt. Sein Name ist Jim, ein junger Engländer mit einem uralten, winzigen Katamaran, der von einem schweren Motorradunfall, weil die Wunde unter dem Gips eiterte, eine tiefe Narbe längst des Schienbeines und ein steifes Knie zurückbehalten hatte. Jim sei nun sein Katamaran abgesoffen, er selbst allerdings gerettet worden und er segle wieder.
Ansonsten gibt der Brief einen recht genauen Abriss dessen, was John in den letzten fünf Jahren gemacht hat und einige Ratschläge und Hinweise betreffs der Überquerung des Atlantik.
Nun aber zu Eurem Brief. Das Gefühl, dass man genau in dem Moment umkehren möchte, in dem es los gehen soll, kenne ich auch. Ich habe periodisch sowas wie eine Fremdenangst, das Gegenstück zu Heimweh. Dann wird mir das ganze zuviel; zuviel Stress, zuviel Unbequemlichkeit, zuviel Verantwortung. Ich vergesse ziemlich oft auch, dass das was ich hier mache eigentlich zum Vergnügen ist, zu sehr überwältigen mich die vielen kleinen Dinge, die noch zu erledigen sind.
Von Euren SF Erlebnissen wusste ich schon ein wenig von unserem letzten Telefongespräch. Das mit den Walen erfüllt mich mit blankem Neid, ebenso die Reisepläne nach Bali (wie absurd auch immer urlaubische Neidgefühle sein mögen). Die Computerei geht mir, wie auch nicht anders zu erwarten, gar nicht ab.
Eigentlich lebe ich nicht so anders wie in Zürich. Morgens, wenn ich aufwache, überlege ich, was ich alles zu tun habe. Und wenn es etwas ist, was unangenehm ist oder gefährlich erscheint, habe ich Bauchweh, als ob ich zum "Nordenvogel" müsste. So um Acht stehe ich auf. Manchmal erledige ich noch etwas vor dem Frühstück. Meistens mach ich mich aber gleich ans Frühstückkochen. Das war bisher eine langwierige Angelegenheit, da der Herd jedesmal aufgepumpt werden musste. Mittlerweilen haben wir einen neuen, dichten Tank mit einer neuen Pumpe. Einen Brenner habe ich ausgetauscht, die anderen überholt. Jetzt gibt es ein regelrechtes Höllenfeuer und das Kaffeewasser wird in einer vernünftigen Zeitspanne heiß. Das Frühstück fällt ziemlich üppig aus. Es gibt frisch gemahlenen Kaffee, Eier, Wurst, Käse und Marmelade. Dnach geht`s normalerweise mit der Arbeit weiter. Meine Bleistiftgewohnten Patschhändchen sind schon recht grob, kräftig und vor allem unveränderlich ölverschmiert.
Was Eure Arbeit anbelangt, wundert es mich nicht, dass es so intensiv weitergeht. iCh glaube solange man für einen Kunden arbeitet und man ständig beweisen muss wie gut man ist, kann sich das nicht ändern. Und wenn man endlich ein Umfeld geschaffen hat, in dem man sich vielleicht auch einmal ein wenig "verstecken" kann, gibt es – so war's zumindest bei Euch bisher – wieder ein neues. Die "highly efficient, highly paied executives" sind auch "highly sqeezed". Mich wundert's, dass Du Dich noch nicht mehr ausgepumpt fühlst.
Deinen neuen Toshiba mit 640 Mb Speicher und 12 Festplatten bewundere ich uneingeschränkt, besonders, wenn ich meine vielen Schreibfehler und die grausige Form meiner Briefe sehe.
Liebe Waltraud! Moshi, moshi! Wir haben insgesamt zwei Karten erhalten. Vielen Dank! Die aus Kyoto kam noch nach Zürich, eine zweite mit dem Fuji San nach Dubrovnik. Wie war das Ryokan? Von diesen japanischen Gasthäusern habe ich schon gelesen. Es erschien mir immer als die Quintessenz einer Japanreise, in einem solchen zu übernachten. Wie hat es geklappt und wie viele faux pas habt Ihr gemacht? In meinen diesbezüglichen Tagträumen war ich natürlich immer ganz souverän und wurde wegen meines subtilen Verständnisses der japanischen Lebensart gelobt. Zum Glück musste ich nie den Nachweis dieser Kenntnisse antreten..."
09. 05. 87
Immer noch starker N, NE Wind
0900 Leinen los. Es dauert einige Zeit bis wir den Anker abgespült und alles gut weggestaut und festgezurrt haben. Wärend dessen treiben wir bei laufenden Motor im Hafen; Niggi wird schon ungeduldig. Aber es wird sich zeigen ...
1000 Ansteuerungstonne des Hafens querab. Wir kommen aus der Abdeckung des neu gezogenen Wellenbrechers. Daraußen steht eine (für Mittelmeerverhältnisse und unsere Erfahrung) gigantische Dünung. Die Wellen packen "Heizari" und reissen sie drei Meter in die Höhe um sie gleich darauf wieder drei Meter hinunter in das nächste Wellental zu werfen (vermutlich sind es weniger als drei Meter, aber so fühlt es sich an).
1030 Setzen Fock und zweifach gerefftes Groß, Motor aus, Wind NNE 3 – 5 Bft. Binnen kurzer Zeit sind alle sehr, sehr seekrank.
1730 Einfahrt zum Hafen von Otranto. Wind NNW 5 Bft. Recht steiler Seegang in der Einfahrt. Beim Bergen der Segel passieren einige Pannen. Mir entgleitet das Fockfall, Niggi klemmt sich zwischen Großschot und Heckkorb ein. Eine Zeit treibt das Boot in der Nähe des Wellenbrechers unkontrolliert bei tuckerndem Motor dahin. Wenn jetzt auch noch der Motor ausfällt! Doch freundlicherweise tut er das nicht. Ich fange das Fockfall wieder ein, befreie Niggi aus der Umklammerung der Schnüre und irgendwann habe ich auch das Vorsegel herunten.
Im Hafen pfeift der Wind derart, dass wir ebenfalls mit Mühe an einem Fischer längsseits gehen. Sind alle sehr erschöpft.
10. 05. 87
0300 Fischer brechen auf. Machen mit Buganker und Heckleinen im seichteren Teil des Hafens fest. Motor 4.0/23.0 Std.
11. 05. 87
0800 Leinen los. In der Ankerkette hat sich der Anker eines Fischers verfangen; können ihn ohne große Schwierigkkeiten losmachen.
Wind draußen S 3 – 4 Bft. Habe keine Lust gegenan zu gehen, kehren daher um.
1000 wieder festmachen vor Buganker; werden das Ende des S-Windes abwarten. Motor 2.0/25.0 Std.
12. bis 15. 05. 87
In Otranto.
Sehen uns die Stadt und seine Umgebung an. Die Küste ist hier flach und felsig, blühende Wiesen bis nahe ans Meer. Ein Ausflug mit der Bahn nach Lecce fällt wegen eines Eisenbahnerstreiks ins Wasser – dabei waren der Bahnhof und das Bähnchen wirklich faszinierend.
16. 05. 87
1030 Leinen los Otranto. Wind NE 2 Bft. Schwell aus SE. Unter Segel und Motor um das Kap Otranto, danach RWK 198°. Abstand zur Küste 3 – 4 sm, Wind dreht auf SW.
1630 Vor Buganker festmachen in Santa Maria di Leuca. Der Hafen ist gegen SW offen; von SE rollt noch immer ein beachtlicher Schwell an. Motor 6.0/31.0 Std. Barometer 1019 mb steigend.
17. 05. 87
1300 Fülle den Tank aus den Kanistern nach, ca. 15 – 20 l. Leinen los St. Maria di Leuca. Wind E 1 – 2 Bft. Setzen das erste mal den Cruising Spinnaker. Er ist prächtig anzuschauen mit seinen Regenbogenfarben und er zieht gut.
1400 Wind SW 1 Bft. genau von vorne.
2400 Motor aus 11.0/42.0 Std.
18. 05. 87
0000 leichter Wind aus S, Groß, Genua
0800 Motor an
1100 vor Heckanker festmachen in Crotone. Die besten Plätze werden von der Polizei belegt. Gehen mehrfach einkaufen. Die Stadt ist so scheußlich, dass wir uns beeilen weiterzukommen.
2030 Leinen los Crotone; brauchen sehr lange beim Verstauen des Ankergeschirrs; alles andere ist gut vorbereitet.
2100 Wind SW 1 – 2 Bft. Groß, Genua; die nacht ist dunkel und feucht.
2200 Motor an, RWK 134°
2310 Cap Colonne peilt 290°, Kürsänderung RWK 203°
2400 Motor 5.0/47.0 Std.
19. 05. 87
0100 Das Lauchtfeuer auf Kap Rizetto ist rot und nicht gut zu sehen; in der Karte ist die untiefe, die der rote Sektor kennzeichnet, nicht eingezeichnet.
Sektorenfeuer wechselt von rot auf weiß, peilt 270°, stimmt mit dem Koppelkurs überein.
0130 Wind NW, Groß, Genua
0200 Motor an, Niggi übernimmt Wache
0300 Wind aus NW legt schnell zu; nehme Genua herunter und reffe das Groß bis zur ersten Segelatte. Als der Wind noch weiter zulegt, setze ich die Sturmfock. Wind NW 5 – 6 Bft. Sind alle wieder seekrank.
Mutter ermutigt uns mit der Bemerkung, ob wir nicht überfordert seien und das ganze lieber lassen sollte – das nachdem sie genauso seekrank war wie Niggi und ich. Am Morgen fliegt mir mein schöner Segelhut davon.
0800 Der Wind läßt wieder nach. Motor 3.0/50.0 Std.
1030 Motor an. Habe den Autohelm runiert, einen Draht rausgerissen, weil ich draufgestiegen bin.
1200 der Golfo de Scillace ist nun überquert.
1630 Wind NW 4 – 5 Bft. Motor aus. Groß gerefft bis zur ersten Latte, Sturmfock. Bei Einbruch derDunkelheit läßt der Wind wieder nach.
2400 die Wellen haben sich verlaufen.
20. 05. 87
0300 in den Netzen der Fischer
In der Nacht sehen wir im SW Fischerboote, eines dreht den Scheinwerfer und blinkt mich an. Es dauert ein bischen bis ich darauf reagiere. Dann stelle ich den Motor ab. Beim Einholen des Schlepploggs ziehe ich ein Netz mit herein. Der Schein der Taschenlampe zeigt, dass wir uns in einem Fischernetz verfangen haben; dabei war das Boot sicher ein bis zwei Seemeilen entfernt. Die Fischer holen uns mit ihrem Netz ein. Sie müssen es zerschneiden, um uns daraus zu befreien. Geben ihnen eine erkleckliche Summe. Niggi und Mutter haben geschlafen und wurden von den Stimmen geweckt. Sie stürzen erschreckt zum Niedergang. Mutter meinte, wir seien von der Mafia überfallen worden. Motoren langsam von der Stelle dieses Abenteuers weg.
0400 Motor aus 10.0/60.0 Std., lassen uns treiben, das Boot trifftet langsam S-wärts.
0600 Motor an; passieren Kap Spartivento in großem Abstand. Wind WSW 1 – 2 Bft.,RWK 270°, mit Motor und Segel gegenan, haben immer noch Sturmfock und gerefftes Groß stehen. Der Himme ist ganz bedeckt.
0945 RWK 310°. Folgen der Küste in gutem Abstand, bedeckt, dunkle Wolken, wenig Wind, Regen.
1400 festmachen an einer Mooring in Reggio di Calabria. In der Nacht kommt starker N-Wind auf. Motor 8.0/68.0 Std.
22. 05. 87
Mutter verläßt das Boot. Fliegt um 1105 nach Rom. Beim Einchecken wird ihr Taschenmesser, das sie in der Handtasche hat, entdeckt. Man erklärt ihr, sie dürfe es nicht mitnehmen. Anstatt wie es international üblich ist, das Messer in Verwahrung zu nehmen und es ihr bei der Landung wieder auszufolgen, erklärt der Polizist mit wichtigtuerischer Mine, hochgezogenen Augenbrauen und erhobenen Zeigefinger nur, dass sie es nicht haben dürfe. Ich gerate ein wenig in Saft über soviel Blödheit, der Dorfgendarm beginnt drohend mit den Augen zu rollen. Ich nehme das Messer an mich und gehe, bevor ich Ärger kriege.
23. – 25. 05. 87
Pat und Biggi kommen 1220 mit dem Zug. Besichtigen das Museum in Reggio. Machen einen Ausflug mit der Fähre nach Messina. Wir wollen mit dem Zug nach Taormina, aber auch dieser Ausflug fällt einem Streik zum Opfer. Tanken 100 l Diesel (64T Lire), zahlen die Liegegebühr (umgerechnet ca. SFr. 8.-/Tag).
0830 Leinen los Reggio. Der Hafenmeister läuft uns bis auf die Hafenmauer nach, weil wir einen Tag zuwenig bezahlt haben, doch wir schauen angestrengt in eine andere Richtung.
1000 Villa San Giovanni querab
1100 Wind N 2 Bft. Motor aus. Setzen Groß und Genua. Es ist halb bedeckt, das Barometer zeigt 1019 mb
1130 Motor an, ziemlich starke Strömung aus S. Kommen trotzdem nur langsam voran.
1300 Kap Peloro passiert
1320 Motor aus, Groß, Genua, wind N 1 – 2 Bft.
1500 Motor an
1900 vor Heckanker festmachen in Milazzo. Ich kenne den Ort nicht wieder, das war 1982 ein verschlafenes Nest, jetzt starrt er vor Dreck und wirkt industriell. Motor 10.0/78.0
27. 05. 87
1030 Leinen los, Anker auf. Der Anker war in einer Leine verhängt.
1530 festmachen vor heckanker in Porto di Levante auf der Insel Vulkano, der südlichsten der Liparischen Inseln, die auch die "Aeolischen" heißen. Motor 5.0/83.0 Std.
28. 05. 87
Besteigen den Vulkankrater. Zuerst gehe ich mit Pat und Biggi, während Niggi auf das Schiff aufpasst Anschließend gehe ich mit Niggi noch einmal. Aus Löchern im Boden schießt Wasserdampf, darum herum haben sich Schwefelkristalle abgesetzt. Vom Kraterrand ein wunderbarer Rundblick auf die Insel und das wenig N-lich liegende Lipari. Baden in heißen Quellen direkt am Strand.
1500 Anker auf Vulkano
1600 vor Heckanker in Marina Carta(?) auf Lipari zwischen den lokalen Booten. Die Nacht ist sehr unruhig – wir liegen vor der Fischhalle und sind den einlandenden Fischern im Weg. Wenn wir rausschauen weil es besonders laut rumpelt sehen wir wie riesige Tunfische an Land geschafft werden.
29. 05. 87
1000 verlegen uns in die Marina Lungo, wieder vor Heckanker. Der Platz ist gegen E vollkommen offen (ein Platz der nicht nach alle Seiten geschützt ist macht mich immer unruhig). Motor 2.0/85.0 Std.
