Gascogne

- das Land im Südwesten Frankreichs zwischen Bordeaux, Pyrenäen und Toulouse mit der historischen Hauptstadt Auch ('osch'). Ein Land sanfter Hügel, Weizenfelder, Herden weißer Rinder, kleiner, dunkelgrüner Flüsse und jener 'Vignobles', aus denen der Armagnac gewonnen wird. Es ist heute ein ruhiges Land, das mehr von der Landwirtschaft als dem Fremdenverkehr bestimmt wird. Seine Vergangenheit wurde zeitweilig von heftigeren Bewegungen geprägt, als die der meist inländischen, sonst aus Holland und Belgien stammenden Urlauber. Von der Völkerwanderung, von den Albigenserkriegen - in deren Zug nicht nur die Häresie der Kartharer ausgerottet wurde, sondern auch die Einverleibung Südfrankreichs in die französische Krone eingeleitet - und von den Pilgerströmen nach Santiago de Compostela im Nordwesten Spaniens, die von einer ganz Europa erfassenden Leidenschaft ergriffen waren, dem Jakobskult, der Sehnsucht, das irdische Leben schon ihm Diesseits abzustreifen und sich auf der großen Wanderschaft zu Gott zu begeben. Die Pilger waren so zahlreich, daß sie in den Landschaften, die sie durchzogen, zu unzähligen Bauten Anlaß gaben. Die Zeugnisse des Mittelalters sind manigfach in der Gascogne und manche haben ein wenig der mysthischen Atmosphäre bewahrt.

Die Gascogne bildete einen Teil der römischen Provinz Aquitania. Der Name stammt von den Vascones, Basken, die im 6. Jhdt. den Westgoten auswichen. Damit ist es eine Region, in der der Anteil an der europäischen 'Urbevölkerung' höher ist als anderswo. In fränkischer Zeit ein eigenens Herzogtum, fiel sie im 11. Jhdt. an Aquitanien und nach dem hundertjährigen Krieg 1453 an die franz. Krone.

Sie schließt die Landes ('laund') ein - ein niedriges 14000 Qkm großes eintönig mit Pinien bestandenes Gebiet, das von der Biscayaküste 80 km weit in das Landesinnere hineinreicht. Ursprünglich waren da nur Sanddünen und magere, dürre Büsche, bis Ende des 18. Jhdts. mit der Aufforstung begonnen wurde. Im Norden grenzt die Gascogne an die Gironde und an das Garonne-Tal, im Süden reicht sie in das Vorland der Pyrenäen. Die 'Collin d'Armagnac' bilden das Kerngebiet im heutigen Departement Gers ('schers'). Und auch heute noch ist Auch die Hautstadt, der Sitz der Departementsverwaltung.

Bourgogne

Burgund, nach dem germanischen Stamm der Burgunder benannt, die im 5. Jhdt. hier angesiedelt wurden. Die heutige Region umfaßt ein Gebiet von 30 Tausend Qkm (zum Vergleich, NÖ 20 Tausend Qkm) um die Hauptstadt Dijon von der Saone bis zur Loire und an die Isle de France (das Gebiet um Paris). Va. Landwirtschaft und Weinbau.

Burgunderwein. - Zum Teil sehr berühmte Rot- und Weißweine. Umfaßt die Gebiete Chablis, Cote de Beaune, Beaujolais und andere. Burgunder im engeren Sinne sind die Weine aus dem Gebiet um Beaune. Hier haben 27 Orte eigene A.C. Bezeichnungen (Appelation Controllee). 30 sind als Große Weine, Grand Crûs, klassifiziert. Die klassischen roten Burgunderweine werden aus Spätburgundertrauben, Pinot Noir, gewonnen. Für die hohen Qualitäten der Weißweine (Meursault, Montrachet, Chablis, ea.) werden Chardonnay­trauben verwendet. Es gibt 110 A.C. in denen jährlich höchsten je 50 hl. erzeugt werden dürfen. 75% Rotweine stehen 20% Weißweinen gegenüber, 40% entfallen auf Beaujolais und 11% auf den Burgunder der Cote d'Or (Quellen Brockhaus, Dohmke/Aquitanien)

Reiseroute, Kalender:

Mi.10 Baden - München - Leutkirch, Hotel Linde (D, zwischen München und Lindau)
Do.11 Leutkirch - Schaffhausen - Basel - Altkirch, Auberge Sundgovienne (F, vor Belfort)
Fr.12 Altkirch - Beaune - Limoge - Perigueux - Bergerac (Camping a la ferme, 16 km vor Bergerac)
Sa.13 Bergerac - Mimizan (Camping)
So.14 Mimizan - Monte de Marsan - Eauze - Aire/Ardour (Logis d. F.)
Mo.15 Air/Ardour - Oloron (Pyrenäen) - Orthez - Pau - Miélan (Camping)
Di.16 Miélan, Ruhetag
Mi.17 Miélan, Tillac - Marciac - Bassoues
Do.18 Miélan, Mirande - alte Mühle  - Castelneau Barbarens - Boulaur - Saramon - Simorre 
Fr.19 Miélan, Ruhetag
Sa.20 Miélan, St. Arailles, Vic Fezensac, Château Casseigne, Condom, Flaran
So.21 Miélan, Einkauf, Ruhetag
Mo.22 Miélan - Montauban - Rodez - Clermont Ferrand - Bourbon Lancy - Lucy (vor Autun; Logis de France)
Di.23 Autun - Orches (Chambre d'Hôtes, famille Phillipe Raby)
Mi.24 Orches, St.Romain le Haut, Beaune
Do.25 Orches, Nolay, Bout du Monde
Fr.26 Beaune - Mühlhaus - Basel - Zürich - Innsbruck - Rosenheim - ... Baden

 

  

 

  

 

Mittwoch 10. Juli 1996

Seit zwei Tagen steht ein Zelt (unseres), gestern schon ein zweites, von Peter Kramer, in unserem Garten. Wir wissen noch nicht genau wann, wohin, und mit welchem Zelt wir reisen. Wetter ist einfach miserabel! Dauernd regnet es. Gestern waren wir noch am Traiskirchner Großheurigen frieren.

Heute wollen wir so gegen 1000 abfahren. Schön langsam wird es 1300 - ganz ohne Hektik. Wir nehmen das Kramer Zelt, obwohl es furchtbar dreckig ist, weil es eine Apsis hat. Auch haben wir eine Doppelluftmatratze gekauft. Der erste Aufblasversuch scheiterte am offenen Stöpsel am anderen Ende. Dann aber läßt sie sich schön hart aufpumpen und kaum, aber doch ins Zelt stopfen. Wegen der herbstlichen Temperaturen nehmen wir 2 Steppdecken, 2 Wolldecken und 2 Daunendecken mit und unwahrscheinlich viel anderes Zeug. Ich habe das Gefühl, daß sich Hermanns Nackenhaare im Anbetracht der ständig wachsenden Gepäckhaufen in der Halle zu sträuben und kräuseln beginnen. Er ist aber ziemlich gelassen. Nach einem entspannenden Vollbad beginnen wir unsere Reise um 1330 MESZ bei Nieselregen. Der wird ständig stärker, oft schüttet es geradezu. Rast bei Ansfelden aus der Proviantkiste. Dann, kurz vor Rosenheim, beschließen wir Österreich und die Schweiz zu umfahren und wenden uns nach München Richtung Memmingen -> Lindau. (Chiemsee - Wolkenbrüche wie immer). In München ziemlich viel Verkehr mit massiven Stautendenzen - aber nicht so wirklich Stau. Löst sich nach München schnell auf. Landschaft recht schön mit sehr viel Wald. Die Autobahn mehrfach unterbrochen, aber immerhin Autobahncharakter.

Beim Wienerwald in Lechwiesen Abendessen und Tanken. Mich trifft totales Baffsein - mein Beautycase mit allem ist zuhause im Bad! Schon wieder regnet es, es wird auch Zeit, sich zur Nacht zu betten. Kein "gemütliches Landgasthaus mit günstigem Zimmer" zu finden. - Wirtshäuser gibts auch nicht, dann eines , wo wir Auskunft erhalten. Ca. 25 km vor Kempten (wohin wir gar nicht wollen) finden wir im Hotel Gasthof "Zur Linde" Quartier. Sehr schön und gepflegt, aber 130 DM! Ich kann mich nicht gescheit frisieren, eigentlich auch nicht duschen, weil kein Gummiringerl, und morgens auch nicht anmalen - es ist fast fürchterlich. Das Auto steht vollbepackt und einsam am Straßenrand. Hoffenlich noch bis zur Weiterreise.

Donnerstag 11. Juli 1996

Wir haben in Leutkirch geschlafen. Gar nicht so schlecht, aber das Bett ist eigentlich zu weich für uns. Morgentoilette ohne allem nur Wasser und Seife - geht auch. Ich schaue mich einfach nicht in den Spiegel.

Nach dem Frühstück wollen wir abreisen, haben aber leider den Autoschlüssel verschludert und zwar völlig und absolut unauffindbar. Hermann ärgert sich ein bisserl, what shall's - wir haben einen Reserveschlüssel mit. Gehen sicherheitshalber aufs Fundbüro und lernen so die sehr gepflegte und schöne Kleinstadt kennen. In einem Drogeriemarkt ersetzen wir die daheimgelassenen Toilettsachen, zum Teil wenigstens, auch ein paar überflüssige Sachen werden mitgenommen. Fundbüro ergebnislos, wie zu erwarten.

Dann aber geht es weiter Richtung Bodensee. Kurz vor Schaffhausen 1. Jause (am Bodensee, Rastplatz an der Autoschnellstraße an eine abfallenden Stelle bevor man zu der kleinen Barockkirche und nach Überlingen kommt, Steintische, Klo). Schöne Gegend. In Schaffhausen Besichtigung des Rheinfalls - beeindruckend. Wir erstehen einen Campingkocher, weil für unser altes Modell keine Gaskartusche mehr erhältlich. Hermann berät den Fachberater und ist schließlich von der Güte und Brauchbarkeit des Gerätes überzeugt.