30. 05. 87
0710 Pat und Biggi fahren ab; mit dem Tragflügelboot nach Milazzo, dann weiter mit dem Zug. Sie waren unglaublich angenehme Gäste; die einzigen, mit denen man es unbegrenzte Zeit auf so engem Raum aushalten könnte.
Nachmittags kommt eine Golden Hind herein. Es ist Baunummer 67 aus dem Jahr 1968. Sie gehört einem Österreicher (einem Steirer?). Das Boot sieht nicht sehr gepflegt aus. Kajütdach und Deck sind cremfarben gestrichen, der übrige Decksaufbau lackiertes Holz. Bug- und Heckkorb sind einfacher als bei uns und aus galvanisiertem Stahl. Sie ist mit einem 60 PS Motor ausgestatt. Der jetzige Eigner hat sie vor vier Monaten in Mallorca gekauft.
31. 05. 87
Niggi macht einen Ausflug mit dem Tragflügelboot nach Stromboli. Ich will dort nicht hin, weil es keinen geschützten Ankerplatz gibt. Sie geht ein Stück in Richtung des Kraters, aber um ihn ganz zu besteigen ist es für einen Eintagesausflug zu weit. Am Strand hat sie ein aufregendes Abenteuer: 2 Schwimmer schreien um Hilfe; die Brandung ist so hoch, dass es nicht ganz einfach ist, hereinzukommen. Ein junger Mann und sie retten die beide Hilferufenden. Es stellt sich heraus, dass die Frau einen epileptischen Anfall bekommen hat. Ihr Freund hat sich beim Versuch ihr zu helfen zu schnell verausgabt, so dass er selber kaum mehr aus dem Wasser kommt. Jedenfalls werden die Beiden gerettet.
1100 muß mich nach Porto Pignataro verlegen, da eine Fähre herein kommt; außerdem ist schlechtes Wetter angesagt.
1200 gehe längsseits an ein Fischerboot in Porto Pignataro.
01. 06. 87
Das schlechte Wetter ist nicht gekommen. Legen uns wieder nach Marina Lungo. Motor 2.0/87.0 Std. Gehen einkaufen, erledigen kleinere Arbeiten am Boot.Räume die Backskisten im Cockpit um, ua. bringe ich den Plattenanker, den ich beim Ankern über Heck verwende, nach hinten.
02. 06. 87
0530 Anker auf Lipari. Der Anker eines Fischerbootes liegt über unserem; holen ihn sehr mühsam hoch und werfen dann den Anker des Fischerbootes wieder ins Wasser. Gehe nochmals an Land und auf das Fischerboot um seine Trosse einzuholen, damit dessen Anker das Boot vom Kai abhält.
Unter Motor nach Cefalu. Außerhalb der Inseln WSW-licher Schwell, der sich im Laufe des Tages beruhigt. Wind sehr schwach aus W. Wir treffen weiter E-lich als geplant auf die Küste und folgen ihr bis Cefalu.
1900 Cefalu, neuer Hafen. Beim Anlegen hängt sich die Motorkontrolle aus (wie schon 1981 in Ciudadela, Mahon). Fahre mit großer Wucht, Bug voran in den Kai. Niggi wird in die Höhe geschleudert aber klemmt sich zum Glück nicht ein. Bugbeschlag, der das Vorstag hält, abgerissen und zerbrochen. Vordersteven oben 2 cm eingedrückt. Motor 14/101 Std.
03. 06. 87
Gehen an den Tragflügelbootsteg um Wasser zu tanken. Ein Bootsbauer setzt ein Stück Sperrholz ein, schweißt den Bugbeschlag und montiert das ganze; Arbeitsdauer ½ Tag Kosten umgerechnet ca. SFr. 120.
(aus einem Brief an Hans und Waltraud)
"Cefalu, Sizilien, 5. 6. 1987
Seit Brindisi ist schon viel Zeit vergangen. Ich habe das gar nicht mitgekriegt. Am sechsten Mai ... nein, seit ich Euch das erste mal geschrieben habe, ist viel mehr Zeit vergangen. Den Brief an Euch habe ich Ende März geschrieben. Also:
Bis Ostern haben wir am Trockenen am Boot gearbeitet. Wir haben den gusseisernen Kiel geschliffen und gestrichen, die Kimmplatten (die zwei seitlichen Kiele), an denen ich schon voriges jahr gearbeitet habe habe, noch ein paar Mal gestrichen, das weiße Freibord fein angeschliffen und mehrmals lackiert, den dunkelblauen Streifen angeschliffen, grundiert und lackiert, die Scheurleiste und die Trittleiste aus Teakholz geschliffen und viele Male mit Öl eingelassen. Daneben haben wir noch das Klo zerlegt, alle Dichtungen erneuert und die Metallteile anbgeschliffen und lackiert.
Dem Quartermaster, der Windfahnen Selbststeuerungsanlage, gab ich eine elegante Umwicklung aus selfamalgamating Gummiband und einige Schichten schwarzer Farbe – nur den metallteilen, die Windfahne ist immer noch weiß. Niggi nahm sich derweil die Spreizstangen des sonnensegels vor und ölte sie, dass ihnen das Fett aus den Ritzen lief. Der Versuch ein paar arg angerostete Teile der Selbststeuerung auszutauschen schlug fehl. Wir trieben mit Gerhardt Schuberts Hilfe sogar ein Stück rostfreien Stahls auf, fanden aber niemand, der es bearbeiten konnte. Es beschwert seither gut eingepackt die Backskiste.
Am Ostersonntag gab es eine Party. Die Marina lud ihre Gäste ein. Man konnte sich früh am Morgen eine kostelosen Rausch anzwitschern, was viele Leute konsequent wahrnahmen. Nach zwei Gläsern Wein zum Frühstück lief auch ich mit einem schwachsinnigen Grinsen über die sonnenüberfluteten Stege und freute mich an dem schönen Tag.
Am nächsten Tag gingen wir dann ins Wasser. Das heißt natürlich nicht, dass sich jemand ertränkte, sondern dass "Heizari" zu Wasser gelassen wurde. Es ging auch nicht so glatt wie sich das hier schreibt, es hieß vielmerhr einige hundert Male mit dem Werkstattchef verhandeln, Termine verschieben, warten, usw. Auch ein Haufen Kleinigkeiten fällt so unter den Tisch, wie zB. der Probestart des Motors, der sich nach anderthalbjähriger Standzeit nicht so ohne weiteres starten ließ. Ein paar Wochen später rätsle ich dann herum, warum ich für alles so lange gebraucht habe.
Es war ein riesiger Fortschritt im Wasser zu sein. Endlich konnte man das Klo und die Spülbecken verwenden und wegen eines Hefen Wassers musste man nicht mehr die verrenktesten Turn- und Laufübungen veranstalten.
Obwohl sich unser ganzes Denken und Handeln fast ausschließlich um die Arbeit am Boot drehte, begann uns doch die Zeit davonzulaufen. Noch aufwendiger und langwieriger als ich erwartet hatte, gestaltete sich die ganze Renoviererei. Ua. montierte ich die Antenne für das UKW Funkgerät. Bis ich meinen wabbeligen Fettleib in den Masttop gehievt hatte, war ich schon halb ohnmächtig. Dann hing ich um einen halben Meter zu tief und balanzierte meinen Hintern auf einem schmalen Brettchen, dass sich Bootsmannsstuhl schimpft und sich partout keinen Zentimeter höher bewegen lässt.
Die Schrauben der alten Antennenbefestigung sind festgerostet, die neue Antenne passt nicht auf die alte Befestigung, das alte Kabel, mit dessen Hilfe ich das neue einziehen wollte, ist wie festgeschweißt. Also bohre ich neue Löcher und flicke die neue Antenne an das alte Kabel; etwas das jedem Techniker (und jedem Klugscheißer, dem ich es erzähle) die Grausbirnen hochtreibt.
Dann wurde das Cockpit geschliffen und geteakölt, wobei uns das Teaköl ausging. Der krönende Abschluss der Arbeiten war das Waschen und Nähen der Segel.
Und dann waren wir eigentlich fertig; bereit zum Auslaufen. Das waren wir eigentlich auch wieder nicht. Es fehlte nämlich noch immer ein entscheidendes Ersatzteil des Kochers, ohne das das Erwärmen auch des dünnsten Süppchens zu einer kräfteverschleißenden Pumporgie mit bis zu 240 Pumpstößen wurde. Unfertig waren wir natürlich auch, weil man mit einem Boot nie fertig ist. Höchstens wird es mit einem fertig. In unserem Fall heißt das, dass wir noch wenigstens das Deck hätten streichen müssen um uns das begehrte "alles Wesentliche erledigt" umhängen zu dürfen.
Genau zu dieser Zeit, Ende April, kam Euer Brief und hat uns sehr aufgestellt.
Kurze Zeit danach kam auch das Kocherersatzteil. Es gab ein hastiges Herumgerenne, Telefonieren, Einkaufen und am 1. Mai klarierten wir aus YU aus. Als wir bekannt gaben, wir würden ganz weggehen, gab es (zu meiner Überraschung) betroffene Gesichter bei den Marina-Leuten. Vermutlich deswegen, weil dieses Jahr viele von Dubrovnik wegzugehen scheinen.
Um 10 Uhr fuhren wir los, um 11 passierten wir die kleine Insel mit dem Ansteuerungsfeuer Sveti Andrej, den letzten Vorposten Dubrovniks.
Aus einer Flaute entwickelte sich ein leichter Westwind, bei dem wir unseren Kurs gut anliegen konnten. Langsam baute sich Wellengang auf, es begann zu wackeln und sofort wurden wir beide seekrank. Niggi konnte wenigstens kotzen, was ihr eine gewisse Erleichterung verschaffte; mir war nur übel.
Als die Dämmerung herabsank, wurde es schnell sehr finster, sehr feucht und sehr kühl. Nach wenigen Minuten an Deck war das Ölzeug klitschnass. Der Wind hielt, abnehmend, bis fünf Uhr morgens. Wir gingen abwechselnd Wache, wobei wir uns schlecht und recht im Kockpit zusammenkauerten, dösten und ab und zu nach Schiffen Ausschau hielten. Wir bekamen drei, vier mal Lichter zu sehen; nahe kam uns keines.
Zwischen fünf und sieben Uhr ließen wir uns bei Flaute treiben und schliefen beide. Danach ging es mit dem Motor weiter. Es kam etwas Südostwind auf, aber zu schwach und zu ungünstig zum Segeln. Wir fuhren den ganzen Tag unter Motor. Der Wellengang und unsere Seekrankheit hatten sich soweit gebessert, dass wir mittags sogar zwei Rindsschnitzel brieten und zuerst vorsichtig und ängstlich, dann aber kräftig einhauten.
Um halb sieben Uhr abends schälte sich aus dem Dunst die Scheme eines weißen Turms. Zuvor hatte der Schiffsverkehr um uns herum deutlich zugenommen. Wir hatten die Küste Italiens erreicht. Es dauerte noch bis wir aus dem Gewirr einer Ölraffinerie, Häusern, Schloten, verbauten Hügeln die Einfahrt in den Hafen von Brindisi ausmachen konnten. Und bis wir an dem für Yachten vorgesehenen Teil des Kais festgemacht hatten, war es neun Uhr und Nacht.
Die erste Überfahrt hatte geklappt; und bis auf die demoralisierende Seekrankheit, gar nicht so schlecht.
In Brindisi gerieten wir in einen Kleinkrieg mit den Behörden, die, für mich neu und überraschend, eine Versicherungspolizze sehen wollten. Es wurde eine langwierige Angelegenheit, die damit endete, dass ich für ca. öS 480 eine Versicherung abschloss. Damit waren wir gut daran; bei unserer Suche nach der billigsten Versicherung waren wir an eine Agentur geraten, die das Dreifache verlangte.
Am 6. Mai kam meine Mama. Sie war mit dem Zug nach Mailand gefahren und kam nun von dort mit dem Flugzeug. Natürlich war sie sehr aufgeregt.
Drei Tage später brachen wir von Brindisi auf. Von einem mehrtägigen Nordweststurm stand noch ein gewaltiger Seegang vor der Hafenausfahrt. Als wir den Hafen verließen hatten wir Nordwind von 3 bis 5 Beaufort, ein strammer Segelwind, der uns flott die Küste hinunterblies. Nach einer Stunde war jeder an Bord mehr tot als lebendig und das besserte sich erst gegen Abend nach vielfachem Gekotze. An der Einfahrt zum Hafen von Otranto gab es noch jede Menge Probleme, als wir in der steilen Grundsee, die in den Hafen hineinstand, versuchten die Segel zu bergen. Es klappte, aber bei Gott oder dem glücklichen Zufall, der Motor hätte nicht aussetzen dürfen!
In Otranto warteten wir günstigeres Wetter ab; ein nicht enden wollender Südwind hielt uns eine Woche lang fest. Dann ging es weiter nach Sta. Maria die Leuca, das ist genau am Ende des Stiefelabsatzes. Den folgenden Tag und die Nacht fuhren wir nach Crotone, das so häßlich ist, dass wir noch am selben Abend weiterfuhren. Die 120 Meilen nach Reggio di Calabria waren als erholsame Zotteltour gedacht. – Als erstes kam morgens um drei Uhr, als ich gerade ermattet in die Koje gesunken war, ein scharfer Gegenwind auf. Völlig verschlafen und ein bisschen panisch stolperte ich hinaus, reffte das Groß und zog die Sturmfock auf. Mir wurde auch gleich wieder schlecht. Niggi erwischte es diesmal besonders schlimm. Sie lag den ganzen nächsten Tag wie tot in der Koje. Der Wind hielt ein paar Stunden, dann hörte er ebenso plötzlich auf wie er gekommen war. Er hinterließ eine grausig kabbelige See und es herrschte wieder Flaute.
Am Nachmittag kam er nochmals. Diesmal war ich darauf gefasst und das Reffen ging wesentlich besser und ruhiger vor sich. Drei Stunden später ließ er wieder nach, doch es dauerte bis Mitternach, bis sich der Schwell beruhigt hatte.
Dann ging es mit dem Motor weiter. – Um drei Uhr morgens verfing ich mich in einem Fischernetz. Irgendwie hatte ich die Entfernung zu den Fischerbooten falsch eingeschätzt. Sie blinkten mich an, ich dachte, ich sollte vielleicht einmal den Motor abstellen. Nachdem ich das getan hatte und das Schlepplog eingeholt, sah ich, dass wir den Fischern schon ins Netz gegangen waren. Sie holten uns nun mitsamt ihrer Fanghilfe ein und versuchten die feinen Schnüre und das Boot von einander zu trennen, indem sie die Leinen mit einen Paddel unter das Schiff drückten. Die hatten sich aber so blöd um die Kimmplatten gewickelt, das das nicht funktionierte. Schließlich zerschnitten sie es und befreiten die Reste, indem sie diese an ihrem Boot befestigten und kräftig Gas gaben.
Gemessen an den Unannehmlichkeiten, die sie mit uns hatten, waren sie nicht sonderlich böse und der Schmattes, den ich ihnen gab, versöhnte sie vollens.
Mittlerweilen war ich ganz schön zermürbt. Ich fuhr noch ein Stück, doch als wir uns dem immer dichter werdenenden Reigen der Lichter an der Einfahrt zur Straße von Messina näherten, hatte ich genug. Ich legte das Boot zum Treiben und ging schlafen.
Im Nachhinein war da Abenteuer mit den Fischern sehr lustig. Als diese laut und aufgeregt schnatternd neben uns anlegten, einer von ihnen sogar an Bord kam, war die Mama im Nachtgewand im Niedergang erschienen – sie glaubte wir wären von finsteren Mafiosi überfallen worden.
Am nächsten Morgen war der Himme düster und bedeckt. Der Wind wehte leicht, genau von vorne. Nervös sprang ich raus, warf den Motor an und machte mir Vorwürfe, da ich doch zwei Stunden verpennt hatte, wo doch jetzt der Wind drehte und vielleicht zulegen würde. Doch das Wetter blieb wie es war, diesig, trüb, leichter Wind von vorne (auch nachdem wir in die Straße von Messina eingeschwenkt waren und unseren kurs um mehr als 90° geändert hatten). Als wir uns mittags Reggio näherten, regnete es. Um Zwei waren wir an Muhring, Heck zum Kai fest. Aus der geplanten leichten, flotten Überfahrt, war ein kräfteraubendes, vierzigstündiges Unternehmen geworden.
In Reggio verließ uns meine Mama ein wenig enttäuscht darüber, dass sie nicht länger bleiben konnte, wir erschöpft und gereizt von den Problemen, die wir noch mit dem Boot und dem Reisen hatten, und die durch einen Dritten an Bord nicht gerade erleichtert worden waren.
Wir hatten gerade anderthalb Tage um uns zu organisieren und das Boot ein wenig aufzuräumen, dann kamen Pat und Biggi. – Sie ware fast 24 Stunden mit dem Zug unterwegs gewesen; man sah es ihnen aber nicht an (kaum jedenfalls); Pat sah ein bisschen müde drein und Biggi war noch schlanker als sonst. Sie hatte sich die Haare schneiden, was ihr gut passt.
Samtag Nachmittag und Sonntag dienten zum Eingewöhnen. Am Sonntag besuchten wir das Museum von Reggio. Dort stehen die beiden übermannsgroßen Bronzestatuen, die man vor einigen Jahren aus dem Meer gefischt hat. Mich hat das ganze Getue drum herum bisher nicht besonders gereizt und als besonders realistische Darstellungen haben sie mich auch nicht sehr interessiert. Als ich sie aber in Natura sah, verschlug es mir doch den Atem. Ich hab es gar nicht gleich gemerkt. Sie stehenin einem eigenen Raum und obwohl der Raum riesig ist, ist er zu klein. Sie sind an sich schon überlebensgroß, unmerklich allderdings mit 2.20 m, dann stehen noch auf Mamorsockeln. Man sieht sie nicht Aug in Auge, sondern man muss zu ihnen hinaufblicken. Dabei sind sie, wie man auch aus allen Abbildungen sieht, mit unglaublicher perfektion modelliert. Ihre anatomie ist überwältigend; wie Supermann und der David von Michelangelo zusammen; und zwar buchstäblich so, nicht so klotzeckig wie supermann und nicht so menschlich wie David. Entscheidend aber ist, wie man der einen Figur Mund und Augen restauriert hat. Das Weiß der Augäpfel und das blasse Rot der Lippen haucht ihr ein erschreckendes, ein monströses leben ein. – Sie ist kein passives Objekt der Betrachtung; man kann sie nicht anschaun und wegschaun wie man will. Wenn man wegschaut, guckt sie einem nach. Sie schaut mit einem eitlen, lasziven, wissenden Lächeln in die Welt, als ob sie genau wüsste, dass sie dazu geschaffen wurde, um nach zweitausdend Jahren verständnislos und bewundernd angegafft zu werden. Und so stehn die Besucher auch ein wenig ratlos herum, drücken sich scheu zwischen den Figuren hindurch oder versuchen in Kunstkennerpose etwas mehr Sicherheit und eine Art "Da-seins" Berechtigung zu gewinnen – ich nicht ausgenommen.
Am nächsten Tag, dem Montag, einer Weiterfahrt stand der Wind entgegen, wollten wir einen Ausflug mit Fähre und Zug nach Taormina am Fuße des Ätna machen. Der Ausflug versandete im Bahnhof von Messina, als wir erfuhren, dass wieder einmal gestreikt wurde und nachdem wir eine Stunde vergeblich auf den Zug gewartet hatten. Statt dessen machten wir einen Stadtrundgang durch Messina, bewunderten seinen Dom, dessen ganze Vorderseite von einer Uhr eingenommen wird und erstiegen einen Hügel, von dem wir einige schöne Ausblicke auf die Stadt gewannen.
Am Dienstag war es dann soweit. Wir fuhren dem schreienden und auf der Hafenmauer auf und ab hüpfenden Männchen der Liegeplatzverwaltung davon, als er unbedingt noch einmal kassieren kommen wollte, obwohl der Platz in dem kleinen, schwabbeligen Becken, 20 Minuten von der Stadt, mit dem ständigen Lärm von Autos und Zügen nicht einen Bruchteil dessen wert war, was er kostete.
Zuerst kam der Wind genau von vorne, dann konnten wir zwar ein wenig segeln, dafür verhedderten wir uns in der südwärts laufenden Strömung, dann motorten wir wieder.
Scilla und Charybdis trafen wir zuverlässig an; sie verrieten ihre Gegenwart durch große, glatte, drehende Wasserflächen und kleine wandernde Strudel. Gegen Mittag erreichten wir die nördliche Einfahrt der Straße von Messina und hielten dann gegen Westen auf Milazzo zu. Der Ort war dreckig und ich hatte ihn viel kleiner und weniger industrialisiert in Erinnerung; aber wir verbrachten eine ruhige Nacht dort. Am nächsten Morgen brachen wir zeitig nach Vulkano, der nächstgelegenen der Äolischen Inseln, auf.
Es gibt dort nirgendwo einen völlig geschützten Hafen und ich ging mit gemischten Gefühlen da hin. Vor Anker zu liegen und dabei das offene Meer vor sich zu haben, macht mich immer ein wenig unruhig.
Vulkano besitzt einen richtigen Krater aus dessen Rand Schwefel und Dampf aufsteigen. Der Aufstieg dauert etwa eine Stunde. Man durchquert das Dorf, steigt zwischen üppigen Grün einen gepflasterten Weg einige Serpentinen hinauf bis dieser aufhört und einem normalen Pfad Platz macht. Zuerst überquert man ein Gebiet von verschieden geschichteten Erden, vorwiegend rot, braun und ockerfraben. Über einem ragen schwarze und schwefelgelbe Klippen auf. Dann gerät man auf die ziemlich steile Kraterwand, die man schräg hinansteigt. Hier ist der Boden schwarz und weiß; scharz von Basalt und weiß von Bimsstein. Übrigens haben wir zwischen den Liparischen Inseln immer wieder schwimmenden Bimsstein angetroffen. Nach einbigen hundert metern erreicht man ein Gebiet, das mit Schwevelkristallen bedeckt ist. Aus Bodenöffnungen steigt zischend Dampf zum Himmel.
Der Pfad wird jetzt zusehends schmäler und undeutlicher. Man geräte auf hartes, scharfkantiges Vulkangestein, das kaum Spuren der tausenden Füße zeigt, die es betreten. Nach wieder ein paar hundert Metern mit ein bisschen Kraxlerei wird es flacher. Vor einem erstreckt sich bis zum eigentlichen Kraterrand ein schwarzes Lavafeld. Nach rechts zweigt ein Pfad über schottrige, hügelige Wächten zum jenseitigen Kraterrand ab, nach links fällt der mit besonders großen, schrafkantigen Brocken übersäte Hang ab und gibt den Blick auf den Hafen, die darüber aufragenden Laveformationen und den sich daran anschließenden, halbinselförmigen in Richtung Lipari vorschiebenden kleinen Vulkankegel frei.
Dieser zweite, kleine Krater ist erst in historischer Zeit entstanden, 183 v. Chr. Der große, auf dem wir gerade stehn, ist das letzte mal 1890 ausgebrochen. Nach ein paar Schritten steht man endlich ander Kante. Über eine weite Fläche, steigen heiße Dämpfe empor, der Boden ist mit Schwefelkristallen überkrustet. Die Farbschattierungen gehen von einem warmen Gelb bis zu giftigem Grün. die Dämpfe sind hier viel beißender als weiter unten. Nach kurzer Zeit heben wir mit eine krächzendem, Husten an; verweilt man länger gesellt sich bald Kopfweh hinzu. Der Boden des Kraters ist eine kreisrunden Fläche aus dunklem, erstarrten Schlamm. Man kann darauf herumlaufen. Ein paar leute haben sich (auch hier) mit ihren aus Steinen zusammengetragenen Initialen verewigt.
Von hier heroben hat man einen tollen Ausblick. Lipari liegt nur eine meile entfernt. an seiner Küste ragen bizarre Basaltsäulen aus dem meer. Weiter hinten im Dunst verschwimmen Salina und das kleine Panarea.
Am Nachmittag nehmen wir ein Bad in den heißen, ins meer mündenden Quellen, dort wo ein schmaler isthmus den großen alten und den kleinen neuen Krater verbindet. - Es ist sehr seicht hier und man muss sich flach ausstrecken, um überhaupt vom Wasser überspült zu werden. Es stinkt auch ziemlich stark nach faulen eiern und wenn man aufsteht, ist man mit kleinen, weißen Fusseln bedeckt. Trotzdem, im Meer wie in einer Badewanne liegen ist auch nicht schlecht.
Anschließend fahren wir nach Lipari. In dem kleinen alten hafen drängen wir uns zwischen die Fischerboote und ich bin stolz darauf so einen romantischen Platz gefunden zu haben. Über uns droht eine alte Zitatelle, um uns herum das geschäftige Treiben der Fischer, ein paar meter weiter ein pitoresker Platz mit Kaffees und Restaurants. Gerade drängt sich ein weiteres Fischerboot herein. Aus seinem geöffneten Luk werten Schwertfische gehievt, riesige Dinger, zwei Meter Lang, mit meterlangen Schwertern, die suppentellergroßen Augen starr geöffnet. Vier Männer schleppen sie mühsam an den Kai. Thunfische werden auch angelandet; etwa vierzig Zentimeter lang, mit grazilen Schwanzflossen und dem Zackenkamm der Rückenflosse.
Der Platz ist uns allerdings bald verleidet, wir liegen nämlich genau vor der Fischhalle und hier wollen die Fischer anlegen um ihre Beute auszuladen. Es wird eine unruhige Nacht und am nächsten Tag verlegen wir uns in den neuen Hafen, der wiederum nach Osten ungeschützt ist. Pat und Biggi wollen eine Ausflug nach Stromboli mache, aber sie haben das einzige Boot des Tages versäumt.
am nächsten Tag fahren sie mit dem Tragflügelboot nach Miazzo und von dort mit dem Zug heim. Sie waren ein so angenehmer, rücksichtsvoller und wohltuender Besuch. Ein paar Tage fühlen wir uns verlassen und traurig.
Wir blieben noch drei Tage in Lipari. Am zweiten Juni fuhren wir zurück nach Sizilien. Die Überfahrt war recht angenehm, anfangs etwas wackelig von einem alten Schwell aber sonst OK. Es war ein Tag "im rech der wilden Tiere". Wir durchquerten eine Delphinschule; in Guppen von zweien und dreien schossen sie um uns herum, schwammen mit dem Boot, um kreisten uns, tauchten unter uns durch, usw. außerdem sahen wir zweimalrecht große, fliegende Fische davonschwirren.
Abend trafen wir in Cefalu ein. Es wurde ein schwarzer Abend. Hier ereignete sich der bisher schlimmste Unfall, den ich mit dem Boot hatte. Er kam so pötzlich un unvermittelt, das ich völlig sprach- und hilflos war. Es ging auch so schnell, dass keine Zeit blieb etwas zu tun. Die Ursache war ein Scheden, der ähnlich schon einmal, 1981 in Ciudadela auf Menorca aufgetreten war.
Wir wollten an eine Muhringleine gehen. Dazu fuhren wir mit dem Bug voran auf den kai zu. Niggi stand vorne, bereit die leinen fest zu machen. Zehn Meter vor dem Kai schaltete ich den Motor auf Leerlauf und beugte mich ins Cockpit um eine Leine aufzunehmen. Als ich mich aufrichtete, merkte ich, dass wir mit unverminderter Geschwindigkeit weiter fuhren; Niggi rief ebenfalls schon, ich solle doch endlich bremsen. Also gab ich ziemlich stark Schub nach Rückwärts. Doch statt zu bremsen, beschleunigte wir vorwärts! Die Betonmauer des Kais kam rasend schnell näher. Ich ging auf leerlauf, Niggi schrie wie am Spieß. Dann ein grässliches, knirschendes Krachen, ein Ruck, der mich zu Boden schleuderte – wir waren mit voller Wucht in die Kaimauer gefahren.
Ich stolperte verwirrt nach vorne, noch gar nicht fähig mir vorzustellen, wie der zerschmetterte Bug wohl aussehen möge. Niggi und ein Passant hielten das Boot am Bugkorb ab. Niggi schien Ok zu sein, sie hatte zum Glück nicht versucht, das Boot mit einem Bein zu bremsen.
Ich sah, dass der Bugbeschlag abrasiert war, das Vorstag baumelte lose herum. Dann merkte ich, dass die beiden das Boot mit ziemlicher Anstrengung vom Kai abhielten. Ich lief zurück; die Wirbel im Wasser zeigten, dass die Schraube immer noch Vortrieb erzeugte; ich würgte den Motor ab.
Wir waren ziemlich geschockt und standen zittrig, mit großen, runden Augen herum, auch wenn die Einheimischen meinten, dass der Schaden nicht so schlimm sei.
Die Bestandaufnahme zeigte dann folgendes: beim letzten Schaltvorgang war ein Bowdenzug aus der Halterung gesprungen. Es konnte danach nicht mehr ausgekuppelt und auch nicht zwischen Vorwärts- und Rückwärtsgang gewechselt werden. Man konnte mehr oder weniger Gas geben, aber der Motor lief immer mindestens mit Standgas vorwärts. Als ich versuchte, mit viel Gas rückwärts zu bremsen, hatte ich damit nur nach vorne beschleunigt. Die Reparatur des Fehler dauerte zehn Sekunden.
Vorne war der Bugbeschlag aus dem Deck gerissen und zerbrochen. Das Deckssperrholz darunter war aufgesplittert. Der oberste Teil des Vorstevbens war zwei Zentimeter eingedrückt. Die Rekonstruktion zeigte, das wir ungeheures Glück gehabt hatten: die vorragende Oberkante des Kais hatte nämlich nicht den Vorsteven, sonder den Bugbeschlag; und das nur, weil Niggi vorne gestanden war und mit ihrem Gewicht den Bug um den entscheidenden Zentimeter runtergedrückt hatte. Der Bugbeschlag wurde ausgerissen und damit ein großer Teil der aufprallenergie vernichtet.
am nächsten Tag reparierte ein einheimischer Bootsbauer den Schaden innerhalb eines halben Tages. Der Bugbeschlag wurde geschweißt, im Deck ein Stück Sperrholz eingesetzt. dann kam ein wenig Polifaserkitt drum rum. Der Bugbeschlag wurde wieder angeschraubt und das Vorstag neu gespannt. Ich habe mir ein wenig Farbe besorgt und das ganze hübsch bemalt. Fertig! "Heizari" ist jetzt um zwei Zentimeter kürzer, aber sonst ist von dem Unfall so gut wich nichts mehr zu sehen.