Leutkirch; Rheinfall

Den Bodensee verlassend folgen wir dem Rhein und gelangen wieder auf Deutsches Gebiet. Über Lörrach und NW-lich an Basel vorbei passieren wir den unbesetzten deutsch-französischen Grenzübergang, verlassen wieder die Autobahn und nehmen bald einen Imbiß auf einem recht netten Rastplatz an einem Rübenfeld, bestanden mit Kirschbäumen. Das Wetter ist den ganzen Tag schon sehr angenehm - warm und sonnig.

Gegen 1730 machen wir Halt nach Altkirch unser heutiges Etappenziel ( - eigentlich Nicht-Ziel, weil wir keines haben). "Auberge Sundgovienne" an der Autostraße nach Belfort. Schaut recht nett aus. Das Zimmer mit D/WC paßt uns. Wir wollen uns eigentlich nur noch duschen und umziehen und dann auf der Terrasse etwas zu uns nehmen. Was wir somit auch tun. Hermann plant die Weiterreise mit strategischen Überlegungen und Verwendung aller vorhandenen Unterlagen - Karten und Reiseführer: Belfort - Beaune - Autun - Montluçon - Limoges - Perigueux - Bergerac oder St. Etienne - Aurillac - Cahors - . Abendessen in der Auberge: Cabeljau/Hühnersalat, Kalbfleisch - gut. Noch ein Spaziergang zwischen Wäldchen und Feldern - Nacktschnecken. - Gut geschlafen,  Zimmer hinten hinaus, kühl und angenehm ruhig.

Freitag 12. Juli 1996

Aufbruch um 900 Uhr, wollen km machen und möglichst in die Nähe von Bergerac kommen. Canal Rhone du Rhin, Schleuse beobachtet, Vignobles, Chateaux, Poteries. Wunderbare Landschaft bis kurz nach Autun - schöne Stadt; Rast unter großer Esche.

Dann eigentlich eintönig Richtung Montluçon. Einmal biegen wir falsch ab und gelangen auf die sehr schmale und entlegene alte Pilgerstraße (zwischen Montluçon und Gueret auf die E62 und dann auf ganz kleine C-Straßen). Sind bald wieder auf "unserem" Weg und passieren Limoges (in der Gegend sehr viel Porzellanherstellung). Hermann hat am linken Unterarm einen Sonnenbrand. Wir hören eine Rudikasette und "fliegen" nach Perigueux - sehr eigenartiges Haus mit Steinfassade und eine Kirche mit vielen Kuppeltürmen. Dann erreichen wir schon bald - nach St. Marmet - einen Camping a la Ferme. Sehr abgelegen, sauber und nett. - Keine Zigarretten! Köstlichen "Bergerac" und etwas Käse, dann unsere 1. Nacht im Zelt. Beim Anblick des Großen Wagens schlafen wir bald ein.


Canal, Esche, Camping a la Ferme

Samstag 13. Juli 1996

Gut ausgeruht räumen wir nach dem Frühstück unser ziemlich feucht gewordenes Zeug ein und machen uns auf nach Bergerac. Hier ist ein ungeheures Getümmel am Markt rund um die Kathedrale. Es wird alles angeboten, was Meer, Feld und Garten zu bieten haben. 


Bergerac (1-3); Mimizan

Nach Marmande - Mittagessen bei "Routier" (Auto in der Sonne, Speisesaal im "Keller", Poulet roti, gedünstetes Herz). In der Sonne ganz schön heiß, Luft noch kühl. Nach Roquefort wenden wir uns endgültig nach Westen. Um 1530 erreichen wir Mimizan-Plage, Camping Municipal.

Wo ist das Meer? Hinter den Dünen. Der Platz ist sehr voll. Wir stapfen an den Strand, nachdem unser Zelt steht. Millionen Leute. H. ist gar nicht begeistert, ich auch nicht. Jetzt einmal säubern und dann rekognoszieren. Photoausstellung besucht (sehr hohes Niveau, kein einziges amateurhaftes Bild, bin aber zu müde und ärgerlich wegen des Strandbetriebs, um die Ausstellung wirklich aufzunehmen). Schaut überall gleich aus, Pinien, Pinien, Farne. Die ganze Küste (Aufforstungsgebiet aus dem 18. Jhdt.) scheint eingezäunt und alle paar km ein Zugang, bzw. eine Zufahrt zum Strand - nervtötend. Unsere Nachbarn gehen uns ebenfalls auf die Nerven, sie sind viel zu laut. Dann gewinnen wir dem Umstand doch noch die positive Seite ab und sitzen als stille Beobachter vor unserem Zelt.  Unwahrscheinlich was die Jungen aufführen um anzubandeln, abzureisen oder auszugehen.

Um dem Wirbel auszuweichen gehen wir nochmals ans Meer. Es ist Ebbe, sehr finster, vereinzelt Strandtrüppchen am Feuer oder an noch dunkleren Schatten auszunehmen. -Viele Sterne werden sichtbar. Schließlich verbringen wir doch eine halbwegs angenehme Nacht, die 2. im Zelt.

Sonntag 14. Juli 1996

In der Früh ist es kühl und feucht. Die Jugendlichen sind ruhiggestellt. Zwei Frauen mit vier kleinen Kindern in zwei kleinen Zelten geben erste Lebenszeichen von sich. Wir beschließen sofort, noch vor dem Frühstück, aufzubrechen, nach Süden, um nun doch noch in unser Zielgebiet, die Gascogne zu kommen.

Frühstück unterwegs. Das WC ist beeindruckend. Eine Hündin will mit. Unser Weg führt von Bias nach Morcenx, Mont de Marsan, weiter nach Etang und Eauze -> Bier, Menth-a-l'Eau (scheußlich), Armagnac im Straßencafe (4-wheel d.-cars). Wir suchen dabei "gelbe" Staßen mit grüner ( = Farnkraut) Linierung und sind bemüht "rote" Ns zu vermeiden. Irgendwo kommen wir an einem Gänse (Enten?) Gehege vorbei. Das arme Federvihe hechelt unter der sengenden Mittagssonne und läßt sich kaum in Bewegung bringen. Gegen 1500 gelangen wir in ein apathisch vor sich hinbrütendes Städtchen - Aire s. l'Adour. Ein Campingplatz am Fluß hat unsere Fahrt gebremst. Zigeuner lagern am Parkplatz davor. Drei Pferdewagen mit Kutschern warten vergeblich auf Kundschaft.

Wir nehmen in einem Hotel (Garni) Quartier, es hat ein Piscine. Wir scheinen die einzigen Gäste zu sein, was nicht sehr behaglich wirkt, aber das Zimmer mit B/WC ist sauber, wenn auch sehr klein und wenig gemütlich - neu. Das Fenster zeigt nach hinten auf den Fluß, den Campingplatz und das Zigeunerlager. Wir kühlen uns im Bassin ab, lagern einige Zeit im spärlichen Schatten. Es erscheint ein zweiter Gast, ein mittelalter, häßlicher Mann.

Später hören wir, daß Deutsche angekomen sind. Sie baden laut. Wir gehen aufs Zimmer und so gegen 1900 machen wir einen Stadtrundgang. Schade um die Schuhsohlen. Die Pferdewagen sind weg, der Ort scheint ausgestorben. In einem recht gepflegt wirkenden Cafe-Post trinken wir Bier und entscheiden uns auch zu essen. Cassolet du Canard, Ente in Bohnensauce, Salade Niçoise - werden vom volltrunkenen Kellner mit blutunterlaufenen Säuferaugen serviert - gerade genießbar. Der Wein aber und der Obst (Apfel) Kuchen sind ausgezeichnet. Der Mustergarçon läßt sich nicht davon abhalten, uns Kaffee zu bringen.Dann verrechnet er sich auch noch zu seinen Gunsten und zu unseren Ungusten, auf jeden Fall aber überhaupt. Wir lassen ihm 200 FF und geben ihm den Eindruck doch ein Geschäft gemacht zu haben, wenigstens fast, wenn man die Güte der Speisen nicht bewertet. Eine Fledervogelmaus kommt überraschend gelassen und nahe vorbei. Beim Überqueren des Ardour sehen wir dann die Sonne in unnatürlich kräftigem Pink hinter den Auwäldern des Flusses untergehen.

Die Nacht ist ruhig und heiß und ich wünsche mir im Zelt, also fast im Freien zu liegen und so der feuchten Kühle des Bodens näher zu sein. Immerhin habe ich einen sehr seltsamen aber netten Traum. - Wir sind irgendwo in der Märchenwelt, haben aber nicht, wie es von jemanden (etwas?) geplant war, Probleme, sondern ändern einfach die Märchen. Die Mutter vom Rumpelstilzchen ist ganz verzweifelt, weil es kein kürzeres Bein (?) mehr hat und daher freundlich und nett tanzt.

Montag 15. Juli 1996

Wir packen unsere 7 Sachen und fahren noch vor dem Frühstück weiter auf der N (!) 134 nach Pau. Unterwegs wird eingekauft und dann auf einem Parkplatz Kaffee gekocht (schon in den Vorbergen der Pyrenäen). Schattige brauchbare Parkplätze sind rar geworden. Die Straßenschilder sind oft unbrauchbar, weil nicht alle Orte auf unserer Karte eingetragen sind. Zu den größeren Ansiedlungen wiederum gibt es mehrere Wege. Straßennummern sind entweder auf den Schildern oder in der Karte, manchmal auf beiden, fallweise auf keinem von beiden zu finden.Immerhin ist die große Richtungsangabe 'Zaragoza' schon ständig vorhanden. Nach den Ortsdurchfahrten wird man mittels zahlloser Kreisverkehrsinseln  gekonnt verwirrt, sodaß wir manchmal nicht sofort auf den von uns gewählten 'Pfad' (gelb mit grün) kommen. Die Ortsnamen sind oft zweisprachig - baskisch? angegeben. Schließlich kommen wir nach Oloron St. Marie. Im Süden türmen sich die Pyrenäen auf - so plötzlich, so steil, so hoch - unerwartet. Raftingsportler gesichtet aber eigentlich nicht gesehen. H. macht "ein paar Fotos, wenigstens von einem Pyrenäenort".