..."
04 – 06. 06. 87
Waschtag, aufräumen, ruhetage; am Abend des 4. müssen wir uns verlegen, da der Besitzer unserer Boje kommt.
07. 06. 87
0715 nochmals an den Tragflügelbootsteg um Wasser aufzufüllen
0830 Abfahrt Richtung Porticello, das im Yachtführer aber nicht auf meiner Karte verzeichnet ist.
0930 Wind N – E, 1 – 2 Bft. Groß, Spi
1700 Motor an
1900 vor Heckanker in Porticello, sehr dreckig, gerammelt voll mit Fischern, sehr lebhafter Ort. Motor 4/106 Std.
08. 06. 87
0900 der Anker ist plötzlich lose; holen ihn ein und fahren los.Vor dem Hafen geraten wir über eine Untiefe von 5 m, kein Problem, aber es ärgert mich, dass ich ihrer nicht gewahr war.
0930 Groß, Spi, wind NE 1. Im Golfo di Palermo Wind aus SE, N, und NW, setzen Genua statt des Spis. Kreuzen Richtung Kap Gallo auf.
1300 Telefongespräch mit Baden 5 min, via Palermo Radio, Aufruf Kanal 16, dann 26.
1445 Motor an. Kurs auf Boje vor Kap Gallo; es wird plötzlich sehr seicht. Erst dann merke ich,dass wir bereits in Montello sind. Fahren ein Stück nach S zurück.
1745 nach langem Suchen finden wir Arennella Marina und machen dort vor Buganker fest. die Aufkreuzerei ist für die Katz gewesen. Motor 4/110 Std.
09. – 13. 06. 87
0430 plötzlich starke W-liche Böen, die sich von dem Berg vis-à-vis herunterstürzen. Fahre den zweiten Anker mit dem Beiboot aus.
Bleiben einige Tage in Palermo – eine eigenartige Mischung aus Pracht und Verkommenheit. Vor unseren Augen wird eine Frau die Tasche weggerissen, ein anderes mal hören wir Schüsse und Polizeisirenen. Doch wir fühlen uns nicht unsicher, es kommt auch nichts weg.
14. 06. 87
0800 Anker auf Palermo
1030 Motor aus, Groß, Spi, Wind SE – NE 2 Bft.; später NE Böen bis 5 Bft.
1300 Motor an
1700 San Vito lo Kapo; zuerst am Schwimmsteg, Anker hält nicht, zu teuer. Beim Ablegen verhängen wir uns in einer Mooring. Dann an die Nordmole längsseits eines Fischers; umlegen in der Nacht. Motor 6.5/116.5 Std.
15. 06. 87
0800 Leinen los
0830 stark bewölkt, Wind SW, später W 1 – 3 Bft., Groß, Genua
1200 Motor an
1300 Wind 4 – 5, Groß, Motor aus; haben die NW-Ecke Siziliens gerundet und fahren nach S auf die Einfahrt Trapanis zu. Plötzlich sind wir über den stationären Tunfischnetzen, die hier vor der Küste an armstarken Drahtseilen ausgespannt sind (und in der Karte auch eingezeichnet!). Sie liegen etwa 1 m unter der Wasseroberfläche. Ehe ich was tun kann, sind wir über das erste hinweggefahren – zum Glück ohne Berührung. Werfe das Boot herum und fahre im rechten Winkel aus den Netzen hinaus. Haben dann Mühe die Einfahrt nach Trapani zu finden. Sie liegt S-lich der Landzunge mit dem Leuchtfeuer.
1500 vor der Hafeneinfahrt; Motor an
1600 vor Heckanker (nach dem 2. Versuch, der Anker hält schlecht in dem weichen Schlamm) am Handelskai neben Booten der Carabineri und der Guardia; am Kai ein Wasserhahn und 2 Zapstellen der Agip (diese aber nur für größere Boote).
1800 eine Böe reißt den Anker aus – gehen längsseits. Es wird eine unruhige Nacht. Motor 2.5/119.9 Std.
16.- 22. 06. 87
Verlegen uns an den südlichen Kai; zuerst längsseits am Kai, dann an ein großes weißes Boot. Zwei Tage Regen und teilweise starker NW Wind. Freunden uns mit Jens Bistlinger(?) an; er liegt mit seinem Stahlboot "Matilda" in unserer Nähe vor Anker. Das ganze Schiff, sogar der Motorraum sind so sauber, dass man überall vom Boden essen könnte. Er ist Physikprofessor oder sowas. Diskussionen über das heutige physikalische Weltbild, besonders die Relativität, wobei wir (ich) nicht ganz mithalten können. Irgendwie versucht er auszudrücken, dass die Auffassung wie sie durch Relativitäts- und Quantentheorie geprägt werden (und so ohnehin schon etwas völlig unvorstellbares Umschreiben) seinem Gefühl nach an der Realität vorbeizielen. Aber wie gesagt, ich verstehe ihn nicht und habe keine Ahnung was er eigentlich meint.
Das Hafenbecken von Trapani ist riesig. Von unserem Liegeplatz ist es zwei bis drei Kilometer in die Stadt; aber dafür liegen wir sehr ruhig und sicher. – Herrlicher Markt, auf dem gerade Berge von Kirschen verkauft werden. "Mangea, mangea!" schreien die Marktleute und fordern einen auf zu kosten.
23. 06. 87
0830 Leinen los Trapani, Logge steht bei 008.2
0900 Leuchtfeuer Trapani querab
1030 Levanzo querab (eine der Egadischen Inseln); Logge 15, Groß, Genua, Motor Wind N 1 – 2 Bft.
1400 Motor aus, Logge 31.0
2145 weiße Lichtblitze Bb (dort wo nur offenes Meer sein sollte), ca. 1 – 3 sm entfernt; Reihe von 4 , 5 Blitzlichtern über eine Strecke von ca. 9 sm, rotes Licht dahinter; am Ende der Strecke ein Schiff mit roten Lichtern übereinander.
2400 passieren 2 große Schiffe mit normaler Beleuchtung, aber ohne erkennbare Fahrt.
24. 06. 87
Wind NNW abnehmend auf 0 – 1 Bft.
0900 Motor an, Logge 82.0
1520 2 Standlinien mit dem Sextanten, 25 und 15 sm vom gekoppelten Kurs; möglicherweise spielt auch ein Uhrfehler eine Rolle
1730 Motor aus 14.5/133.5, Logge 114.0
25. 06. 87
0700 hören den ital.Wetterbericht; Spi, Wind SE 1 Bft.
1000 Motor an, Logge 131.5
1245 Motor aus 2.5/136, Logge 141
1300 Motor an, Logge 142.5
1700 Motor aus 4/140; Logge 154
"Schmetterling" unter Groß gerefft, Genua, Wind SE 2 – 3 Bft.
Nachts nimmt der Wind stark zu; treffen auf zahlreiche Blitzbojen und Schiffe mit Scheinwerfern; das Ganze ist sehr ermüdend
26. 06. 87
Wind nimmt auf über 5 Bft. zu.Fahren zuerst unter gerefftem Groß und Fock "Schmetterling"; später nur unter Fock – sind dabei praktiscvh genauso schnell. Bei Loggestand 205 auf N-Kurs, RWK 330°. Haben nachts keine Leuchtfeuer ausmachen müssen außerhalb der Reichweite des Feuers auf Kap Spartivento sein, die 16 sm beträgt. offenkundig sind wir zu weit S-lich geraten.
1100 bei Loggestand 220 bin ich ziemlich sicher, Sardinien verfehlt zu haben. Drehe mit stark gerefftem Groß (nicht sehr wirksam) bei, um mich etwas auszuruhen. Später mit Groß und Fock soweit N-lich wie wir den Kurs anliegen können, ca. 350°
1500 Wind hat aufgehört, unter Motor nach NE
1600 sichte vage Scheme, die Land anzeigen könnte.
1630 es ist Land.
1900 stehen zwischen San Antioco und der Insel San Pietro.
2000 über Untiefe hinweg (lt. Karte min. 2 m, bei uns immer mehr als 5 m). Zwischen Sardinien und San Pietro in der Abendämmerung starker N-Wind.
2200 vor Anker im S-Teil des Hafens von Carloforte auf S. Pietro. Motor 7/147 Std.
27. 06. 87
0430 gehen eine Stunde Ankerwache, wegen des starken Windes
Lernen Tony Halsworth, seine japanische Frau Mia und deren 7-järigen Sohn Douglas kennen. Sie haben eine 15 m Sloop, die Tony in England selber ausgebaut hat. Er ist Büchsenmacher, hat aber das Geschäft aufgegeben, sobald ihn sein Vater nicht mehr davon abhalten konnte. Er muss nun selbst schon an die 60 sein. Er hat Mia nach einer halben Weltumseglung vor 11 Jahren in Neuseeland kennen gelernt. Der erste Teil seiner Reise ging von England in die USA, durch den Panama-Kanal, durch die Südsee nach Neuseeland. Nun möchte er die Weltumseglung vollenden, bevor sie sesshaft werden. Sie sind von NZ aufgebrochen und über Neu Kaledonien, Australien, Torres Straße, Indonesien, Signapure, Sri Lanka, Rotes Meer nach Zypern (wo sie den letzten Winter verbracht haben) gefahren. Über Türkei und Griechenland sind sie nach Italien gekommen. Ihre Adresse ist Stone Store Kerikeri NZ. Callsign 2CVR (Marine) und T30BK (Ham).
29. 06. 87
1100 Anker auf Carloforte
1220 Logge 40.0 I. Piana querab, RWK 283°, KK 285°
1500 Niggis Wache, Logge 49.5; Leuchtturm S. Pietro in 132°/130°; Wind W 1 Bft., Groß, Motor; Glayva Stb. voraus ca. 5 sm
1730 Motor aus 6.5/153.5 Std.
1730 Wetterbericht DW (Deutsche Welle): Se – E, 3 – 4 Bft.; UKW mit Tony (Glayva) Kanal 8
1800 meine Wache
1830 Motor an
2100 Niggis Wache, Logge 67.0
2400 meine Wache, Logge 77.0
30. 06. 87
0145 zischendes Geräusch am Motor, Motor aus 7.5/161.0 Std. Logge 83.5
0400 Motor an
0500 Niggis Wache
0620 meine Wache, Logge 91
0845 Niggis Wache
0900 Motor aus 5/166 Std. Logge 101; Frühstück
1000 die untere Zylinderblockdichtung (zwischen Zylinderblock und Kurbelgehäuse) ist undicht.
1200 Wind SW 1; Groß, Genua; RWK 343°, KK 345°
1330 RWK 223°, KK 225°
2100 RWK 283°, KK 285°
01. 07. 87
0830 Logge 118.5, RWK 283°, KK 285°; Wind NW – NE, 1 – 2 Bft.
1100 Uhren überprüft 14974 (15000) KHz, Braun-Wecker 1 Sec vor (korrekte Zeit = Zeit – 1); Pulsar Armbanduhr ist genau.
2400 Logge 140.0 (= 100 seit Carloforte); Standlinie zeigt Position weiter südlich und westlich.
Seit den Liparischen Inseln habe ich das Gefühl, dass wir auf unserem Kurs nach Süden (auf der Kompassrose nach links, also gegen den Uhrzeigersinn, abweichen). Schon am ersten Tag ein paar Stunden nach dem Aufbruch von Carloforte, war Glayva deutlich weiter nördlich als wir. Beim Gespräch mit Tony, bekräftigte er, dass er (nach Überprüfung mit dem SatNav) genau auf der abgesprochenen Kurslinie von 283° stehe.
Ich überlege hin und her, was diese Abweichung verursachen könnte. Ich habe doch nichts geändert? Ich mache einen nach dem anderen Backskistendeckel auf. Und da – aus der steuerbordseitigen, hinteren Backskiste schaut mir der schwarze Plattenanker entgegen!
Beim Aufräumen auf Lipari habe ich ihn nach hinten geräumt, damit ich ihn als Heckanker bei der Hand habe. Sehr schlau!
Ich hebe den Anker ein paar Mal weg und wieder hin. Die Abweichung die er verursacht beträgt 5° bis 10°.
02. 07. 87
2400 Astroposition und gekoppelte Position unterschieden sich. Nach der Standlinie wären wir 13 sm weiter W-lich; ich traue meiner Standlinie weniger als dem Koppelkurs. Logge 166.0 Tagesetmal ca. 26 sm.
03. 07. 87
0930 Funktelefon mit Mutter, über Menorca Radio 3 min, Kanal 16, 28.
2400 Logge 170; Tagesetmal 14 sm nach Koppeln, 30 sm tatsächlich (gemäß Überprüfung nach der Ankunft in Menorca), tatsächliche Position 25 sm weiter W-lich.
04. 07. 87
1000 Land in Sicht, Menorca!
1200 Position 7 sm S-lich I. d. Aire
2400 Position 7 sm ENE-lich I. d. Aire, Wind NW – E, 0 – 1 Bft.
05. 07. 87
0915 Motor an; Kurs 320 nach und nach auf 350 geändert, als eine relativ starke S-liche Strömung bemerkbar wird.
1145 ankern in Mahon beim ehemaligen Lazarett, E-lich des Handelskais. Motor 2.5/168.5 Std.
05. – 08. 07. 87
Tony von Glayva arbeitet am Motor. Die Zylinderblockdichtung (dünne Stahlringe) am hinteren Zylinder ist durchgebrannt. Bei der Montage bricht der untere Ölabsteifring. Wir finden mit Mühe einen Ölabstreifring von ähnlicher (aber nicht gleicher) Größe und müssen daher die Nut für den Ring erweitern lassen (3000 Pts, 42 SFr.) Tony bekommt umgerechnet 250 SFr. für 12 Arbeitsstunden (20 SFr. erscheint mir im Nachhinein eigentlich zuviel dafür, dass er was verbockt hat).
11. 07. 87
Motorölwechsel bei 170.5 Std.
1915 Anker auf Mahon
2015 stehen an der ansteuerungstonne, Motor aus 1.0/1.0 Std. Groß, Genua; Wind E – ESE, 1- 3 Bft.
2100 Menorca Radio, versuche in Zürich anzurufen, niemand da.
2130 I. d. Aire in 45° Stb. voraus; See kabbelig, Wind 3 Bft.
12. 07. 87
1000 Tefeoniere mit Hans und Waltraud in Zürich via Menorca Radio 12 min Kanal 16, 23.Wind NE 3 – 4, Fahrt 2.5 kn. Rund um uns springen die Fische aus dem Wasser, wir haben zwei Angelleinen ausgebracht, aber fangen keinen einzigen Fisch.