Die Stadt Pau; ein Dorf in den Pyrenäen

Es ist auch hier sehr heiß, die Luft aber riecht schon nach Hochgebirge. Die Gebäude sind grau (in Oloron, später weiß), die näheren Erhöhungen eigentlich kahl, dh. oben ohne Bäume, weiter hinten zeigen sich Gipfel und Schneeflecken. Wir sind wieder auf dem 'Camino de Santiago' und wenden uns nach Westen (gelb-grün ohne Ns) über Aramits nach Mauleon-Licharre. Kurz davor passieren wir einen kleinen Ort, wo gerade Markttag ist. Wanderer sieht man hier, einen alten Mann mit Taschentuch auf dem Kopf, eigenartig anmutende, schöne Musik ist zu hören. Erst jetzt fühle ich mich 'ganz wo anders'. Es ist aber viel Verkehr, wenig Platz und ein Gedränge, sodaß keine rechte Lust zum Verweilen aufkommt. Wir sind beide ziemlich unzufrieden. Keiner sagt was er will, keiner weiß was der andere möchte. Alleine würde es jeder anders machen, aber wie genau ist zumindest mir nicht klar (mir auch nicht). Die Straßen sind eng und kurvig und mir ist heiß. Ich löse H. am Steuer ab, verfahre mich in Mauleon und krieche den Col d'Ospich hinauf. Der Motor ist sehr warm geworden. Kurz vor dem 'Gipfel' kommt uns auf der Straße eine Schafherde entgegen, der Hirte dahinter in einem hellblauen Auto (einer Diane). Sie bleiben auf ihrer Fahrbahnseite, der Verkehr scheint sie nicht zu irritieren (auf mich wirken sie recht aufgeregt  aber strikt abgerichtet vor dem Auto auf der einen Fahrbahnseite zu bleiben). In engen Serpentinen geht es wieder abwärts und dann durch das Tal des Bidouze auf der N933 (Camino d.S.) Richtung Orthez.

Die Berge haben wir wieder aus den Augen verloren. Eigentlich habe ich erwartet, daß H. ein oder zwei Tage in der Gegend verbringen möchte oder in die andere Richtung nach O. entlangzuckeln wollte (Die andere Richtung hätte über 1700 m und mehr hohe Pässe geführt, oder nach Lourdes, was wir wegen des zu erwartenden Wirbels vermeiden wollten. In den Bergen zu bleiben war nicht ganz, was wir beide wollten und es war nicht unser 'Zielgebiet'. Und außerdem bin ich grantig, wegen ein paar spöttischer Bemerkungen über die Berge. Bitte, dann eben keine Berge! Aber es ist nicht nur das. Die Gegend löst keine Neugier aus. Ich spüre nichts von der Weite ungezähmter Natur, oder von den Geheimnissen selten besuchter Bergtäler). - Anyway - wir machen an einem schattigen Platz (Streusandplatz) am Ufer eines kleinen Flüßchens unsere Mittagspause - Hosen runter - und erholen uns von der Fahrerei durch die Hitze. Eigenartigerweise ist das benötigte Zeug immer ganz unten oder ganz weit hinten im Kofferraum. Nur die Fressalien sind stets griffbereit.

H. fährt wieder selber. Von Orthez nach Pau zurück benutzen wir die Autobahn, danach nach Morlass und Vic-en-Bigorre, - wieder grünliniert. Die Hitze wird ziemlich belastend. Wasser, Schatten und Ruhe ist gefragt. All das bietet uns schon bald der Camping Miélan, wo wir um ca. 1700 anlangen. Wir erhalten den von uns gewünschten Zeltplatz - groß, schattig, nahe bei Waschräumen, See und Schwimmbad. Das Zelterl ist rasch aufgebaut, dann schwimmen im See. Das 1 x wird "gekocht" - gefüllte Paprika.

Der Platz ist sehr gepflegt, wenn auch nicht mehr neu. Ältere Paare, Familien und Kinder und eine Art Pfadfindergruppe mit 7 bis 10 Jährigen haben hier ihre Zelte und Wohnwagen aufgestellt. Dauercamper sind auch darunter. H. hat das Deckgewebe seiner Badehose am Beckenrand in Air/Adour gelassen!! Er trägt das Badetuch als Toga. Gegen 2200 wird es rasch ganz still, nur noch die Kröten und Frösche machen einen Höllenlärm. Sie haben die Vögel in den Staudenrotbuchen (später erfahren wir, daß es wilde Kriecherln sind) abgelöst. Es kühlt ab, und ich bin froh im offenen (!) Zelt übernachten zu können, wie schon zweimal bisher. Keine Angst vor Viehzeug oder Menschen. Ich kenne mich selber nicht mehr!

Im Anbetracht des Wetters bin ich lieber im Zelt, als in einer Auberge (momentan) obwohl ich mich ungepflegt und dauernd verschmuddelt fühle. - Keine passende Übersetzung für mein Reise­bügeleisen.

Dienstag 16. Juli 1996

Phantastisch geschlafen. Die Vögel wecken mich, und ein Traum, in dem ich so lachen muß, daß ich wach werde. - Ein Stier mit Taucherbrille spritzt sich selber unbeabsichtigt dickflüssige, dunkle Sauce (Teer, Schmieröl, Tinte?) ins Gesicht und ist fassungslos, weil er nichts mehr sieht. - Ich zerkugle mich über seine Verblüffung.

Der Vormittag verfliegt. Wir kochen Linsen mit Nudeln - zu viel. Es ist heiß, aber doch angenehm, vor allem das Bewußtsein, sich jederzeit abkühlen zu können! Lesen, schreiben, faulenzen. 'Milchkühlschrank' entwickelt, Topf, Wasser, saugendesn Tuch. Ich kann keinen Bikini mehr anziehen. Komme mir vor wie ein fetter, schwammiger, weißer Engerling. Also bleibe ich bedeckt und esse Wurst, Käse, Weißbrot, Mannerschnitten, Rotwein. Wer braucht schon einen Bikini?(B. hat immer noch eine Traumfigur verglichen mit dem schlaffen Mast­ochsen, der neben ihr herwallt). Ich habe ein Wimmerl am linken Daumen!

So fühlen wir uns heute recht wohl - am Zicksee mitten  im Coeur de Gascogne.

 Lesen bis es zu finster ist. Wir gehen zu Karaoke-Abend an die Bar. Alles gerammelt voll mit den Campern und den Kindergruppen. 2 Bauern aus der Umgebung sind auch da. Einer, dick, braungebrannt von der Arbeit im Freien steht gelassen und selbstzufrieden mit seiner selbstgedrehten Zigarette da. Sie klebt an der Unterlippe, wird nicht geraucht. Irgendwann während des Redens fällt sie ihm runter, - unbemerkt. Er dreht sich eine neue.

Alle haben Spaß, keiner muß sich hervortun. Erwachsene, Jugendliche und Kinder singen, - ausschließlich franz. Lieder. Hunde mitten drinnen, ohne Hysterie. Sobald wir bestellt haben, setzt sich der Garçon an die Bar und tut nichts mehr. Totale Gelassenheit ist angesagt, nicht Ignoranz der Gäste. Spät verlieren sich die Gäste, auch wir gehen. Es ist stockfinster am Weg - über uns funkeln unendlich viel Sterne, die Milchstraße ist als schimmernder Nebel auszunehmen. Mähdrescher sind zu hören. In der Nacht ist es weniger heiß.Wir verbringen eine herrliche Nacht - unsere zweite in Miélan.

Mittwoch 17. Juli 1996

Nach dem Frühstück - und überhaupt - brauchen wir ewig bis wir zu unserer Tour aufbrechen. Das Klo ist ständig besetzt, das Verlängern um 'un jour de plus' zieht sich hin, aber schließlich sind wir doch unterwegs. Wir orientieren uns ua. auch nach einer Regionalkarte "Gers - Gascogne - Armagnac" in einer Lokalzeitung für Gäste, die wir an der Rezeption gefunden haben. Schon nach wenigen km auf einer Nebenstraße kommen wir nach Tillac. Ich kann einfach nur staunen und in Entdeckerfreuden schwelgen, was für ein absolut gascognesisches Juwel wir hier - völlig unerwartet - gefunden haben. Ein Tordurchgang (ein Stadttorturm) hat uns zum Halten verführt. Dahinter verbirgt sich mein erstes "Aha-das-ist-es" -Erlebnis. Fachwerkhäuser, aber welche! Mit uralten, werwitterten Holzbalken für die Vorbauten (die vorgebauten 1. Stockwerke, die einheitlich drei Meter vorspringen) - und eine unwirklich, mystische Kirche. Holzdecke, gotisch anmutende Beichtstühle und Kanzel - aus Holz. Es ist etwas kühler drinnen. Panflötenmusik von irgendwoher untermalt die Erläuterungen über die Geschichte des Ortes und des Bauwerkes. Unaufdringlich - nicht Notre Dame triefend. H. ist noch draußen und macht Fotos. Ich sitze in der trotzdem-Stille und denke in mich. Ein Geräusch am Eingang. H.? Nein, ein kleines dunkeläugiges Mädchen kommt, setzt sich ganz nah zu mir. Sie berührt mich am Arm, zeigt mir ihren verletzten, mit rosa Tinktur beschmierten Zeigefinger, erklärt mir flüsternd, wie sie sich geschnitten hat und, daß das geweihte Wasser schon wirkt. H. hat sich still zu mir gesetzt. Jetzt wird das Kind etwas kokett - Absicht? Natur? Wir gehen. In einer Seitennische sind - ganz ungeschützt - alte Meßgewänder und ein Litaneibuch ausgestellt.


Tillac

Draußen "Taubenturm" mit durchlöcherten Steinen, das Vis-a-vis zum Torturm. Ein Rest der ursprünglichen Verbindung mit einer Art Stadtmauer ist noch erkennbar. Ich habe Kopfweh - schon seit dem Erwachen, aber es wird zugedeckt von meiner Neugier. Bier und Citro pressé, freundliche Bedienung, 2 Faltenhunde. - Wir fahren weiter.

Schöne, mehr oder weniger - eher mehr - gepflegte und sanft renovierte Bauerngehöfte mit anheimelden Holzkonstruktionen entlang der Straße. Eine Ruine auf einem Hügel läßt uns links abbiegen. Der Ort, die Kirche, der Friedhof wirken entäuschend vernachlässigt. Immerhin gibt es einen beeindruckenden Rundblick nach Osten - und vielleicht ein Panoramafoto?