1900 Ankern in Port Colon. Die Bucht ist voll von Yachten. Die Überfahrt war sehr schaukelig. Motor 1.0/2.0 Std.
13. – 28. 07. 87
Wir bleiben 2 Wochen in Port Colon. Ölen Rollreff, ziehen Trysegel (eine mühselige Angelegenheit mit einer Reihleine; habe Zweifel, ob ich das bei Sturm kann), reinige das U-Schiff, ölen das Holz. Fange zwei kleine Oktopusse, die Mia von "Glayva" zu einem Salat verarbeitet. Am 21. fahren wir nach Palma und versuchen einen Ersatzbrenner für den Taylor-Kocher zu kriegen – vergebens. Treffen "Monsoon" ein finnisches Schiff mit einem ebenfalls finnischem Eigner, den wir in Dubrovnik kennen gelernt haben. Im Yachtladen des Real Club Nautico arbeitet derselbe Amerikaner, der mir vor 5 Jahren eine neue Batterie verkauft hat. Am 26. nehmen wir eine Mietauto und machen eine Rundfahrt durch die Insel: Valdemosa, Deija, Foradada dei Miramar, Cala Calobra, über Inca zurück. Am 27. Geburtstagsfeier für Niggi mit Torte (vom Bäcker). In der Bucht liegt eine andere Golden Hind, Nr.177 "Shehu" mit Joachim ...? aus Düsseldorf, Dinett-Layout, er ist Trompeter, hatte vorher einen Katamaran; als es ihm einmal einen Schwimmer aus dem Wasser gehoben hat, "...mußte er eine Golden Hind haben", klagt darüber, dass das Boot so langsam sei (stimmt). Andere Boote in Port Colon sind "Aquatrec" ein 31 ft. Motorsegler aus GB mit Frank und Sheila, einem älteren Ehepaar; "King Kat" mit Bob und Joe (das ist sie) King aus USA, ein 32 ft. Katamaran; Bob schwört auf seinen Parachute-Seeanker, der ihn ebenso festhält wie ein richtiger Anker (eben); sie erzählen sie seinen gerne draußen auf dem offenen Meer und haben es mit ihren Passagen nicht besonders eilig.
29. 07. 87
0845 Anker auf Port Colon
0945 Groß, Spi, Wind NE 1 – 2 Bft.
1100 "Glayva" überholt uns
1200 Wind nimmt auf 3 Bft. zu, Schwell
1300 beim Runternehmen reißt das Groß an der obersten Segellatte
1600 Durchfahrt zwischen Cabrera und Conejera
1700 ankern in Cabrera auf 8 m in der Nähe des kleinen Anlegesteges; als ich 1981 da war, lagen nie mehr als 5 Boote in der Bucht, jetzt sind es 50. Niggi kocht Kartoffel, hat Kopfweh; Motor 2.0/6.0 Std. Wetterbericht Radio Monaco 8728 KHz um 0815.
30. 07. 87
Zweite, kleinere Geburtstagsfeier für Niggi auf "Glayva". Nachts schweres Gewitter. Am Nachmittag ankert ein Spanier in unserer Nähe. Ich traue meinen Augen nicht – sobald sein Anker den Boden berührt macht er die Kette fest. Davon, dass man mindest fünfmal soviel Kette geben muß, wie das Wasser tief ist, hat der noch nie was gehört. Als sich der Himmel überzieht gebe ich sehr viel Ankertrosse aus, damit der Anker auch sicher hält. Dadurch vergrößert sich der Schwoikreis und wir geraten immer wieder in die Nähe des Spaniers. Ich rufe ihm zu, er solle doch mehr Kette geben. Doch er meint ich solle mich um meine eigenen Probleme kümmern, ich treibe doch völlig haltlos herum. Also bleibe ich an Deck und hole die Ankertrosse ein und gebe wieder lose, je nach dem, wie ich dem anderen Boot zu nahe kommt.
Um Mitternacht bricht das Gewitter los. Auf den Booten gehen die Positionslichter an und es beginnt ein gewaltiges Auf- und Abgefahre. Bei der ersten kräftigen Böe bricht der Anker des benachbarten Idioten aus. Ich grinse triumphierend. Doch der Triumpf verwandelt sich in Besorgnis, als er genau auf "Glayva", die hinter uns liegt, zutreibt. Er rammt sie – nicht sehr kräftig zwar - aber doch genügend um zwei Relingsstützen zu verbiegen.
02. 08. 87
Verlege den Anker etwas weiter weg vom Ufer- er liegt jetzt auf 10 m.
04. 08. 87
Überprüfe den Uhrengang: der Braun-Wecker geht 42 Sec vor, die Pulsar 12.
05. 08. 87
1130 Anker auf Cabrera.Radio Monaco sagt Wind aus S – SE, bis Samstag (heute ist Mittwoch) W – NW bis max. 5 Bft. vorher.
1300 Motor aus 1.5/8.0 Std.
1700 UKW mit "Glayva"; ändere den Kurs von 253° auf 240° um S-lich an Formentera vorbeizugehen.
1800 erste Wache Niggi
06. 08. 87
1140 Motor an
1340 Motor aus; Wind SW 3 – 4 Bft.; Position eine sm SW-lich der Südspitze Formenteras.
1630 Kursänderung, entschließen uns, eine Nacht vor Anker zu verbringen
1900 ankern auf 10 m, Formentera, hinter Punta Pedreras; Motor 3.5/10.0 Std. Logge 53.0; sehen ein Spanisches Boot da liegen, bei dem es sich um den "Ankermeister" aus Cabrera handeln könnte.
07. 08. 87
1000 Anker auf Formentera
1100 Motor aus 1/11 Std. Kurs 235°; wind zuerst NW dann SW,nachts Flaute
08. 08. 87
0900 Logge 81.0, Motor an, Kurs 232° (234°)
1000 Motor aus 1.0/12.0 Std. Wind SE 1 – 2 Bft.
1600 Logge 100.0 Motor an
1700 Motor aus 1.0/13.0 Std.
1730 Motor an
1930 Motor aus 2.0/15.0 Std.
2000 Logge 111 Wind NE
09. 08. 87
0130 Motor an
0330 Motor aus 2.0/16.0
0730 Logge 129.0, Wind NE 0 – 1 Bft., ca. 30 sm NE-lich von Kap Palos
0800 Motor an
1000 Motor aus, Frühstück
1100 Motor an, bewölkt, Flaute
1330 Logge 45, Land gesichtet
1930 Motor aus, P. Portman achteraus (keine Yacht darin!?)
2100 Logge 63.5, Isal Escombrera (Cartagena) querab; Kurs 242° auf Garrucha; Motor 10.5/26.5 Std.
10. 08. 87
0000 Motor an
0030 Motor aus 0.5/27.0 Std.
Wind N – NE bis zu 3 Bft., aber nur wenn eine Wolkenfront vorüberzieht; Vollmond; ¾ bedeckt, warm, See ruhig
0700 Motor an
0830 ankern in Puerto Mazaronne, Motor 1.5/28.0 Std. 40 l Diesel und etwas Öl nachgefüllt
Die Überfahrt von Cabrera an das spanische Festland hat 5 Tage gedauert für eine Strecke von ca. 210 sm, von Mittwoch vormittag bis Montag morgen. - 1. Tag Wind aus SE, bis Formentera; - 2. Tag Wind aus SW, um Formentera herum, nachts auf Formentera geankert; - 3. Tag Wind aus SW, bis 20 sm W-lich von Formentera; - 4. Tag leichte Wind aus SE- NE, bis nach Cartagena; - 5. Tag Winde aus E – N, bis Mazaronne.
1800 UKW mit Tony; "Glayva" ist 15 sm SE von Aguilas auf dem Weg nach Almeria
11. 08. 87
0830 Anker auf Mazaronne
0900 Leuchtfeuer querab, Logge 69.0; Kurs RWK 220°, KK 218° auf das Kap Gata, Wind NE 1 Bft. später 2 – 3 Bft. , wolkenlos, dunstig
0930 Motor aus
1100 Motor an, Logge 74.0
1210 Motor aus 2.0/30.0 Std.
1230 Logge 79.0; Wind auf 4 Bft. zunehmend, NE, später NNE, in der Nacht 5 Bft mit Böen bis 6 Bft.
12. 08. 87
0230 Kap Gata peilt in 280°
0330 Kap Gata peilt in 000°
Der Wind hört am Kap vorübergehend völlig auf; nach dem Kap nimmt er bis 5 Bft. zu; fahren nur unter gerefftem Groß, um nicht zu früh in Almeria zu sein. Im Laufe des Morgens nimmt der Wind wieder ab.
0800 Flaute, Motor an
1030 ankern im Vorhafen von Almeria neben "Glayva". Es ist eine Woche seit wir in Cabrera aufgebrochen sind. Motor bei 32.0 Std. seit dem letzten Ölwechsel. Gehen mit Tony, Mia und Douglas in die Stadt – Bank, Imbiss in einem Bistro. Der Teil der für uns zu Fuß leicht erreichbar ist, ist eher modern.
13. 08. 87
0800 Anker auf Almeria
1400 festmachen Marina Almerimar, Motor 6/38.5 Std. Telefonier mit Baden vom Marina-Office.
14. – 19. 08. 87
Rundfahrt mit Mietauto nach Granada, Cordoba und Sevilla; über Ronda und Malaga zurück (siehe dazu auch die Beschreibung in dem Brief weiter unten). Das Auto hat für die 6 Tage umgerechnet ca. 280 SFr. gekostet.
20. 08. 87
Tanken Wasser, Niggi wäscht, Einkaufen in El Ejido (~4800.- Pts. 1000 Pts = 14 SFr.)
1630 Leinen los
1700 Motor aus, Groß, Genua bei SE 1 – 2 Bft. Wind flaut ab
1730 versuche "Glayva" auf dem vereinbarten Kanal 8 zu rufen – nix!
1800 Motor an
2030 ankern in Adra, Motor 3.0/41.5 Std.
21. 08. 87
0715 Wetterbericht von RÖI (Radio Österreich International) auf 15410/15385 KHz: geringe Druckverteilung in unserem Teil des Mittelmeeres, Gibraltar meldet Wind aus SSE mit 14 kn (4 Bft.)
0830 Anker auf Adra; Kurs 259° (263°) auf Kap Sakratif
1105 Motor aus, Groß, Genua, Wind SE 1 Bft. später E – SE, 2 – 3 Bft.
1600 Motor an
1800 ankern vor dem W-Strand von Almunjecar; Motor 4.5/46.0 Std.
22. 08. 87
0900 Anker auf Almunjecar
1900 längsseits Außenmole des Fischereihafens von Malaga; Motor 10.0/56.0 Std. Habe Fieber bekommen (38.6°) und Rückenschmerzen, so dass ich mich nicht hinlegen kann; eine Grippe?
23. – 25. 08. 87
Liegen 4 Tage in Malaga (1382.- Pts.) Liegen sehr unruhig, starker Schwell bei fast allen Windlagen und Wellen durch die schnell vorbei fahrenden Fischerboote; verlieren zwei Reifenfender.
26. 08. 87
0830 Leinen los Malaga
0930 Groß, Genua, Wind NW – N, 1 Bft.
1100 Motor an
1300 Motor aus
1310 Motor an
2130 festmachen in Estepona, Motor 11.5/66.5 Std.
27. 08. 87
1130 Leinen los Estepona
1200 Wind W 5 Bft. Groß mit 4 Reffs, Fock
1500 Position vor Sotto Grande, Kurs auf Gibraltar
1600 Wind W ~2 Bft. mit Böen, Motor an
1800 festmachen "Reporting Berth", Gibraltar
1900 ankern hinter der Flugbahn von Gibraltar; Motor 3.0/69.5 Std. "Glayva" ist seit einer Woche da.
28. 08.87
In der Nacht beginnen heftige Gewitter und Regen, die bis zum 29. dauern.
29. 08. 87
2230 Radiotelefon mit Baden 7 Min. über Gibraltar Radio Kanal 16, 28
30. 08. 87
2130 Radiotelefon mit Patrick in Zürich 6 Min. über Gibraltar Radio Kanal 16, 28
01. 09. 87
2130 Radiotelefon Niggi mit Zürich 7 Min.
02. 09. 87
SatNav Navstar 2000S gekauft 520 £ (10'660 öS) und installiert; den reparierten Autohelm von der Post geholt (34 £)
03. 09. 87
Motor zum Batterieladen 0.5/70.0 Std.
04. – 06. 09. 87
Kabel befestigt, Buchse für Autohelm, Kompasslicht, Leesegel und Flaggen; Zahnarzt 2 Füllungen (50 £); Brot und Kuchen gebacken.
07. 09. 87
SatNav ausgeschaltet (während des Batterieladens); ist seit 02. fünf Tage gelaufen; es kühler geworden, Nebel, Wind aus E bis 4 Bft. Motor 0.5/70.5 Std. Starterkontakt schlecht, Startermotor klinkt nicht aus.
08. – 12. 09. 87
Vorräte einkaufen und stauen (an die 200 Dosen, Trockengemüse, Milchpulver, etc. für ca. 180 £, = 450 SFr., = 3700 öS). Motor zum Batterieladen 0.5/71.0 Std.
13. 09. 87
Brot, Kuchen backen, Dinghy putzen; Tony, Mia und Douglas zu Kaffee und Kuchen; Huhn im Backrohr braten; Motor 1.5/72.5 Std.
14. 09. 87
Übersegler N-Atlantik, Karibik, Golf von Mexico gekauft (3 Stk. a 8.28 £, = 170 öS); Motor 1.5/74.0 Std.
15. – 21. 09. 87
Mehr Vorräte kaufen und stauen; Streets Guide to the Eastern Carribean 26.- £, 15 Karten, List of Lights, neuer Rettungsring 38 £, Festmacher und Spring £ 1.50, 0.80 pro Meter, Kunstharz, Silikon, Festmacher fürs Dinghy, Lack, Schäkel insgesamt 120.- £. Petroleum am "bunkering dock", wird nicht oder nur ungern in Plastikkanistern abgegeben, 0.30 £ pro Liter, bekomme 10 l geschenkt. Deckslicht reparieren, Wanten anziehen (ein Wantespanner ist verzogen). Sony Radio zur Reparatur bei "Red House", sollen es nachher nach Ö. schicken. Niggi hat wieder Blasenentzündung. Wetter bis 18., E-Wind, danach W-Wind. Motor 1.0/75.0
23. 09. 87
Niggi Blasenentzündung. Neue Fußpumpe für Pantry montieren, Bilge putzen; nachts starker Wind.
24. 09. 87
Kasettenradio kaufen, £ 40.- Urinprobe von Niggi zum Arzt bringen.
25. 09. 87
1000 Anker auf, am "bunkering dock" 38 l Diesel für 5.80 £ tanken; gehen an den Steg bei "Shepards" (Yachtausrüster) um Wasser zu tanken; Wäsche waschen. Motor 0.5/78.0 Std.
26. 09.87
Gehen über die Grenze nach Spanien (zu Fuß) um Spiritus zu kaufen (der ist in Gib nur als "white spirit" in der Apotheke zu kriegen.
1130 zurück an den alten Ankerplatz jenseits der Landebahn; Motor 1.5/79.5 Std. Nachmittags heftige Regenfäller. Die "Gibraltar Airshow" findet trotzdem statt, aber sie ist total verregnet.