Wir kommen nach Marciac. Eine größere Ansiedlung, eine Kleinstadt in der Mittagshitze. Kirche mit lichtdurchfluteter Empore und schönem Eisenluster. Ein Mann und eine Frau arragieren Blumen. Der Mann bekreuzigt sich ein halbes Dutzend Mal beim Rausgehen. In die Seitenschiffe eingezogene Halbstöcke. Mittagshitze. Marktstandler räumen ihre Waren weg. Auch Enten-und Hühnerküken sind zu kaufen gewesen. Unter den Arkaden - sie sind keine, aber doch auch wieder welche, vorgezogene Geschoße über das Erdgeschoß, das keine Mauern hat, womit es  draußen liegt, andererseits auch wieder drinnen ... wie auch immer - sitzt vor einem Restaurant eine Reisegruppe. Ich benutze das Klo und kann mir nicht die Hände waschen, weil ich den Hahn nicht finde. Einkaufen, Wein, Schinken, Käse in einem wenig attraktiven Laden mit ausgesucht höflichem 'Ladenhüter'. 'A votre service' Bedienung während der Mittagszeit. Wir haben in einer abgesperrten Straße geparkt, nächst der Kirche. Mit dem Karton voller Lebensmittel wollen wir noch den Konvent besichtigen. Der hohe Turm, der zweite neben dem der Kirche, sieht vielversprechend aus. Es ist einfach eine Schule mit einem Turnsaal hinter den mittelalterlich anmutenden Fenstern. Zurück zum Auto. Ein kleiner Vogel ist aus dem Nest gefallen. Er trinkt Wasser aus dem Taschentuch getröpfelt. Ob er überleben wird?

Rechts abbiegen nach Bassoues. Eine beeindruckende, ziegelgedeckte Holzkonstruktion über die Straße gebaut - eine Markthalle; die PKW nutzen ihren Schatten. Ein (mittelalterlicher Wohn- und Wehr-) Turm, ein Donjon, mit steinerner Wendeltreppe. Ich kann nicht hinauf; pochendes Kopfweh pflege ich im schattigen Innenhof; alles mit Holznägeln zusammengefügt. (Die Geschosse des Donjon enthalten Tafeln, auf denen verschiedene Aspekte des mittelalterlichen Lebens beschrieben sind. Man hat sich Mühe gegeben, aber eigentlich gibt der Turm nicht viel her. Die Aussicht vom vorletzten Geschoß ist alles andere als überwältigend; das letzte wird renoviert und ist nicht zugänglich.) In der Kirche steigt man Stufen hinunter, total ausgemalte Wände, ein Tragestuhl im Abgang. Die Kirche ist feucht, man sieht (am Übergang von Stirnwand und Dach) durch die Wand nach draußen. Lunch im Salon de Thé; originell, frisch, landesübliche Spezialitäten (Würstchen, Pastete, geräucherte Brust und in Fett eingemachte Keule, alles von Ente; am besten die Keule, am grauslichsten die Pastete), teuer. Der Apfelkuchen mit Schlagobers versöhnt mich. Cidre und jede Menge Wasser beseitigen schließlich die 'maladie de tête'. Verrückte Pfadfinder in der knallenden Hitze. Einer (der dickste und ganz schwarz gekleidet) scheint einen Kollaps zu haben. Irre. Montesquiou, L'Isle de Noé (wo wir einem verfallenden Schloß mit Pferde­renn­aus­stel­lung (k)einen Besuch abstatten) - es ist heiß - zurück nach Mirande und wieder Miélan. - Abkühlen, baden, unbeweglich herumsitzen, lesen. Grauenfraß von Dosenfutter, Rindsgulasch u. Fisolen - wie man so etwas essen kann!


Bassoues

Die "Dakerin" von J. Fernau nicht zu Ende gebracht. "Aquariumsliebe" begonnen. Gewitterstimmung läßt mich in Aufräumhektik verfallen. - Unbegründet, die Wolken verziehen sich wieder. Wilde 'prûnes' gegen Gummibärchen getauscht (und 'baisers' der hübschen, fünfjährigen Zwillinge). Es gibt das vertraut gewordene Vogelgezwitscher vor und das Kröten-/Froschkonzert nach Einbruch der Dämmerung. Keine Gelsen! Drinks an der Bar und wieder Sternengefunkel am Heimweg. Ich könnte stundenlang in den Himmel schauen. Man kann die Kühe hören, wie sie auf der Weide neben dem Weg das Gras abrupfen, sehen können wir sie nicht. Wir wollen morgen früher aufbrechen - und noch einen Tag verlängern.

Donnerstag 18. Juli 1996

Es ist kühler und feuchter als gestern. In Mirande erledigen wir Einkäufe und wechseln Geld um. Österreicher dürften sich kaum in diese Gegend verirren - wir haben auf der ganzen Reise erst einen gesehen, einen Mödlinger. Vor der Bank kippe ich vom Randstein und lande auf der Straße - nichts passiert. Wir kaufen Aspirin, Karten und eine Batterie für meine Kamera. (Alle unsere Kamerabatterien, die nun jahrelang gehalten haben, geben auf dieser Reise den Geist auf; später in Autun werde ich die für die M6 ersetzen müssen.) Ich habe jetzt doch Lust zu fotografieren. Ein alter Mann mit Baskenmütze lädt Brot in ein winziges "Mopedauto". Die Kirche ist von außen sehr beeindruckend mit ihrem angefügten Torbogen. - Innen eher nichtssagend. Man betritt sie durch eine Innenseitentür. Auffällig nur eine knieende Frauenfigur aus weißem Stein vor der Madonna; - Blumen - Kerzen. Demi-Pietons Schilder vor dem Bogendurchgang, irgendwie amüsiert mich das. Am Hauptplatz wird alles für ein bevorstehendes Countryfestival vorbereitet, sogar ein Salooneingang vor die Fassade eines Lokals gebaut. Treckwagen mit Katze und Hippies gesehen. Ein schönes Glockenspiel am Dach eines Hauses. H. goutiert Nicht-T-Shirt-Hemden. Detailkarte von der Gegend gefunden, IGN, die gewünschte. Zahlreiche Postkarten und Briefmarken gekauft.


Mirande

Die N21 Strecke ist öd. Vor Auch biegen wir rechts ab und kommen unmittelbar darauf nach Pavie am Gers. Wir halten nur kurz, um die alte Steinbrücke mit versetzt gegenüberliegenden Ausweichstellen anzuschauen. Zwei Ziehbrunnen stehen direkt am Flußufer. Wir verlassen jetzt auch die D929 und bummeln ostwärts. Wir sind hier sehr am Lande. Die Straßen sind gerade noch asphaltiert, sehr schmal und auf normalen Karten nicht eingezeichnet - so wie die Orte, an denen wir vorbeikommen, oft nur ein paar Häuser, auch nur ein Gehöft. - Der Name des Bauern steht dann auf einem schmalen, weißen Schild am Wegrand. Ein kleiner Umweg nach Castelneau-Barbarens führt uns in das schmale, schattige Flußtal des Arrats. Direkt an der D40 passieren wir ein grünüberwuchertes Gebäude. Wir wenden, nachdem wir bemerkt haben, daß hier Gästezimmer - Chambres d'Hôtes - angeboten werden.

Es ist eine alte Mühle noch aus der Zeit vor der Revolution. Ein dicklicher, schwarzer Hund kommt auf uns zu. Eine alte Dame, die Besitzerin, bittet uns einzutreten und die (für diesen Sommer ausgebuchten) Gästezimmer anzuschauen. Der ganze Komplex ist mit viel Liebe, Charme und Geschmack restauriert worden. Ein Fenster im Fußboden gibt den Blick frei auf die Wasserrinnen, die einst das Mühlrad angetrieben haben. Ein alter, dünner Mann sitzt an einem Tisch am Fenster und macht irgendwelche Abrechnungen. Er wirkt stumm, konzentriert und sehr in sich gekehrt, nicht aber wirklich abweisend, obwohl er von uns kaum Notiz nimmt.  (Er sitzt so bewegungslos, als ob er gelähmt wäre, als ob er sich duckt, bis die Eindringlinge weg sind.) Die drei Zimmer sind eigenartig möbliert, jedes anders, wirken anziehend und es tut mir leid, daß keines frei ist. Ich wäre hier gerne ein, zwei Tage geblieben, um das alte Haus und die zwei so verschiedenen und doch harmonierenden alten Menschen auf mich einwirken zu lassen. Nach einem Rundgang durch den Garten (Pferdeställe und Schwimmbecken) gehen wir wieder.

Der D40 folgend kommen wir nach Castelnau-Barbarens. Ein 'Künstler' bemüht sich hier, recht erfolgreich, ein altes Gebäude mit obskuren Schöpfungen und baulichen Zusätzen zu verunzieren. Steile Ziegeltreppen mit glühend heißen Eisengeländer in der Mitte führen uns zur alten Wehrkirche auf den Hügel. Eine Kapelle aus dem 11. und ein Donjon aus dem 15. Jhdt. Die Kirche ist gepflegter als sie aus der Ferne wirkt. Zwei Bildtafeln links vom Eingang machen auf die Umgestaltung des Innenraums aufmerksam. Der ehemalige Hochaltar wurde durch einen spartanischen Volksaltar ersetzt. Trotzdem wirkt hier nichts zeitgerecht anbiedernd wie in Mirande die weiße Fläche mit Kindermalereien. Die Legende zur Panoramaübersicht in der nach Süden gerichteten Ecke des Kirchengeländes berichtet von Besitzern, die vom 4. bis 17. Jhdt. die Herren des Landes waren. Bei klarem Wetter soll man von hier die Pyrenäen sehen, aber es ist zu dunstig.


Castelnau-Barbarens (1,2); Boulaur

Auf der D626 gelangen wir  - auf einer Anhöhe vorbei an einem schönen, verkümmernden Landgut, inmitten von in der Mittagshitze flirrenden Stoppelfeldern -  nach Boulaur. Eine Abtei - geschichtsträchtig, verfallend, nur mehr von außen imposant. Das Kloster ist in Betrieb, aber die Nonnen? Mönche? sind unfähig, die Anlage zu restaurieren oder zumindest den Verfall zu stoppen. Eine Holzbalustrade ist im hinteren Drittel der Kirche eingezogen. Absperrungen wegen Einsturzgefahr. Die Nässe, die vom Himmel kommt, läßt das Gotteshaus zur Ruine werden. Im Chor aufgelegte, zerschlissene Folianten zeugen von der sonst kaum merkbaren Anwesenheit der 8 - 9 Mönche (N.?). Die Achtlosigkeit im Umgang mit den alten Büchern scheint bezeichnend zu sein. Ist denen nichts wert, womit sie leben? Ich habe auch keine Hemmung den Klostergarten zu betreten, trotzt Verbotsschild, weil an dem Ort vielleicht 'ora' aber kein 'labora' zu spüren ist. Wer soviel Gleichgültigkeit gegenüber dem übernommenen Gut zeigt, verliert die Glaubwürdigkeit in den anderen Dingen. Wären hier nicht coole Geschäftsleute, die wissen wie man Geld macht, a la longue angebrachter? Modern, in manchem ungut, aber puncto Erhaltung sicher effizienter. Alles vermarkten, auch die bedeutsamen Dinge, ist widerlich. Es nicht zu tun, braucht Geldgeber, Mäzene, Sponsoren. Doch zuviel Kultur ist heute auf Sponsoren angewiesen. Soll dann nicht besser auch das Großartige vergehen? Wenn seine Zeit abgelaufen ist. Diese Abtei hängt jedenfalls an dem Geld,  zu dem alles drängt. "Ka Göd, ka Musi -" die Melodie von Boulaur verklingt. - Das Gitter aus Holz und die Drehlade bei der Pforte sind das Beeindruckenste für mich - schicksalsträchtig.

Weiter und nach rechts auf die D12 nach Saramon. H. leidet heute unter der Hitze mehr als ich. Haben wir doch noch eine Art zu reisen gefunden, die uns beiden zusagt? Für mich trifft das zu. Ich fühle mich gelöst von allem - ohnehin nur lose vorhandenen Verpflichtungen betreffend Kinder, Eltern, Freunde, Haushalt und natürlich Arbeit. Für mich paßt es. Ich lebe einfach und bin, wo ich gerade bin. Alles freiwillig, nichts erzwungen oder erwartet - Zeit spielt keine Rolle, nur zulassen und da sein. In der Fremde, unter Fremden zuhause sein, weil wir unser Zuhause mit uns haben, überall, wo wir zusammen sind.

Wir wollen etwas essen und trinken - Mittag längst vorüber ( - oder nicht?) An der Hauptstraße in Saramon ein Cafe du Commerce. Ein sehr französischer Patron informiert uns, daß wir im Restaurant essen können (Sandwiches auch hier, aber keinen Salat). Wir gehen um die Ecke und betreten das Lokal. 2 Tische besetzt, Männer die essen. Alles gedeckt. SW Fotos von Tauben und Eulen an der Wand (und zwei kitschtriefende Bilder von Golons Angelique, kindfrauenhaft, mit riesigem Dekoltee, Schmachtblick und halb geöffneten Lippen, fehlt nur die Träne auf der Wange). H. geht nochmals weg, um das Auto zu versperren. Kaum gehe ich auf einen Tisch zu kommt die Wirtin - trotz ländlich - Madame, stellt Rotwein hin und räumt das 3. Gedeck ab. Wir waren also avisiert - und willkommen. Der mittelalte, dunkelhäutige Patron vom Cafe, mit Schnurrbart, bringt eine Karaffe mit Wasser, als H. wieder da ist. Freundlich, wortkarg und sehr bestimmt wird uns eine Schüssel Paradeissuppe mit Reis hingestellt. "Wir sind hier in einem Restaurant, da wird gegessen und nicht bestellt." Danach Thunfisch mit Mayonnaise und Weißbrot auf Muschelschalen. Als Hauptgang Hühnerschnitzel paniert mit Erbsen und Karotten, angeröstetem Speck, zum Dessert Eis (Erdbeer, Schoko, Vanillie). Wir essen zu langsam für den Patron. Er bringt den Cafe während wir noch an unserem Eis lutschen und zeigt sich peinlich erschrocken, ihn zu früh gebracht zu haben. "Manger a la France" das drückt eigentlich alles aus, was es über Eßkultur zu sagen gibt. Wir sind die letzten Gäste und verlassen das Lokal via Durchgang zum Cafe. - Überdachter winziger Innenhof. Waschbecken mit zwei Fußhebeln (ich denke an Marciac!), obwohl nur eines, - ein sauberes WC.

Süd- und heimwärts bewegen wir uns jetzt, schon in Erwartung der fällig gewordenen Abkühlung. Ein Aufenthalt noch in Simorre, - er lohnt sich! Eine Wehrkirche, ein mächtiges, beeindruckendes Gebäude, ganz aus Ziegelsteinen, auch die Dächer. Wasserspeier aus Stein, seltsame Figuren darstellend, einige, oben auf dem zentralen Turm ragen wie Kanonerohre aus dem Gemäuer. Wir wollen nicht gleich hin und hineingehen, nähern uns dem Bauwerk in kreisförmigen Bogen, verweilen auf einer Bank im Schatten, schauen nur hin. Der Ort wirkt auf mich irgendwie spanisch. Unter den Dächern der Häuser große Loggien - offen (zwecks Kühlung?), Wäschestricke sind gespannt. Nahezu jedes zweite Haus wirkt 'historisch'. Am Platz vor der Kirche grüßen zwei Frauen, freundlich, zurückhaltendn, wohlwollend, ("Ich verstehe zwar nicht, warum ihr da seid, aber ich heiße euch trotzdem willkommen.") Das Innere der Kirche ist eher enttäuschend. -Die Malereien haben Nässeflecken und Risse, kein Wunder, wenn das Dach aus gemauerten Ziegeln besteht. In einer Ecke ein vierseitiges, doppelstöckiges Lesepult neben einem Harmonium (Man kann sich noch vorstellen, daß vier Leute um das Ding herumstehen um etwas vorzulesen oder zu -singen, aber wozu auf jeder Seite zwei Buchablagen übereinandern liegen? Vielleicht stehen vor den niedrigeren Pulte die Zwerge, um mit näselnden Zwitscherstimmen Cantaten vorzutragen). - Genug Kultur - ab nach Miélan auf der D127.


Simorre

Ich brauche endlich einen Nagellackentferner für meine unzumutbaren Zehennägel. In Miélan Wein, Bier und Brathähnchen gekauft. Der Ort ist auch reizvoll. Wir sind seit Montag da, haben uns aber noch nicht umgeschaut, - paradox? - Endlich wieder beim Zelt. Klamotten runter und ins Wasser - köstlich!

H. bereitet das Huhn (während B. das Tagebuch nachführt) mit Paradeissalat. Schmeckt großartig, verglichen mit dem Dosenfutter. Schreiben, lesen, ruhen. Zwei Französinnen versuchen lange und vergeblich neben uns ein Zelt aufzubauen. Stan und Oli sind geschickt dagegen. Ein jüngerer Mann hilft ihnen dann. Es ist 21.30 geworden - kaum dämmrig - wir räumen auf und gehen zum Abschluß des Tages an die Bar. Heute Konzert. Eine unattraktive Sängerin ohne Ausstrahlung trägt mit guter Stimme Lieder, Schlager und Chançons vor. 2 Armagnac, dann kehren wir zurück. Das Himmelsgewölbe voll glitzernder Sterne. Am Seeufer wollen wir sie betrachten, die anwesenden Fischer aber lassen uns schon bald das Zelt aufsuchen.

Freitag 19. Juli 1996

Heute ist ein Ruhetag geplant - eigentlich nicht geplant sondern eingeschaltet. Zu viele Namen, Wege, Eindrücke - heute nichts Neues, sondern Erlebtes aufarbeiten. Wäsche, Hühnersalat, schreiben, lesen, baden, reden und herumsitzen. Unsere Vorderseite bräunt sich langsam, das Gesicht und die Außerärmelarme sind schon gut getönt, nur die Rückseite ist noch Marke Topfenneger. Wird wohl so bleiben. Ein kleiner Wagen, von einem Esel gezogen, macht seine Runden. H. hat das noch unerforschte Seeufer erkundet. Öde Männer, häßliche, dicke Frauen, recht reizende Kinder. Die Pfadigruppe scheint abgezogen zu sein. Ich mache eine Entwässerungskur mit Rotwein - ganz angenehm. H. liest jetzt die "Aquariumsliebe". Noch immer keine Karten geschrieben. Heute Abend gehen wir nicht aus, schließlich ist Freitag. Doch noch Karten geschrieben - nur ...