27. 09. – 02. 10. 87
Kühlwasserpumpe kommt, "Matthews Engineering" schlägt 50% auf; ich hätte die Pumpe genauso gut selbst bestellen können. Preis 135 resp. 195 £. Baue die Pumpe ein, mache einen Ölwechsel, Motor waschen, Pumpe und kleinere abgeblätterte Stellen streichen, elektrische Kontakte hinter dem Schaltbrett reinigen und mit Kriechöl einsprühen; Fenster, Bb-Positionslicht, Stb-Wassertank mit Silikon dichten. Motor 2.5/81.0 Std., seit Dubrovnik 252, seit 1977 1041 Std.
04. 10. 87
U-Schiff reinigen; borge mir dazu Tonys Kompressor aus (das ist eine kleine Luftpumpe mit einem Gartenschlauch und einem Mundstück); das Wasser ist schon kalt, ziehe mir eine Tauchhose an, die ich auf Cabrera zwischen den Felsen gefunden habe,und einen Pullover – trotzdem ist mir scheußlich kalt. Nachts Gewitter und Regen; Wind dreht auf SW.
05. 10. 87
Brot backen, Niggi strickt; Motor 1.0/2.0
06. 10. 87
Geld wechseln in La Linea, nochmals einkaufen bei Liptons; Röhre und Schalter für Salonlampe; Nahrungsmittel wegstauen; Radiotelefon mit Baden 7 Min.
07. 10. 87
Immer noch Westwind; montiere ein Netz vor dem Bord in der Toilette; Angel, Radio befestigt; Tony zieht Zylinderkopfschrauben nach; Niggi ölt Teak.
08. 10. 87
Kaufen Reservebirnen, eine weitere Leuchtröhre, Silkon und noch ein paar Dosen Corned Beef. Motor 1.0/3.0 Std.
09. 10. 87
Morgens mit Tony nach La Linea um die Tiefe zu loten – der Wetterbericht sagt Starkwind aus W an.
1000 Anker auf Gibraltar
1100 längsseits "Glayva" in Algeciras, Motor 1.0/4.0 Std.
Ankertrosse reinigen, Deck spülen; Niggi geht einkaufen; Brot backen, Geburtstagsfeier für Tony
10. 10. 87
Einkaufen Spiritus, Wein, Gemüse; Motor zum Baterrieladen 1.0/5.0 Std. habe vergessen den Zündschlüssel abzudrehen.
11. 10. 87
Verlegen uns, zusammen mit "Glayva", in die große Bucht S-lich von Algeciras, Motor 1.0/6.0 Std.
12. 10. 87
0800 Anker auf. Motorsegeln mit Gezeit (HW Gib + 3 Std. = Beginn E-gehender Strömung) sehr nahe an der Küste (1/2 sm max., innerhalb des Stromstrichs bis Tarifa
1200 Tarifa querab, Motor aus 4.0/10 Std. Kurs 214° + 4° Mw + 12° bis 17° Vorhaltewinkel gegen Strom und Abdrift = 230° bis 235°. Nehmen Großsegel kurz wieder runter um die Latten einzustecken. Treiben 1 – 2 sm nach E zurück, daher
1300 Motor an
1500 treffen vor der afrikanischen Küste starken E-Strom an (HW Gib + 5 Std. Motor aus 2.0/12.0 Std.
1700 vor Tanger, Motor an
1800 längsseits festmachen an einem französischen Stahlboot "Saros" in Tanger; Motor 1.0/13.0 Std., seit Tanken 16 Std.
13. –16.10. 87
In Tanger. Motor 0.5/13.5 Std.
17. 10. 87
1500 (MEZ) Leinen los Tanger
1600 Motor aus 1.0/14.5 Std. Wind E – NE, 4 – 5 Bft., Groß, Genua, später nur Genua
1700 Kap Espartell querab
1900 10 sm WSW von Kap Espartell; Sonnenuntergang; Wind flaut gegen Mitternacht ab und dreht auf SE
18. 10. 87
Wir sind nun wirklich draußen auf dem Atlantik. Nachdem der Wind abgeflaut hat, steht nur mehr eine sehr alte Dünung. Ganz langsam und weit hebt und senkt sich der Ozean. Wie ein riesiges, mächtiges Tier atmet er unter uns hindurch. Obwohl es so ruhig ist, wird mir unheimlich.
Der Himmel zieht sich mit verschieden geschichteten, hohen Wolken ein, Barometer fällt zuerst, dann belibt es stabil. Nachts sichten wir zuerst viele Frachter dann Fischer.
0800 Fix 35°25.67 N, 6°48.73 W; Logge 42, Abstand von Kap Espartell ~52 sm; Kurs 240°/245°, Geschwindigkeit ~3 kn; Nächster Waypoint 35° N, 7°39'W, 46 sm; Wind SE 1 – 2 Bft.; Groß, Genua
1015 Motor an
1215 Motor aus 2.0/16.5 Std. Wind S – SW 1 Bft., Barometer gleich, KK 290° (+5° Abdr., -5° Mw) RWK 290°
1800 Fix 35°16'N, 7°11'W, Wind N 1 Bft., nachts 2 – 3 Bft. Logge 59, seit 0800 morgens ~20 sm
In der Nacht bekommt Niggi Erbrechen und Durchfall, Schmerzen in der rechten Bauchhälfte. Ich habe Schnupfen.
19. 10. 87
0900 Fix 34°49'N, 7°35'W, seit gestern 0800 52 sm
Niggi hat sehr starke Krämpfe; entweder Virus, Kolik oder Blinddarm; denken daran, Casablanca anzulaufen.
1040 Motor an
1140 Motor aus 1.0/17.5 Std. RWK 155°, Groß, Genua, Wind SW 3 Bft., abends zieht eine Front auf.
1900 drehe mit 2x gerefftem Groß bei, Regen aber wenig Wind
20. 10. 87
0200 setze Fock, Wind WSW 3 – 4 Bft., Regen, pechschwarze Nacht, drehe wieder bei.
Die Nacht ist so dunkel, dass sie das Licht der kleinen Petroleumlampe aufzusaugen scheint, die ich ins Rigg gehängt habe. Es ist kein Stern zu sehen, kein Lichtschimmer, keine Reflexion auf dem Wasser, nichts.
0900 Groß, Genua, W2 (Waypoint 2), Etmal seit gestern 29 sm (real, dh. ohne Kreuzen)
1400 Fock, 2x gerefftes Groß, Wind NW 4 – 5 Bft.
1600 W3
Kurs 170° auf Casablanca; schlafe soviel wie möglich, um aufbleiben zu können, wenn wir uns der Küste nähern
21. 10. 87
0200 stehen laut SatNav 12 sm vor Casablanca; den Widerschein der Stadt hat man schon aus 30 sm gesehen. Wind dreht nach NE und E. Drehe bei, da mir die Küste so nahe erscheint (was sie nicht ist). Später kreuze ich Richtung SE um nicht soviel Höhe zu verlieren; viele Fischerboote.
0700 unter Fock und 1x gerefftem Groß nach E vorhaltend
0900 Motor an wegen der Batterie und damit es schneller geht. Wind E 3 Bft., majestätischer Schwell aus N
1000 stehen in der Hafeneinfahrt; Segel verstauen, Deck aufräumen
1100 festmachen an Boje und einem schwimmenden Balken(!). Motor 2.0/19.5 Std. Der Mann von der Gendamerie bleibt ziemlich lange um zu tratschen und seinen Rotwein zu trinken; gehe danach ins Büro der Polizei. Jede Yacht, die das erste Mal nach Casablanca kommt, muss ein Photo abgeben.
22. – 24. 10. 87
In Casablanca. Lernen Hans auf "Aeolus" und Guy und Daniela auf "Coupidon" kennen.
25. 10. 87
1000 Leinen los Casablanca
1200 Motor aus; Wind zuerst aus E, Rege, abends klart es auf, Wind dreht auf SW
2100 Fix 33°40'N, 8°12'W
Wind SSW 1- 3 Bft., RWK 245° (mit gelegentlichen Abweichungen wärend ich unter Deck bin)
26. 10. 87
1000 Position ca 54 sm SW-lich von Casablanca; wind S – SE zunehmend auf 7 Bft., Niggi wieder krank (sehr!); nachmittags überholt uns "Aeolus".
27.10. 87
0800 Fix 33°10'N, 9°33'W, Etmal 60sm; Motor 1.5/23.0 Std.
1132 Fix 33°02'N, 9°41'W; Problem mit Batterie, SatNav geht zeitweise nicht.
1530 sprühe alle elektrischen Kontakte vom Motor zu Batterie und zur Schalttafel ein; lasse ihn eine Stunde laufen, 1.0/24.0 Std. Setze zuerst das gereffte Groß und die Fock, dann Groß und Spi; nachdem der Wind nachgelassen hat und die Wellen des vorangegangenen Starkwindes unverändert stehen, wirft sich das Boot auf eine unfassbare Weise hin und her. Versuche es zu stabilisieren indem ich den Spi ausbaume. Niggi ist immer noch im Bett; habe ihr gestern und heute morgen Tramal als Schmerzmittel gegeben.
nachts, Wind N – NNE, 4 Bft. Bleibe auf, da der ausgebaumte Spi nicht gut getrimmt ist.
28. 10. 87
Nehme den Baum weg; habe große Mühe den Spi zu schifften; Niggi geht es etwas besser.
0800 Fix 32°00'N, 10°57'W, Etmal seit gestern 99 sm
Wir erholen uns langsam etwas von den Aufregungen der vergangenen Tage; Frühstück mit Ei; Mittagessen mit Kartoffel und Faschiertem. Die Nacht wird ruhig, laufen unter dem Spi.
29. 10. 87
0800 Fix 30°50'N, 12°03'W, Etmal 90 sm
0900 Motor an (Start- und Ladeprobleme), tanke einen Kanister nach, danach sind die Tanks wieder ¾ voll; Motor 3.0/27.0 Std.
1200 Wind NW 1, Groß, Spi
sehr ruhiger Tag, verliere Plastikschüssel und fische sie wieder auf, abends lässt der Wind nach und wird variabel
30. 10. 87
0200 leichte Puffs aus S, Flaute, hole Spi und Logge ein, Loggestand 117, lasse uns treiben
0600 immer noch Flaute
0800 Wind SW 1 – 2 Bft., Groß, Genua, RWK 155°
0830 Fix 30°13'N, 12°15'W, Tagesetmal 37 sm (in den letzten 12 Stunden nur 11 sm)
1000 Motor an, RWK 220°; wind genau von vorne 2 – 3 Bft.
1500 Motor aus, in den 5 Stunden haben wir 10 sm gut gemacht; 5.0/32.0 Std.
2000 gegen leichten SW-Wind in 5 Stunden wiederum nur 10 sm gutgemacht, und das in 139°. Gegen heute Morgen sind wir insgesamt nur 12 sm näher an unsere Ziel, Arecife auf Lanzarote, herangekommen; Motor an, RWK 236°, KK 228°
31. 10. 87
0800 Fix 29°30'N, 12°43'W; Etmal 47 sm real (dh. näher an Arecife)
1000 Motor aus 14.0/46.0 Std.
Wind S, 2 Bft., Groß, Genua; "Heizari" stampft so schwerfällig durchs Wasser, dass das auffällig ist; ich weiß aber nicht was der Grund sein könnte.
Versuchen mit Motorsegeln (Groß, Fock) schneller voran zu kommen; Wind dreht von S wieder auf SW.
1900 Barometer fällt langsam; Wind zwischen S und SW drehend; im W eine dichte, dunkle, wattige Wolken- und Dunstdecke. UKW mit Lanzarote Radio, Kanal 16, 86; sie geben mir einen Wetterbericht es wird schlecht!
2000 Motor und Groß
Kurs auf Wegpunkt vor Arecife, aber so, dass das Groß noch steht; dadurch kommen wir etwas näher an die Küste; Wind SW ca 3 Bft., manchmal etwas weniger
2400 stehen auf 24°00'N, 6.4 sm vor Arecife
01. 11. 87
0000 Kurs auf einen Wegpunkt in der Hafeneinfahrt von Arcife/Lanzarote (28°57.5'N, 13°32'W) RWK 257°
0200 stehen irgenwo vor dem Hafen; die Lichter sind nicht auszumachen
seit 1½ Stunden Mayday-Funkverkehr, eine Frauenstimme meldet ihr Boot sei auf einem Felsen aufgelaufen und Wasser dringe ein, gibt aber keine Position durch; haben auch rote Leuchtkugeln über der Insel gesehen.
0300 Wind SW 2 Bft., See relativ ruhig, Mond (½ , zunehmend) zeitweise von Wolken verdeckt. Tasten uns bei laufendem Echolot mit Standgas in den Hafen (Naos); identifizieren eines der Einfahrtsfeuer, Bl. Grün (3) 22 sec erst nach vier bis fünf Versuchen.
0400 nach vergeblichen Versuchen im äußeren Hafen anzulegen (zu starker Schwell) gehen wir am Ende eines gebaggerten Kanals an einem Fischerboot längsseits.
1100 Ankern im Fischereihafen in der Nähe "Glayvas"; sie haben von Tanger 7 ½ Tage direkt gebraucht; Motor 8.0/56 Std.
Das schlechte Wetter ist da, Regen und Wind aus SW bis 8 Bft. Bringen einen zweiten Anker nach W aus; der Hafenboden scheint unrein zu sein (Steine). Etmal vom 01. 11. 47 sm.
Abends telefoniern mit Baden 5 Min. über Lanzarote Radio Kanal 16, 86.
02.11. 87
Arecife. Immer noch starker SW-Wind; Motor 1.0/57.0 Std.
03. 11. 87
Mit dem Bus nach Puerto del Carmen. Abends Tony's Round-the-World Party
04.11.87
Arbeiten, die noch zu erledigen sind: Stb-Dieseltank abdichten, Bilge reinigen, Mastlicht schließen (ist unterweg aufgegangen), suchen wo Bilgenwasser herkommt, Großsegel nähen, Motorelektrik nachsehen, Diesel und Wasser nachfüllen.
05. 11. 87
Kaufe ein Ampermeter ("Ramon" um 220.- Pts.); Tony tauscht das Ampermeter, lötet Kontakte, zieht Schrauben am Motorgehäuse nach (5 Std. à 1500 Pts.)
06. 11. 87
1400 Motor 1.0/58.0 Std.
07. 11. 87
Geburtstagsfest für Mia; haben Kuchen und Brot für sie gebacken.
08. 11. 87
0900 Motor 1.0/59.0 Std.
Ausflug in die Stadt; Vorräte auffüllen (15 Dosen, Porridge, Confiture, Schokolade, Backfett, Kaffee)
aus einem Brief:
"Heute ist der vierzigste (!) Tag in Gibraltar. Ich glaube unser Anker ist im Boden bereits eingerostet. Wir werden ihn gar nicht mehr hochholen können.
Wir sind Ende August hier angekommen, ausgepumpt, etwas kränkelnd, heilfroh, dass wir es endlich, und auch zu dem geplanten Zeitpunkt geschafft hatten. Wir hatten gedacht ca. drei Wochen später, Mitte September weiterzufahren. Jetzt ist es bald sechs Wochen, und wir sind immer noch hier.