Samstag 20. Juli 1996

H. sehr früh wach, raschelt und klappert herum - Regenwettervorsorge. Endlich ist es 0800 und wir können frisches Brot holen. Es ist bedeckt und kühl. Zeitigster Aufbruch unserer Reise - vor 0900! D34 nach Norden. Château de Marignan mit erstem nicht verfallenen Taubenhaus (Pigeonnerie; das ist ein Merkmal der Schlösser und mancher größerer Anwesen der Gegend, eigene,  aufwendig gebaute Häuschen, Würfel mit spitzen Dächern auf Stelzen, in denen einstmals Tauben gehalten wurden). 'Real Pub' mit 'Service aux chiens'-Schild (mit aufgemaltem Knochen) wird wegen Mangels an Zigis aufgesucht. Weiter folgen wir der Straße, die gesäumt ist von Herrenhäusern mit Zedernalleen (Libanonzedern oder sowas ähnliches, einzeln interessante Bäume, aber als Allee machen sie einen zerrupften, unattraktiven Eindruck). Ein Türmchen nach dem andern blitzt zwischen Baumgruppen hervor. Man kann nur schauen wie auf einem Tennisplatz - links - rechts - links - rechts ... Ein Schloßcampingplatz - schön, schattig, zu umschlossen. Mais- und Sonnenblumenfelder wechseln einander ab. Das Getreide ist schon geerntet - ein par Mal kommt uns ein Mähdrescher entgegen - in Straßenbreite. Und alle paar Kilometer ein Hinweisschild auf 'Foie gras' oder 'Volailles de Gers', oft mit 'Degustation graduit'. Rinder gibt es hier auch genug; eher zierlich gebaute, gräulichbraune Tiere.  Viele Kälber, die an den Eutern ihrer Mütter nuckeln. Wir passieren Montequiou und machen einen kurzen Abstecher nach St. Arailles; sehr schmale, steile Auffahrt. Wir placieren unseren Wagen unter einem Zwetschkenbaum und treten durch das ehem. Stadt(?)tor. Sonnenrosen, meterhoch in allen Rotschattierungen. Gepflegter, alter, zart renovierter Ort. Rundgang um die Kirche - sie ist geschlossen. Die Giebelfassade läßt vermuten, daß das Dach einst steiler und höher war. Das Gebell eines Hundes (der scharf anschlägt als wir an 'seinem' Grundstück vorbeigehen) wirkt unterbrechend, läßt die Gedanken nicht am Ort und in der Vergangeheit verweilen, macht uns beide agressiv. Als wir wieder vorbeigehen ist es ganz ruhig. (Manche Leute verwenden Hunde als Waffen und, um auf Kosten anderer ihre Sphäre zu erweitern. Ich würde die Besitzer und ihre Köter am liebsten verprügeln; - was ich mich natürlich nicht traue). Ein 'Glimps' durch ein Fenster in die Wohnung einer alten, rekonvaleszenten Frau zeigt uns einen schönen, offenen Kamin und den Küchentisch - voll mit den verschiedensten Gemüsen - Vorbereitungen zum Kochen. Ein Bild vom Auto unter den Zwetschken und wir kurven den Hügel wieder abwärts. Wir gelangen nach Vic-Fezensac, einer kleinen Stadt mit Eisenpavillion am Hauptplatz wie in Mirande. Kurzer Rundgang - Platanenverschränkte Überschattungen - ein belebter Ort mit allen Einkaufsmöglichkeiten. Gibt für uns - inzwischen schon verwöhnte Besichtiger - nichts mehr her. "Das schönste Gebäude (ein alter Torturm mit Fachwerkoberteil) wird verwendet um Gerümpel zu stapeln".

Auf der D35 fahren wir Richtung Condom. Abzweigung auf - allerdings asphaltierte - Feldwege, um den Schildern zum Château Busca Mariban zu folgen, mehrere Kilometer im Zickzack zwischen Weingärten und durch die Hügel. Das Ch. möchte ich eigentlich namentlich gar nicht erwähnen, ebensowenig wie das alte, nicht vorhandene Tor, durch das man weder hinein noch hinaus kann. Der graue Windhund auf dem Rasen, ein schattenhaftes Nichtwesen soll ebensowenigseinen Niederschlag in diesen Aufzeichnungen finden wie die stümperhaft zugemauerten Fensterhöhlen in der Fassade des  durchrenovierten und geputzelten Anwesens. (Nichtbesuch, Nichtaufzeichnung, Nichtwahrnehmung entheben es seiner Existenz. Das Schloß Busca ist nicht, war nicht und wird nie sein - wird schon gar nicht, denn die Zeit der Schlösser ist vorbei). Nach diesem Abstecher, der nie stattgefunden hat, gelangen wir nach Château Casseigne, ein beeindruckendes Landgut-Schloß, ehem. Wehranlage mit geschl. Kirche. Der Hausherr - sehr stilgerecht - begrüßt angesagte Gäste, die wir mit ihrem gelben Buggy schon bei Busca nicht gesehen haben. Die Anlage ist renoviert und sehr gepflegt. Wir schließen uns einer Führung an. Informationen über die alte Küche, die Besitzer (die das Schloß im vorigen Jhdt. erwarben; es sei nun die achte Generatione, die das Gut führe) und die Produktion des Armagnac, Anbaugebiete, Lagerung, etc. Danach Verkostung. Fast hätte man uns eingesperrt, weil um 1200 dicht gemacht wird. Ein Rundgang auf dem Anwesen. Auch hier wurde ein schöner alter Steinbrunnen zum Blumenbehälter degradiert. Die Hortensien an der Kirchenmauer sind über zwei Meter hoch und blühen unerlaubt prächtig.

In der größten Mittagshitze treffen wir in Condom ein - die Stadt der Mühlen. Am Domplatz finden wir ein recht einlandendes Straßenrestaurant. Wir nehmen das Tagesmenue - das Rindsteak ist roh und für mich ungenießbar. Zum Herumlatschen ist es viel zu heiß. Wir sitzen unterm Sonnenschirm und betrachten die mächtige Kathedrale. Sie wir gerade renoviert und präsentiert sich als beeindruckende Baustelle - ohne Neugierde auf das Innere zu wecken. Zum Fluß hinunter; auf einer Bank am Ufer wollen wir ausruhen. Vorher umrunden wir die Kathedrale und befinden uns in einem Innenhof, eine Art Kreuzgang mit Steinrosetten an den Schnittpunkten der Kreuzrippen des Gewölbes. In der Mitte ein Springbrunnen, der aus völlig unerfindlichen Gründen aktiv wird und wieder in sich zusammenbricht; Bewegunsmelder, Schaltuhr, ein unsichtbarer Agent? - nicht zu eruieren. In einem genau angepaßten Zubau befindent sich das Rathaus - gleicher Stil nur anderes Material.  Durch eine enge Gasse, vorbei an einem großen Gebäude, an dem die Wasserspeier durch aus der Fassade entspringende und außen weiterlaufende Regenrohre ersetzt wurden, ein Hôtel irgendwas, erreichen wir den Fluß und die ersehnte Bank im Schatten. Links und rechts des Wassers Mühlengebäude, der Fluß, eine grünbraune Surche, recht viel Wasser führend, stürzt über eine kleine, künstliche Geländestufe, zu träge um die fremdartigen Wasserpflanzen am Wachsen zu hindern. Ich schwitze. Jedes Fleckchen Schatten nutzend kehren wir zum Auto zurück und machen uns auf den Weg, jetzt die Schnellstraße nehmend, nach Miélan.

Die Abbaye de Flaran allerdings, ein ehemaliges Zisterzienserkloster, wollen wir trotz steigender Sehnsucht nach Ausziehen und Abkühlen noch anschauen. In der mit großen Platanen beschatteten Allee parken wir - wie etliche andere Touristen auch, und machen den Versuch, eine Erholungspause einzulegen. Vergeblich - es ist einfach zu heiß.  In der Librairie werden unwahrscheinlich viele und vielfältige Bücher angeboten. Ein Videofilm - gut gemacht - informiert über das Departement und bestätigt uns, daß wir ohnehin sehr gut in der Lage waren, das Wesentliche und Typische der Region zu finden. Auf die Führung verzichten wir, wollen keine a la carte Touristen sein. Im Erdgeschoß ein Kreuzgang, die Küche mit Warmhaltebank, Brotofen, offenen Feuerstellen, Salzbank und Durchreiche zum Refektorium. Im ersten Stock die Wohnräume - Zellen kann man das nicht nennen. Barockgipsstuck, Kamin und jeweils zwei kleine Kammern links und rechts von der Bettstelle. Nichts von Bescheidenheit und freiwilliger Armut. Eine Steintreppe hinunter in die Kirche. Die ist nur mehr ein steinumbauter Raum ohne jede sakrale oder mystische Ausstrahlung. Durch die Sakristei zurück in den Kreuzgang und ins Freie. Über Auch ('osch') und Mirande zurück.

Historische Bauten in drei verschiedenen Stadien des Ver- bzw. Nichtverfalls haben wir angetroffen. Die rapide verfallende Abtei von Boulaur, wo ich fast Zorn empfand über soviel Gleichgültigkeit, - oder Unfähigkeit, die gerade in Renovierung befindliche Kathedrale von Condom, wo mich die Baustellenromantik der sonst vorhandenen Neugierde beraubte und zuletzt Flaran, Renovierung abgeschlossen, alle Steine gerettet, Objekt tot, bar jeder Wirkung einstiger Aktivität und Spiritualität. Was ist richtig? Sollte man Vergängliches nicht doch vergehen lassen? Zeugen Ruinen nicht mehr vom Geist der Vergangenheit, als in die Gegenwart gerettete und für die Zukunft konservierte Steintrümmer?

Endlich a la tent! Ein Genuß. Nach Abfallen der ersten Schlaffheit spielt H. den Kammerjäger und befreit unser Luftmatratzen-Daunendecken-Doppelbett vom angesiedelten Ungeziefer. 1 Weberknecht, 6 Asseln, 1 Gelse. Ich putze unseren bedenklich miefenden 'Kühlschrank'. Die Zwillinge tanzen "Magdalena" für uns. Discoabend an der Bar und müde ab auf die Matratze. Ich habe ein Vieh im linken Ohr gehabt!

Sonntag 21. Juli 1996

Meine Füße sind unbrauchbar! In den Sandalen tut das Nagelbett weh, in den blauen Schuhen die Ballen, nach den schwarzen Schuhen habe ich eine Blase am rechten Ringzeh und in den Gummitretern kommen Schweißfüße auf. Barfußgehen tut manchmal auch weh. Es ist zum Auswachsen!

Vormittags nach Miélan zum Einkaufen gefahren. Es ist Sonntag, aber viele Geschäfte haben offen - nicht wegen der Touristen. Überall, so auch hier, sieht man ältere Männer herumstehen und miteinander reden. Es wirkt auf mich wie eine Art Ritual. Heute erst, nach einer Woche, schauen wir uns in dem Städtchen um. Hätten wir das gleich am Anfang getan (wie zB. Tillac), wären wir vermutlich begeistert gewesen. Es gibt hier auch eine Markthalle, den breiten Gehsteig überdachende Häuser, abgestützt ebenfalls durch mächtige, alte Holzpfosten. Fachwerk mit Adobe (?) Lehmstrohgemisch ausgemauert. Der große Unterschied Tillac/Miélan liegt - abgesehen von der Kirche und den Tortürmen - va. darin, daß in Tillac keine neueren Bauten das Ensemble zerstören. In der Kirche in Miélan wird gerade eine Sonntagsmesse abgehalten, was uns hindert hineinzugehen. Nach einem Blick durchs Schlüsselloch glaube ich, daß ich das Innere gerne gesehen hätte. Der später wiederaufgebaute Turm hat eine Sacre Coeuer Spitze übergestülpt. (Paul Albie, der Erbauer von Sacre Coeur in Paris hat mehrere Kirchen in diesem Raum renoviert, ua. in Perigueux. Er erhält von allen Autoren ein vernichtendes Urteil. Es mangle ihm an Verständnis für die alte Bausubstanz und Sensibilität). Zurück am Campingplatz hängen wir wieder wie tot in der Hitze herum. Kalter Imbiß, später dann doch Suppe. Ich habe Durchfall. Lesen, schreiben, abwaschen. Erstmals im Urlaub eine Mittagsruhe auf der Wiese. Wir schlafen tief und erfangen uns nach dem Erwachen nur langsam. Abends Koteletts - endlich ein  ordentliches Stück Fleisch zwischen den Zähnen! Ein ständig kreischendes Kind macht mich zornig - seltsam. Ich glaube, ich habe genug von hier. Morgens wollen wir Richtung Bourgonge aufbrechen. Letzter 'Saft' an der Bar und ein langwieriger Versuch die Abrechnung zu machen. Habe selten so unfähiges Personal erlebt - freundlich sind sie aber alle.

Montag 22. Juli 1996

Das war eine Nacht! Ich erwache von irgendwelchen Geräuschen, die nicht hierhergehören, wecke H. Mit der Taschenlampe entdeckt er eine Spinne, die mit dem lautstarken Gekratze sämtlicher  ihrer Beine 6, 8 ?was weiß ich - versucht unser Zelt zu erklettern. Ich übersiedle sofort  ins Auto. Gestern das Vieh im Ohr, heute die Elefantenspinne, das reicht. (Brigittes einziger Kommentar in der Nacht, "Tut mir leid Hermann, ich zieh aus." Sie packt Polster und Decke und ist weg. Ich bleibe etwas verwirrt zurück. Weiterschlafen, aufstehen, umziehen? Ich sinke auf die Matratze zurück. Dann stehe ich doch auf). H. versucht auch im Auto zu schlafen. Es ist nicht sehr bequem (körpergerechte Sitze! - nur für die Fahrt geeignet. Wozu man die überhaupt umlegen kann?). Gegen Ende der Nacht übersiedelt er wieder ins Zelt.

Nach dem Frühstück so gegen 0930 brechen wir dann tatsächlich auf nach Auch. Wir wenden uns zuerst nach Osten und dann bei Aubiet auf die N928 nach Montauban und weiter nach Villefranche de Rouergue. Um 1100 Fahrerwechsel. H. geht es nicht gut. Sein Magen ist nicht OK (die Milch?). Sehr warm ist es wieder. Mittagessen routiermäßig, 5 andere, schweigsame Gäste (LKW Fahrer). Die neuen Tapeten des Restaurants sind so gut wie alte. Wasser und Rotwein, Salatteller mit Eiern, Schweinskotelett mit Erdäpfelpüree, Käse zum Selbernehmen, Marillekuchen, Kaffee, 118 FF. Um 1415 fahren wir weiter. H. versucht zu ruhen. Sein Magen hat sich nach der Mittagsroßkur (kräftig essen und viel Rotwein) beruhigt. Nach einer Kurve bietet sich völlig überraschend ein grandioser Panaromablick über das vor uns liegende Massif Central. Eine an Bilder von den amerikanischen Naturparks erinnernde Landschaft. Weite Täler, abgeflachte Höhen, rote Erde, wenig besiedelt. Später kleine Dörfer auf kegeligen Anhöhen. Alles aus grauem Stein. Grantige Hunde hindern Hermann nicht am Fotografieren. Wir bewegen uns zwei Stunden auf einer Höhe um die 1000 Meter. Rodez lassen wir hinter uns. Postkarten in einem kleinen Nest aufgegeben - erst heute. Wir wollen auf die Autobahn nach Clermont-Ferrand. Viel Verkehr, die Straßen teils steil, teils kurvig. Das Auto kommt auch ins Schwitzen, nicht nur wir. Die Autobahn ist erst dort vollständig fertiggestell, wo sie auf der Karte unterbrochen eingezeichnet ist. Ich fahre zu langsam, H. wird ungeduldig. 1645 Fahrerwechsel. Die breiten Täler sind mit Viadukten überspannt. Hier gibts keinen Mais, keine Sonnenblumen, keinen Wein, - hauptsächlich abgeerntete Getreidefelder und Rinder; vereinzelt auch Schafe und natürlich jede Menge bergiger Landschaft.   Um 1845 endlich Clermont-Ferrand passiert und bei Gannat die E11 verlassen. Hier ist das Land ziemlich reizlos. Nichts zu sehen, sehr flach. Auf der N9 bewegen wir uns jetzt nach Norden, ab St. Poucain-sur-Sioule den Allier entlang - ein breites mit Auwäldern bestandenes Flußbett mit zahlreichen Sandbänken. Châtel d. Neuvre Cmapingplatz am Fluß, Kühe. 10 km vor Moulin nehmen wir unbeabsichtigt die E62, eine Parallelroute zur weiter nördlich liegenden D973. Die Straße ist fast völlig unbefahren; drei Lastwägen auf unserer Seite, kein einziges entgegenkommendes Auto, - gespenstisch. Bei Dompierre sur Besbre überqueren wir die Loire und sind somit am äußersten Rand unseres Zielgebiets angelangt. Es ist noch immer sauheiß. Wir wollen duschen und ein geräumiges, sauberes Zimmer zum Ausruhen. Campingplätze gäbe es auch hier genug, aber uns steht der Sinn nicht nach Zelt aufbauen, "Auf der Erde herumkriechen", Zelt abbauen. Herbergen allerdings sind eher sparsam gesäht in dieser Gegend. Über Bourbon-Lancy fahren wir bis Luzy, um ein halbwegs passendes Quartier zu finden. Logis de France "Hotel du Centre". Eine depressive Wirtin empfängt uns im Lokal ohne Gäste. Ein blasses Mädel zeigt uns das Zimmer im zweiten Stock. Das Zimmer ist sauber, hat ein Bett und eine Klo-Dusch-Wasch-Kabine (einfach hineingestellt - Lüftung via Zimmer). Uns ist's recht - für heute. Das Essen allerdings ist schlechthin ein Graus. Pizza und Lasagne, schmierige Sauce für den Salat und nicht einmal billig. Die Wirtin muß depressiv werden bei dem Koch! Wir machen noch einen kurzen Schlenker durch den Ort . Unbelebt - ich sag nichts mehr über Baden.


Massive Central

Dienstag 23. Juli 1996

So gegen 0700 wach geworden, "Irgendwer geht durch unser Zimmer". Mit Maria telefoniert - zu Hause anscheinend alles in Ordnung. Wir hüllen uns in die erstaunlicherweise noch wie frisch gewaschen riechenden Kleider vom Vortag, Frühstück, und um ½ 9 weiter auf der N81 nach Autun. Gezwungen durch eine Umleitung kommen wir wieder auf eine D, was heißt, schöne, ländliche Gegend; Halt um einen nette Kuhherde zu knipsen. Alle vorherigen standen falsch (die auch, wie die Fotos zeigen werden). Aus dem Auspuff staubts bereits heraus. So total leer waren wir noch nie. Ein nebelverhangenens Bild von Autun, dann kommt Gott sei Dank eine Tankstelle in Sicht. Es war nichts mehr drinnen, aber viel hinein geht auch nicht, nur 42 l - merkwürdig. 

In Autun parken wir im Zentrum. Geld wechseln, 500$, Batterien und Film kaufen (mit 40 FF / 90 ÖS für einen 36er Kodak Gold 100 sagenhaft teuer). Umschauen im Informationsbüro, dann Bier, Kaffee unter der Markise am Platz. Wir warten auf die Rundfahrbahn. (In dem Moment, in dem B. auf die Toilette verschwindet, kommt die Bahn daher; Nervosität wir könnten sie versäumen. Ich muß mich ernsthaft zur Ordnung rufen und mir vor Augen halten, was für eine sagenhafte, entsetzliche, nie wieder gutzumachende Kathastrophe es wäre, wenn wir diese Fahrt nicht machten). Eine Lokomotive (Diesel) mit drei Waggons zuckelt mit uns eine ¾ Stunde zu allen Sehenswürdigkeiten der Stadt (auf Gummirädern natürlich, auf der Straße). Die alte Stadtmauer ist weitgehend erhalten. Ein römisches Theater, mittelalterliche Türme, in der nächsten Umgebung die Überreste einer rätselhaften Pyramide - eine Grabstätte? Auf der Rückfahrt beginnt es zu tröpfeln. Das erste Gewitter unserer Reise mit recht ordentlichem Platzregen wettern wir in einem Schuhgeschäft (alles schön und billig aber paßt nicht) und in den mickrigen 'Passages' ab. Gezackte, verästelte Blitze mäandern über den dunklen Wolkenhintergrund, es donnert richtig. Während B. den Schuhverkäufer beschäftigt, goutiere ich die Bögen im Sportgeschäft vis-a-vis und erinnere mich an meine nicht sehr erfolgreichen Bogeschießversuche vor zwanzig Jahren. Der vorsorglich mitgeführte Knirps kommt zu Ehren, ohne daß er uns in den durch die Gassen fegenden Böen viel hilft. Keine Lust mehr etwas genauer anzuschauen, schwenken wir jetzt ab auf gelb, die D973 und hoffen hier, zwischen Autun und Beaune ein nettes Quartier für ein oder mehr Tage zu finden. Ganz schön schwül ist es wieder geworden nach dem Gewitter. Wir folgen der "Route du Chancelier Rolin" nach Curgy; Kirche geschlossen. Weiter nach Sully, wo es ein schönes Renaissance-Schloß gibt. Es wird erst um 1400 geöffnet. "On ne pay pas pour le parc!" gibt's H. dem Concierge, der kassieren will. - Auf einer Weide ein großes, schönes Pferd. Auch den Ort wollen wir jetzt nicht mehr näher betrachten. Das Val St. Benoit und Epinac sind uns für heute auch egal.