Allerdings nicht mit dem Gefühl etwas versäumt oder vertrödelt zu haben. Eher stehen wir ganz ungeduldig in den Startlöchern und graben diese immer mehr um. Na ja, zumindest manchmal habe ich dieses Gefühl. Ich bin jetzt wirklich wild darauf in den Atlantik hinaus zu fahren. Ich mach mir jetzt auch kaum Sorgen um Gewitter, Wind und Wellen, unsicheren Landfall und dgl. Nachdem ich Sardinien kalt lächelnd verfehlt habe, wegen eines Kompassfehlers von zehn Grad, und es dann doch wieder gefunden - was soll mir da noch passierent? (Bei solchen rethorischen Fragen fallen mir sofort dreihundert verschiedene Dinge ein, die mir noch passieren können).
Jedenfalls will ich es mit den Polynesiern halten und meinen Landfall durch die ganze Kette der Kanariscnen Inseln abschirmen (David Lewis, "We the Navigators"); eher die Mitte der Gruppe ansteuern, als eine ihrer Ecken (so wie in Sardinien). Eine Vorsichtsmassnahme, die ohnehin nur was zu bedeuten hat, wenn der SatNav ausfällt und sämtliche Uhren und dazu noch der Sextant ins Wasser fällt.
Aber bevor ich mich über Möglichkeiten und Grenzen transatlantischer Desorientierung weiter auslasse, möchte ich noch ein paar Worte über die Möglichkeiten des Konsums und der Geldverschwendung in Gibraltar verlieren. Zur Einleitung ein Rückblick auf eine andere Art des Geldverputzens, die wir noch in Spanien wahrgenommen haben.
Wie schon in einer Karte angedeutet, haben wir von Almerimar, der Marina in der Nähe Almerias - in der ich vor sechs Jahren das Boot überwintert habe - eine veritable Exkursion unternommen. Wir fuhren mit einem Mietauto los und durchquerten das Küstengebirge hinter Almeria, eine kolossal einsame und abgelegene Gegend. In immer mehr und enger werdenden Serpentinen zieht sich die schmale Strasse durch ein verkarstetes Gebirge und klappert die winzigen Dörfer ab, die wie Krähennester an den steilen, schottrigen Hängen liegen. Zwischen terassierten Hainen krallen sich weissgekalkte Häuser in den Fels. Die winzigen Gemüsegärten explodieren in plötzlichem Grün zwischen dem Braun und Grau der kargen Hügel. Vereinzelte Brunnen spenden kühles, unfassbar wohlschmeckendes Wasser. Die Einheimischen bewegen sich mit dem langsamen, zeitlupenhaften Schritt der Gebirgler, die wissen, dass sie noch hunderte Meter hinan- und hinabzusteigen haben.
Die Fahrt durch dieses Gebirge war langwierig und ermüdend. Wir erreichten Granada in der Abenddämmerung und begannen sogleich nach einem Schlafplatz zu suchen.
Da die Liegegebühr in der Marina und die Wagenmiete für eine ganze Woche unser geplantes Budget ohnehin über Gebühr strapazierte, hatten wir (oder besser ich) beschlossen, so oft wie möglich im Auto zu schlafen.
Das mach‘ mal in oder in der Nähe einer von Touristen überlaufenen Stadt!
Zuerst verfehlten wir die Ausfahrt aus der Stadt, dann klommen wir eine Passtrasse empor in die Sierra Nevada. Bei 1000 Metern Höhe hatten wir immer noch nichts gefunden. Wir kehrten um. In einer Seitenstrasse hielten wir an einer Schutthalde. Wenig später kam ein sehr polizeilich aussehendes Auto vorbeia hielt, und die Insassen musterten uns sehr lange und eingehend. Wir taten als ob wir die Aussicht genössen; etwas später fuhren sie weiter. Doch wir trauten ihrer Dummheit zu wenig, dass wir uns an dem Platz noch wohl gefühlt hätten. Also fuhren wir wieder los.
Zu dem Zeitpunkt war in unserem Auto jedes Gespräch erstorben. Aerger und Dissonanz machten die Luft so dick, wie Kartoffelbrei. Während ich verbissen vor mich hinstarrte und mein Gasfuss immer schwerer wurde, nahm Niggi die blasegrüne Färbung einer von allen Polizeipatrullien des Landes gejagten Märtyrerin an.
Eine Abzweigung, eine andere Strasse in die Sierra. Pechschwarze Nacht, das fahle Licht vereinzelter Häuser, die aus der Dunkelheit hervorgeistern, flackernde Funzeln der heimkehrenden Motorräder.
Wieder kehren wir um. In dieser wie aus einem Leichentuch geschnittenen Finsternis lässt sich kein lauschiges, abgelegenes Plätzchen finden. Die Nacht wird von feindseligen Spaniern be wohnt, die jedes Fleckchen Erde unter sich aufgeteilt haben und es mit scharfzähnigen Bluthunden bewachen.
Ich habe längst aufgegeben. Nur zum Trotz fahre ich gegenüber eines kaum beleuchteten Bauernhauses in einen Hohlweg. Nach zwanzig Metern ist er zu Ende. Wir verbringen eine unruhige Nacht. Das späte Funkeln des Sternenhimmels mildert ein wenig das Gefühl des Ausgesetztseins. Und seit Monaten ist dies das erste Mal, da wir wieder auf festem Grund schlafen. Durch den Schlafsack presse ich mich an den warmen trockenen Boden . Ich umarme die Erde und das Gefühl ist plötzlich so überwältigend, dass mir schwindlig wird.
(8. 10)
Am nächsten Tag, erfrischt mehr durch die morgentliche Kühle als durch Schlaf, machen wir uns davon in die Stadt. Der Tag gehört der Alhambra, ausschliesslich der Alhambra und noch einmal der Alhambra.
An diesem Märchen aus 1001 Nacht kann die unübersehbare Masse der Besuchern nichts ändern, - die sich zerdrückt von der Augusthitze durch Burg, Parks und Paläste schleppt. Dieses maurische Filigran verbirgt sicn unter dem Sonnenglast, verbirgt sich hinter der Menschenmauer. Du weisst, dass es da ist und dass es wunderbar ist, seit hunderten von Jahren. Aber es entzieht sich, es entgleitet im Vorbeigehen.
Gehen? Gedrückt, geschoben, Schlangenlinien um die Fotographierenden schlagend und selber auf den Augenblick lauernd in dem weniger als hundert Leute vor dem Motiv stehen, wird der Besuch zu einer Farce, in der nur mehr die äusseren Handlungen des Besichtigens vollzogen werden; Zwischen den Sinnen und der inneren Wahrnehmung besteht keine Verbindung mehr; das Auge sieht, aber das Organ, das dieses Bild verarbeiten soll ist blockiert, es ist sozusagen mit riesigen, grünrosa amerikanischen Ärschen übersättigt und die Phantasie, die zu einem historischen Höhenflug ansetzte, irrlichtert einen fotomanen Hürdenlauf, in dem die Fotographier— und Filmwütigen einander mit grotesken Verrenkungen umspringen. Wir absolvieren brav unsere Runden mit all den italienischen Wallfahrern, den amerikanischen "In vierzehn Tagen Europa und Nordafrika"—Reisenden, den "teutschen" Urlaubern, den australischen Tramps und den spanischen Wochenendbesuchern.
Abends schlendern wir noch ein wenig durch die Stadt, dann geht es weiter auf der Strasse nach Cordoba und auf der Suche nach einem neuen Schlafplatz. Doch diesmal erwischen wir es gut. Draussen am Land sehen wir eine Gruppe vom Zelten; wir halten, erkundigen uns und erfahren, dass es sich um polnische Wallfahrer handelt, die bei einem Bauern die Erlaubnis eingeholt haben auf seinem Feld zu kampieren.
Nach einer ruhigen Nacht unter freiem Himmel erreichen wir am Nächsten Tag Cordoba.
Nach kurzer Suche und längeren Diskussionen beziehen wir ein billiges, schäbiges Zimmer, dass den unschätzbaren Vorteil bietet dunkel und kühl zu sein.
Der Abend gehört der Stadt mit seinen engen Gässchen und weißen Häusern, der nächste Tag der Moschee-Kathedrale. Dort. kommt auch mein Fotoapparat zu seinem Recht und mit Blitz, Schraubstativ und Fernauslöser knipse ich meine Bildchen mit dem Flair des grossen Profis.
Cordoba verlangt uns nicht soviel ab und wir finden sogar Zeit uns in ein dunkles Eckchen der Moschee zu setzen und die Atmosphäre dieses absurden Bauwerks einzuziehen.
Wir verbringen, beide Nächte in selben Zimmer und am Morgen des fünften Tages geht es weiter nach Sevilla. Sevilla ist der Ort, über den wir am wenigsten vorherwissen und das wird durch drei Höhepunkte der Reise belohnt; durch den Turm der Kathedrale und seinen grandiosen Rundblick, durch den maurischen Teil des Königspalastes mit Filigran und Decken, die die Alhambra noch übertreffen und durch die Parks, die einfach ganz märchenhaft (und auch märchenhaft kühl) sind.
Die Rückreise von Sevilla machen wir über Ronda. Zuerst zieht sich die Strasse durch braunes, flachwelliges Ackerland in dem kein einziger Baum, kein Strauch, nicht einmal das winzigste Grashälmchen dem Pflug entkommen ist. Ueber den verdorrten Ackerfurchen brütet eine Hitze, die uns buchstäblich den Atem nimmt. Es ist als ob man einen Haarföhn in den Mund steckt und auf der heissesten Stufe aufdreht.
Doch je mehr das zu Tode kultivierte Land zurückfällt und man das Gebirge erreicht, desto angenehmer wird die Landschaft. Es findet sich auch einmal eine Baumgruppe unter der man sich ein wenig abkühlen , kann und es gibt genügend grüne Büschel auf denen das Auge ruhend sich erholt. Man kommt nach Ronda und schaut von der steilen Klippe, auf denen es liegt, weit ins Land.
Hinter Ronda klettert die Strasse erst so richtig ins Gebirge. Wir überqueren zwei Hochebenen und diese sind hoch genug, dass die Luft eine andere, frischere Qualität bekommt. Dann geht es über 1000 Serpentinen wieder hinunter. In der Abenddämmerung erreichen wir Malaga und das Meer. Wir quälen uns im Stossverkehr durch die Stadt und dann über endlose, pechschwarze Kilometer entlang der Küstenstrasse zurück nach Almeria.
Die folgende Woche sind soetwas, wie eine Aufholjagd. Eine Aufholjagd wegen unseres Zeitplans; wir wollten vor Ende August in Gibraltar sein. Und eine Aufholjagd wegen des Bootes "Glayva", mit dem wir bisher zusammen gesegelt waren; wir wollen sie gerne wiedersehen.
Praktisch am selben Tag, an dem wir von unserem Ausflug zurückkamen kauften wir ein, tankten Wasser und Diesel und brachen zu dem nur zehn Seemeilen entfernten nächsten Hafen Adra auf.
Mit viel Motor und wenig Wind wurschtelten wir uns nach Malaga. Irgendwo hatte ich eine Grippe aufgelesen und ziemlich hohes Fieber. Daher blieben wir drei Tage in dem sehr unruhigen, vom ewigen hin und her der Fischerboote aufgewühlten Hafen.
Mit nur noch einem Zwischenstopp schafften wir es nach Gibraltar und das sogar an einem Tag mit viel Westwind, der allerdings freundlicherweise aufhörte, als wir uns dem entscheidenden Kap Europa näherten.
Stadt und Hafen von Gibraltar schmiegen sich an die Westseite des Felsen, dahinter im Norden liegt der flache Isthmus, der es mit Spanien und dem Festland verbindet. Dieser wird von der Fluglandebahn überquert, die auf einem Damm nach Westen in die Bucht von Algeciras, wie diese ganze Bai heißt, hineinragt.
Die beiden Marinas liegen zwischen dem eigentlichen kommerziellen und militärischen, Hafen und der Fluglandebahn. Der einzige gebührenfreie Ankerplatz liegt hinter der Landebahn. Das heißt, dass man mit dem Beiboot um die ganze Piste herum ca. zwei Kilomet rudern muss, um in die Stadt zu gelangen.
Am Tage unserer Ankunft begann eine kurze Periode von Regenfällen und Gewittern; auch war ich von der Grippe noch merklich geschwächt. Ich fror erbärmlich und konnte mich vor Müdigkeit kaum bewegen; ich hatte solche Schmerzen in Lunge und Schultern, dass ich ein paar Nächte kaum schlafen konnte. Ein Arzt, den wir später aufsuchten, meinte, ich könnte einen Anflug von Lungenentzündung gehabt haben. Doch dann stürzten wir uns in ein Gewühl hektischer Aktivitäten.
Radio zur Reparatur, eine Motorkühlwasserpumpe - die zweite in zwei Jahren - aus England bestellen, zu Arzt und Zahnarzt, Lungenröntgen; Karten und Pilots besorgen, nach Möglichkeit alte; Leesegel (so Dinger, damit man nicht aus den Kojen fällt) nähen; Näharbeiten an Flaggen und Kleidern, SatNav kaufen und installieren; Deck und Fenster abdichten; Vorräte für die Ueberfahrt und die Zeit in der Karibik (dort alles sehr teuer) kaufen, verstauen und in ein Buch eintragen (sonst keine Chance etwas wieder zu finden); putzen, waschen, Teakholz ölen, Unterwasserschiff von Algen befreien (brrrrrr, dass Wasser ist schon grausam kalt), und noch zehntausend anderer Dinge.
Zu den angenehmeren Sachen, die wir anstellten, gehören Ausflüge auf den "Rock", zum Kap Europa und nach Spanien, Brotbacken, Kuchenbacken und gelegentliche Fressorgien, z. 3. Lammbraten mit Minzensoße. Dazwischen gibt es regen Verkehr mit, dem Beiboot zu verschiedenen Kaffee- und Weinkränzchen.
Wenn auch das lange Warten auf die Wasserpumpe und die sich daran anschliessenden, immer noch andauernden Westwinde der Hauptgrund für den ungewöhnlich langen Aufenthalt sind - insgesamt waren wir vom 27 Augus bis 9. Oktober sechs Wochen in Gibraltar - so ist mir die Zeit überhaupt nicht lang vorgekommen. Sie war so angefüllt mit Aktivitäten, dass ich nichtmal Muße dazu hatte Briefe zu schreiben oder ein größeres Buch zu lesen. Übrigens war Niggi Mitglied in der Leihbücherei, was unseren Lesevorrat zusätzlich geschont hat.
Das Wetter ist heuer, statistisch verbürgt, besonders schlecht; im sonst regenfreien September hatten wir drei gewitterreiche Fronten. Am 9. Oktober gingen wir in Erwartung einer besonders bösen Front, die das Ausharren auf dem Ankerplatz u. U. unmöglich hätten machen können, nach Algeciras. Danach einen Tag in eine Bucht.
Der zwölfte Oktober, der Tag an dem wir endlich entgültig aus dem Bannkreis Gibraltars ausbrachen, brachte mir einen unerwarteten seglerischen Erfolg, mit anschliessendem Dämpfer, der das Bild wieder gerade rückte.