Nolay heißt unser nächstes Ziel. Eine schöne, kleine Stadt mit vielen alten oder alt anmutenden Häusern. Durch winkelige Gassen finden wir den Weg zu einem "Relais de Nolay", lange angekündigt, viel versprechend. Nachträglich mäßig empfunden. Sauber, wenig anheimelnd, ganz gut besucht. Taboulé mit Dillsaucemöglichkeit, Hase mit Sauce Dijonnaise und Püree, Käse (von der Kellnerin runtergeschnitten. Zuviel von zuwenig - selber hätte man sich kleinere Stücke von mehreren Sorten genommen), Obstsalat mit Glasscherben, Kaffee, Wein (das Menue zu 62 FF ohne Kaffee und Wein). Am besten ißt man bei den Routiers! - Jetzt wollen wir eine Herberge.

Auch die Festung Rochepot ist heute zu, Dienstag Ruhetag. Wir wollen sie eh nicht anschauen und wenden uns ganz in die Gegend, einem Aubergeschild folgend. So gelangen wir, wieder auf schmalen Straßen, bergauf, nach Orches (das Wort, das mit dem engl. orchard - Obstgarten verwandt sein dürfte, klingt für uns weniger blumig), einem Steindorf am Fuße steiler Felsen, die zu einer Art Hochplateau gehören. 15 Fremdenzimmer gibt es  in dem Ort, die meisten besetzt. Wir finden aber doch eines, das uns halbwegs gefällt. Man gibt sich hier Mühe, wenn auch sichtlich Geschmack fehlt. Die Gastgeberin ist eine junge, dunkelhaarige, hübsche Frau, die im September ein Kind erwartet - 2 Mädchen, 4 bis 5 gibt es bereits. Ich schaue aus dem Fenster des ebenerdig gelegenen Zimmers, sehe vor mir eine Trockenmauer, Wiese mit zwei Kühen und einem Stierkalb und nackthalsige Hennen. Es gibt schon wieder ein Gewitter. Hier ist absolute Ruhe, kein Geschäft, kein Lokal, vor dem Ort regenverhangene Hügellandschaft, dahinter die besagte Felswand und das Zimmer mit Rauchverbot(!). Eine schöne Katze gibt es. Sie besucht uns während des Essens ( aus dem Reserveproviant).


Orches

Mittwoch 24. Juli 1996

Schlecht geschlafen. Das Bett ist viel zu weich. Das gebotene Frühstück kann sich sehen lassen. Es gibt eigentlich alles, einschließlich einer frisch zubereiteten Omelette. Der Morgen ist kühl. Es verspricht wieder schön zu werden. Wir fahren auf Nebenstraßen nach St. Romain. Gerade noch rechtzeitig, bevor wir uns Beaune zuwenden, entdecken wir die Abzweigung nach St. Romain le Haute. Dorthin wollten wir ursprünglich. Alter Steinort, viel Blumen, eine eigenartige Kirche mit doppeltem Abgang aus breiten Steintreppen. Rund um die Kirche Grabsteine. Poterie besucht, das Zeug knistert noch, es kommt gerade aus dem Brennofen. Vom alten Château ist fast nichts mehr übrig, der Ausblick von dort oben entschädigt dafür. Gullivers Pferde gesehen. Beaune ist eine gepflegte Stadt mit belebten Straßen und vielen Fremden. Dominiert wird sie von den allgegenwärtigen Weinkellern. IGN-Karten komplettiert - Fotoausstellung Bilder der Bourgogne (schlecht, uninteressant, billig, kommerziell, kein Vergleich zu Mimizan; einzig die Idee mit Serien unterschiedlich breiter Bilder ist gut). Mittagessen in einer gut besuchten Brasserie - zufriedenstellend (Mixed Grill hervorragend, das andere geht so, pürierte Gemüsesuppe - ich hasse püriertes Gemüse, lasches Lamm in undefinierbarer Sauce). Rundgang um das Hôtel de Dieu (Kranken- und Siechenheim aus dem 15. Jhdt.) - unterbrochen vom Besuch eines Weinkellers aus dem 13. Jdt. Und anschließender Verkostung. Kaufen drei Flaschen Weißwein. Rückfahrt nach Orches, ein wenig irregehend, weil ich nicht genau lese. (Geraten nach Süden in die Ebene, weil es zwei Orte gleichen Namens gibt. Der Umweg beschert uns den Anblick der Hügel von der Ebene aus - ein Blick wie vom Steinfeld zur Thermenlinie. Wir fühlen uns nach Baden versetzt. Spielen damit die jeweiligen Entsprechungen zu finden, "Jetzt fahren wir von Trumau über die Autobahn" als wir eine Eisenbahntrasse überqueren. Die Ähnlichkeit - wenn man sich gutwillig in den Vergleich läßt - ist frappierend.) - Siesta. Ausgeruht und unternehmungslustig wollen wir etwas essen und trinken. Warum, verdammt noch mal, gibt es hier keine Heurigen? Wir suchen, wir fragen. Kein Heuriger! Das beste, das wir finden, ist ein Kaffee mit 8 bis 10 Gästen auf der Terrasse. Wein, Kir, Sandwiches. Ab nach Orches auf der steilsten weil kürzesten Straße. Es gab kein Gewitter.

 
Beaune (1, 2); Nolay

Donnerstag 25. Juli 1996

Nolay. Stadtrundgang, Halle, Kirche gefällt uns, gehen um den Altar, gemütlich möbliert, Stammsesseln mit Emaillenamensschildern. Die Altstadt ein Gewirr einander überschneidender Dächer. Kaffee, später Kir und Bier am Kirchplatz - Leute beobachten. Einkauf bei Casino, Mitbringsel, Brot. Degustation und Weinkauf vor der Ortsausfahrt - nettes Gespräch mit dem Kellermeister, lassen ihm unsere Karte; er beabsichtigt nach Ö. zu fahren. Mittagessen im Garten unserer Unterkunft untern den Obstbäumen. Siesta. Nachm. wieder nach Nolay auf die Bank 200$ wechseln, Cola im Straßenkaffee, Besichtigung einer Ausstellung mit Ölbildern und Aquarellen, - eine Ansammlung grauenhafter Scheußlichkeiten. Dann zum 'Bout du Monde', eine Grotte und ein Wasserfall, beides eher mickrig, die Landschaft aber sehr schön, - wirkt entspannend. Reitmöglichkeiten sind dort angeboten. Zwei Reitschülerinnen mit Lehrerin üben den Galopp. Am Rückweg durch das  abgelegene und doch belebt wirkende Tal. Abendessen in Nolay in einem schönen Restaurant, gut. Oeufs Meurette (pochierte Eier in Rotweinsauce) - bäh, Lapin au nature, Tart aux Apricots, vin blanc et rouge en verre. Wir sind vollgefressen bis obenhin und bedürfen der Ruhe!

Freitag 26. Juli 1996

Noch vor dem Frühstück räumt H. das Auto komplett aus. Wieder einmal stapeln sich Gepäcksberge und Daunentürme, die aber ziemlich schnell wieder, sehr geordnet, im Passat verstaut werden. Ein nicht unwesentlicher Anteil unserer Ladung sind diverse Flaschen und ein 'Vrac', ein Plastikfäßchen mit Wein. Madame Raby hat unsere Packerei bemerkt und so gibt es ausnahmsweise schon vor 0800 Frühstück, dem wir heute auch reichlich zusprechen. 10 nach 8 wirft H. dem Motor an und wir sind unterwegs nach Hause. Beaune - Belfort - Mühlhausen - Basel. In nur drei Stunden haben wir Frankreich hinter uns gelassen; bei angenehmem Sommerwetter und sehr wenig Verkehr auf der Autobahn.  Beim Grenzübertritt in die CH müssen wir ein Autobahnpickerl kaufen und bezahlen dafür 200 FF minus 7 Sfr Retourgeld. Anstatt 40 Sfr. Ich glaube, da stimmt etwas nicht ganz, aber was soll's! In der Schweiz sind etwas mehr Leute unterwegs und in Basel und Zürich müssen wir durch den Stadtverkehr. Rundum hohe Berge und die Strecke tunnelverseucht - nicht wirklich unangenehm, weil nicht allzulang (6 km max.) Nach Zürich Mittagspause auf einer Autobahnraststätte - Lachsforellen mit Beilagen (endlich Erdäpfel) und alkoholfreies Bier, 40 Sfr. Es ist so dunstig, daß man die umgebenden Berge nur wie durch einen Schleier sieht - gewitterträchtig. Von der Grenzwache völlig unbeachtet - wozu man überhaupt noch einen Paß braucht? - sind wir schon bald in Österreich. Beim Aufstieg auf den Arlberg wird das Auto recht heiß, der Motor wie der Innenraum. Mit der Kiste stimmt irgendetwas nicht! Dessenungeachtet setzen wir die Fahrt fast bis Pettnau bei Innsbruck fort, wo wir eine Jause zu uns nehmen und uns etwas erholen. Dann fahre ich bis kurz nach Linz. Abendessen in Ansfelden - wieder ein 'Rosenberger'. H. übernimmt das Steuer. War uns die Fahrt bis in die Schweiz wie im Flug vorgekommen, scheint sich jetzt der Asphalt wie ein graues Gummiband zu dehnen. Von ½ 9 an - es wird schon dämmrig - mühen wir uns auf der Westautobahn heimwärts. Im finsteren Helenental peinigt jedes entgegenkommende Fahrzeug die übermüdeten Augen mit seinen Scheinwerfern. Endlich durch das 'Badner Tor' erreichen wir um 2230 das Château Mozartstraße. Wir sind total geschlaucht, aber froh, wieder daheim zu sein. Ein entspannendes Bad - nach uns der Kater (der fürchterlich verhärmt und seelisch verwahrlost wirkt) - und wir sinken aufs Lager. Das Hotel Linde hat den Autoschlüssel geschickt und als Beigabe eine schwarzen Spitzenslip und eine Strumpfhose - nicht von mir.

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[Ende Urlaub Frankreich 1996]