Wir brachen zeitig am Morgen auf um die richtige Gezeit zu erwischen. Die Strömungen in der Strasse von Gibraltar verlaufen in Zonen. Ganz in der Mitte fliesst ständig Wasser vom Atlantik ins Mittelmeer. Diese Strömung ändert sich kaum. Nahe am europäischen und am afrikanischen befinden sich zwei weitere Zonen. In diesen setzen Gezeitenströme ost und westwärts. In der Nähe der Ufer beginnen sie eher und setzen stärker, in der Nähe der Ostwärts fliessenden Mitte beginnen sie später und erreichen eine geringere Geschwindigkeit.
Als wir nun in die Strasse hinaussegelten wurde Heizari wieder einmal in kürzester Zeit von allen Booten überholt, die auch nur irgendwie in Sichtweite waren. Was mich mit der üblichen von Pessimismus überhauchten dumpfen Wut erfüllte. Das einzige, was ich tun konnte, um mit den andern halbwegs mitzuhalten, war, die ufernahe Strömungszone auszunutzen. Wir segelten daher auf das Ufer zu und hielten uns innerhalb einer von Strudeln, Kabbelwasser und Stromschnellen gekennzeichneten Trennungslinie.
Das war so erfolgreich, dass wir innerhalb kürzester Zeit alle überholten, auch die grössten Boote und ihnen mit affenartiger Geschwindigkeit - geradezu voranrasten. Als diese daraufhin zum Ufer schwenkten zog Heizari einen Rattenschwanz der verschiedensten Yachten hinter sich her; - ein ungewohnter Anblick.
Dann, bei Tarifa schwenkten wir wie es der Pilot empfiehlt nach Südwest ab um die Strasse zu überqueren und Tanger anzulaufen. Und ebenso plötzlich, wie wir davongezogen waren - wusch - zischten die anderen an uns vorbei und während sie ihren Kurs noch gut halten konnten, quälte sich Heizari mit einer solch krank machenden Langsamkeit durchs Wasser, dass wir von der Strömung sogar ein Stück nach Osten zurück getragen wurden.
Es wurde doch noch eine gute Ueberfahrt. Am afrikanischen Ufer erwischten wir eine starke Westströmung. Schneller als erwartei erreichten wir die Bai von Tanger und bei ersterbenden Wind glitten wir in der späten Nachmittagssonne vorbei an den Felsen, die weiss wie eine Moschee das weitreichende Leuchtfeuert tragen, auf die im Gegenlicht liegende Silhouette von Tanger zu.
Der erste Landgang war quälend, mit den Führern, die den Neuling wittern und dich nicht mehr los lassen. Wo du wie in einem Spiessrutenlauf nervös zwischen den Leuten herumirrst und garantiert in einem abgelegenen Wohnquartier landest, - wo du dich noch mehr fehl am Platz fühlst und mit schafköpfigen Grinsen zurücktappst. Wie froh war ich als wir den ersten Rundgang ohne grösseren Fauxpas und Ausgaben absolviert hatten und uns in der abgesperrten Hafenzone auf dem Scniff verstecken konnten.
Von da an wurde es mit jedem Landgang leichter. Jedesmal lernten wir einen neuen Kniff dazu und wenn es auch noch nicht dasselbe ist wie auf der Bahnhofsstrasse spazieren zu gehen, entspannungsweise meine ich, so bin ich nun soweit, mich für das Gesehene zu interessieren und nicht nur für meine Ängste.
Doch Marokko und Afrika betreffen mich momentan nur am Rande. Ich mag mich mit nichts auseinandersetzen, was mehr als nur eine gelegentliche Aufmerksamkeit erfordert. Mir steht viel mehr der Atlantik, die Canaren, die Überfahrt in den Geist geschrieben, - und in der Ferne die Antillen.
Wir lauschten also täglich, ängstlich dem Wetterbericht. Natürlich gab es wieder Tiefs und Fronten und falsche Winde zu Hauf. Von den Azoren zog ein Tief nach England um das Land zu verwüsten. Uns brachte es Böen und strömenden Regen und einen weiteren Tag im Hafen.
Am 17. Oktober haben wir es dann wieder versucht. Raus aus Tanger, raus aus der Straße von Gibraltar, raus in den Atlantik. Vierundzwanzig Stunden trieb uns ein steifer Ostwind an. Dann war's wieder vorbei. Der Wind kam mal aus Süd, aus Südwest, aus West. Ängstlich versuchten wir, weiter nach Süden zu kommen, den fünfunddreißigsten Breitengrad zu überschreiten, denn hier schien sowas wie eine Trennungslinie zum schlechten Wetter zu sein.
Zu allem hatte Niggi noch einen Virus erwischt und kamm aus Brechen und Durchfall gar nicht mehr raus.
Das war so schlimm, dass wir uns entschlossen Casablanca anzulaufen. Vier Tage waren wir unterwegs (ein normales Schiff braucht zwei bis drei Tage) dann liefen wir an einem diesigen Morgen ein. - Und hier sind wir, drei Tage später, immer noch, denn es regnet wieder und momentan gibt es überhaupt keinen Wind. Immerhin haben wir den Vierunddreissigsten Breitengrad unterschritten und wir sind froh um jede Meile, die uns weiter von den Störungen des Nordatlantiks fortbringt.
Casablanca ist wieder ein sehr europäisches Marokko (wie ich vermute, ein anderes kenne ich ja nicht). Aber hier sind Touristen selten. Hier sind wir wirklich Fremde. Zum ersten Mal gibt es mehr Geschäfte für Einheimische als für Touristen. Die Blicke sind neugierig, die Händler viel weniger aufdringlich. Und wenn man schaut, nicht zu aufdringlich, mehr aus den Augenwinkel, kann man vielleicht wirklich etwas Neues sehen, nicht etwas, das zehn Mal in zehn mal zehn Prospekten und Reisebeschreibungen vorgekaut wurde.
Die grössen Reisebüros und -Gesellschaften sind mehr auf die arabische Welt ausgerichtet als auf die europäische. In den Geschäften der alten Medina werden vor allem Jeans, Lederjacken Schuhe und Taschen verkauft. Neben tausenderlei anderem natürlich. Früchte und Gemüse sind viel teuerer als in Tanger. Mehr Frauen als in Tanger sind europäisch gekleidet. Aber die Kaffeehäuser sind ausschliesslich von Männern okupiert.
In keinem Geschäft sieht man die schönen Kaftans, die die Frauen auf der Strasse anhaben. Die sind alle giftgrün und zuckerlrosa mit Goldbordüren.
Da ist der Markt, wo die Leute anscheinend ihr letztes paar Hosen verkaufen, am Strassenrand sitzen Handwerker mit ihrem Geräten und bieten sich selbst an. Es gibt Dattelstände rnit zwanzig Sorten Datteln und Imbissbuden mit safrangelb gefärbten Hühnchen.
Am fünfundzwanzigten Oktober machten wir uns wieder auf den Weg. Pläne Niggis Heimfahrt betreffend haben sich in dem ruhigen Hafen wieder verflüchtigt. Es ist erstaunlich wie schnell wir die Rauheit der See und die Unbequemlichkeit der Ueberfahrt vergessen.
Wir brechen mit einem günstigen Wetterbericht auf. Aber der gute Wind hält nur etwa zwölf Stunden. Dann bekommen wir in auf die Nase. Leicht allerdings und noch so, dass wir den Kurs halten können. Am nächsten Tag legt er dann zu. Bei jeder Windstärke mehr denke ich, dass das jetzt sicher das Maximum sei, aber es wird doch immer noch mehr. Bis Mittags fahren wir dann unter Sturmfock und dem stark gerefften Grossegel. Gegenan.
Heizari stampft in den Wellen. Die Spray wäscht über das Schiff. Unter Deck fliegt Niggi in der Koje umher. Sie ist wieder "tot". Ihr angeschlagener Magen hält das nicht aus. Ich sitze angegurtet im Kockpit und wundere mich über den Wetterbericht.
Jedesmal wenn der Bug in die Wellen einsetzt, fliegt die Gischt waagerecht weg, der Schaum bildet parallele Bahnen auf den Wellen, die Böen peitschen den Regen links und rechts ums Boot, die See ist aufgewühlt und schäumt und tost; in der Takelage heult der Sturm.
Während auch grosse Fischerboote auf den Wellen aufs und abtanzen ziehen die Frachter unbeeindruckt dem Unwetter entgegen. Ich rufe einen auf UKW an und frage nach dem Wetterbericht. Die Windrichtung stimmt, die angesagte Stärke ist drei bis vier, wir haben sieben oder mehr.
Nun, alles geht vorbei, in der Nacht flaut der Wind ab. Am nächsten Morgen kommt er aus einem günstigen Quadrten. Es folgen drei Tage schnellen Segelns. Anfangs noch schrecklich unruhig, so dass das ewige Angeklammere zur Qual wird, aber mit neunundneunzig Meilen in vierundzwanzig Stunden wird es bisheriger Record, dann, als der Seegang nachlässt, , endlich zwei ruhige Tage zum Erholen. Dannach kormmt der Wind wieder von vorne.
Am siebenten Tag, wir tümpeln krankmachend langsam Lanzarote entgegen, zieht sich der Himmel im Westen mit einer dicken, wattigen Wolkenmasse ein, die abends eine erstickende bleigraue Farbung annimmt. Wind und Barometer aber verraten nichts von einer Wetteränderung. Die Anzeichen sind wiedersprüchlich und da unser Radio in Gibraltar bei der ReparaLur ist, haben wir keine anderen Wetterinformationen.
Ich werde so neurotisch ob der Unsicherheit, dass ich keine Minute mehr ruhig sitzen kann; ich kann nicht schlafen, mich nicht entspannen; die Ungewissheit macht mich wahnsinnig.
Schliesslich rufe ich die Küstenfunkstelle Lanzarote an und erbitte, obwohl dass nicht zu ihrem Service gehört, einen Wetterbericht. Den bekomme ich auch, sogar umsonst, und er ist schlecht, ziemlich schlecht; es wird wieder blasen, und zwar von vorn.
Wir holen die Segel so dicht es geht, werfen den Motor an und pressen, so schnell es geht, gegen (noch leichten) Wind und Wellen. Um drei Uhr morgens langen wir vor Arecife an. Mit dem SatNav tasten wir uns langsam an den schlecht beleuchteten, von Klippen gesäumten Hafen heran.
Seit zwei Stunden ist Notverkehr auf UKW Kanal 16; von einem Boot, das auf Felsen gelaufen ist. Wir können die Position nicht ausmachen, aber es sind offenkundig andere Boote bereits zu Hilfe geeilt.
Wir brauchen zwei Stunden, den in den äusseren Hafen und dann nochmals eine bis wir die Lichter des gebaggerten Kanals in den inneren Hafen eindeutig identifiziert haben. Es ist nicht mehr lang zum Morgengrauen als wir am erstbesten Fischerboot längsseits gehen. Wir sind angekommen, nach sieben Tagen.
Wie angesagt gab es an diesem und den folgenden Tagen Südwestwind, teilweise bis Sturmstärke. Wir lagen vor zwei Ankern und jedesmal, wenn ein neuer Regenguss niederprasselte, steckten wir den Kopf unter der Decke, schier in Ekstase vor Erleichterung in einem sicheren Hafen zu sein.
Und das wär‘s bisher. Wir schreiben den neunten November. Niggis Magen ist entgültig im Eck; sie geht morgen zurück in die Schweiz. Ich gehe danach nach Gran Canaria. Abhängig davon ob ich die Sache mit der schweizer Arbeitserlaubnis schieben kann oder nicht gehe ich dann nach Zürich oder weiter zu den Kap Verden."
10.11. 87
Niggi fährt heim. Mit dem Flugzeug nach Madrid, von dort mit dem Zug über Barcelona und Genf. Talgo 176 (im Fahrplan blau Nr. 200) ab Madrid-Chamartin 2300, an Barcelona-Sans 0809, ab Barcelona 0950, an Ginebra 1949, ab Genf letzter Zug 2157.
Hole mit Kanister 60 l Diesel und später 160 l Wasser. Der erste Abend allein am Boot fühlt sich etwas einsam an.
11.11.87
Kann mich zu nichts aufraffen. Schreibe Briefe an Hans und nach Baden.
12. 11.87
Nähe Segel fertig
1030 Anker auf; verliere den roten Kübel
1130 Wind NE 3 – 4 Bft. Setze Fock und Groß
1600 Punta Papagayo querab
1630 Motor an
1700 Porto Playa Blanco, längsseits griechischem Boot mit 2 Bernern; "Aeolus" ist ebenfalls hier (aber nicht mehr die zwei deutschen "Schiffsstopperinnen"); Motor 1.5/60.5
13. 11. 87
0830 Leinen los. Pto. Playa Blanca; es steht ein kreftiger Wind auf den Anlegeplatz, beim Lossegeln breche ich den Flaggenstock ab.
0930 Motor aus, Fock Wind E 5 Bft.; versuche ein Telefongespräch nach Zürich anzumelden, funktioniert nicht.
1000 Wind lässt etwas nach, setze den Blister
1400 Telefoniere mit Niggis Vater, Arrecife Radio Kanal 16/25, 3 Minuten. Wind immer 2 - 4, N - NE, ruhiger Tag und auch eine ruhige Nacht; fühle mich trotzdem mies.
14. 11. 87
0400 15 sm vor Las Palmas de Gran Canaria
0600 wechsle Blister gegen Groß
0700 Motor an, wenig Wind, Kreuzseen
0900 vor Anker in Las Plamas; alle da, "Glayva", "Coupidon", "Tamboo" (ich glaube, das war ein Australischer Freund von Tony und Mia, der mit "Give me some Madeira, ma dear"); Hafen sehr ölig, wie man das schon immer gehört hat. Motor 3/63.5
17. 11. 87
Motor 0.5/64
19. 11. 87
Telefongespräch mit Hans. Entscheide mich, vor der Überquerung nach Zürich zu gehen.
20. 11. 87
Motor 1/65
22. 11. 87
Winde waren in der vergangenen Woche zuerst aus NE, dann überwiegend aus SE; in der nacht auf Freitag den 20. ziemlich stark mit 5 bis 6 Bft. Jetzt aus E, 1 Bft.
23. 11. 87
Telefoniere mit Red House (9567/70919), Radio immer noch nicht fertig. Reinige Freibord und Dinghy; ca um 1700 fährt "Glayva" ab. Ich würde am liebsten sofort hinterher; Wind NE 1 bis 2 Bft. Tony steuert 18°N 40°W an. (Im Rückblick war das der Moment, wo ich einer Antlantiküberquerung am nächsten war, innerlich am meisten dazu bereit).
25. 11. 87
Gehe vom Ankerplatz in den Yacht-Hafen, Pontoon 5, Platz 92
26. 11. 87
Räume Schiff auf. Kann mich mit den Leuten von der Marina nicht einigen - sie wollen mich erst reinlassen, wenn Samstag (28.) der 2. Teil des ARC (eine Art massenhafte Transatlantik Familien-Regatta) gestartet ist. Ich bleibe trotzdem auf Platz 92.
27. 11. 87
Verlasse "Heizari" 0700 morgens gut angebunden, Motor gespült wie im Handbuch beschrieben, Ventile außer Cockpit-Ventil geschlossen. Motor 3/68
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