Anmerkungen zu Wohnwagen

Wir sind schon einmal mit Wohnwagen unterwegs gewesen und zwar 1998 in die Bretagne. Unser damaliges Auto war ein Passat mit nicht sehr viel PS (ich glaube so um die 95) und einem Automatikgetriebe; der Wohnwagen ein Knaus Südwind 450. Obwohl vorgewarnt,  war ich damals schockiert, wie sehr so ein großer Anhänger an dem Auto reißt, wie sehr er sich auch gefühlsmäßig 'anhängt' und - wie erschreckend heiß der Getriebetunnel damals wurde. Die Fahrt hat uns nicht zu einer Wiederholung verlockt. 


1998, Passat mit Knaus-Südwind (450/485)

Die erneute Idee mit Wohnwagen zu reisen entstand im Winter 2014/15, als mir auffiel, wie ungeheur viele Campingplätze es in Europa gibt (nämlich 26'000 oder mehr) und dass ein Wohnwagen irgendwie ... vielleicht ... soetwas wie ein eigenes, kleines Häuschen an jedem beliebigen Ort sein könnte ... man hätte ein Landhaus nicht nur in Frankreich, nicht nur am Meer, sondern einfach ÜBERALL. Und wenn man sich sattgesehen hätte oder einem die Nachbarn auf die Nerven gingen, zöge man einfach weiter.

Und - hat das auf der Reise in's Perigord funktioniert?

Na ja, nicht wirklich. In dem Wohnwagen, den wir hatten, und er war natürlich nicht "unserer", ist es irgendwie nie richtig gemütlich geworden. Das Bad war nur ein Klo mit Waschbecken und selbst wenn es Dusche und Duschvorhang gegeben hätte - wir brauchen eigentlich nicht viel Platz - aber es wäre doch eine Spur zu eng gewesen. Es war sauber und appetitlich, aber so blöd gebaut, dass es keine einzige gerade Abstellfläche gab. Dann waren da die Querbetten - also Querbetten sind jetzt wirklich nix, wenn man sich leicht beengt fühlt. - Und die Campingplätze? "Le Paradis" war unübertrefflich, was Ambiente und die Größe der Stellplätze anbelangt. Aber die Mehrheit der Campingplätze, besonders die am Meer, sind sehr, sehr eng gestellt. Die Waschräume waren überall auf dieser Reise sauber; die meisten waren allerdings ungeheizt und das war im September manchmal schon zu kalt. Und die Toilette sind alle wie öffentliche WCs gebaut, das heißt Trennwände oben offen ..... bei größerem Andrang .....

     
Bürstner Premio 435 TS (gemietet von Scheiber/Alland 2015)

Eine ziemliche Enttäuschung war, dass Wohnwagen nicht wirklich autark sind. Die Klospülung, die nur ein bischen Frischwasser nachpumpt, funktioniert nur mit Strom. An das Wasser im Frischwassertank kommt man ohne Elektrizität nicht ran (allenfalls lässt sich beides mit Brauchwasser in Plastikflaschen oder kleinen Kanistern lösen). Kühlschrank, Gasheizung und Herd funktionieren zum Glück auch ohne Strom. Unsere Gasheizung war sehr wirksam, ihre technische Lösung aber ein technokratische Wahnsinn: die Zündflamme wird mit einem Piezomechanismus gezündet, der seinen Strom aus einem internen Akku bezieht. Dreht man die Heizung an, beginnt der Piezozünder zu knistern; dann muss man den Knopf niederdrücken, bis sich die Gas-Aus-Sicherung erwärmt hat. Man hat nie eine optische Kontrolle, ob die Zündflamme brennt oder nicht. Beim Ausschalten kann es leicht passieren, dass man "zuwenig" ausschaltet (also den Knopf zuwenig weit nach links dreht), dann versucht die Piezozündung, das ganze wieder in Betrieb zu bringen - das Piezo-Knistern kann man leicht überhören. Ob das Piezo-Ding solange zu zünden versucht, bis der Akku leer ist, weiß ich nicht. - Inzwischen habe ich rausgefunden, dass die Piezo-Batterien hinter dem Drehknopf sitzen - sie ist also reparierbar.

Autarkie in der Diktion der Wohnwagenbauer bedeutet, das man eine teure und schwere Zweitbatterie hat, ein Ladegerät, elektronische Umschalter und was es sonst noch gibt, um das Leben kompliziert und teuer zu machen. Das funktioniert nur solange die Zweitbatterie Strom abgibt. Wirkliche Autarkie bedeutet meiner Meinung nach, dass man in dem Wohnwagen auch eine Woche oder länger ohne Strom auskommt. Und das geht, da Heizung, Herd und (manche!) Kühlschränke auch ohne Strom laufen; man braucht nur ein paar LED-Lampen und Kerzen für die Beleuchtung.

Die Gasheizung ist mit Strom allerdings viel wirksamer, weil ein fast unhörbarer Ventilator die Warmluft im ganze Wagen (auch ins Klo) verteilt. Dazu sind in den Backskisten Rohre verlegt. Unser Büstner-WW hatte Abstandshalter, damit die warme Luft hinter den Sitzbänken und hinter dem Bett nach oben strömt. Bei sehr guten WW (Dethleffs, Eriba) sind alle Einbauten mit so einem Luftspalt versehen. Die Gasheizung (mit Strom) war viel leiser und wirksamer, als der elektrischer Heizlüfter, den wir uns besorgten, weil wir nicht wussten, wieviel Gas wir noch hatten.

Wir hatten Klo und Waschbecken, aber keine Dusche. Wenn es draußen kalt wird und wenn die Duschräume nicht geheizt sind, wäre eine Bord-Dusche angenehm gewesen (für die Wasserpumpe zum duschen braucht man natürlich wiederum Strom). Den Heißwasserspeicher kann man mit Strom oder mit der Gasheizung erwärmen. Unsere Therme hatte 5l und wurde durch Strom sehr heiß, durch die Gasheizung lau erwärmt.

WLAN/WiFi: was nun das Internet anbelangt, sei es um Emails zu lesen,  die Reiseroute zu planen oder den nächsten Campingplatz vorzubuchen, ist es gut zu wissen, dass immer mehr Campingplatze einen (kostenlosen) drahtlosen Internetanschluss anbieten.

Ein paar Muss/Darf-nicht: - Querbetten, absolut nie wieder! - Autarkie ist nützlich, weil man im Transit auch außerhalb von Campingplätzen übernachten kann (es ist sinnvoll zusätzlich zum Campingführer einen Stellplatzführe mitzunehmen; viele Wohnmobilstellplätze lassen auch Wohnwagen zu). - Ein Vordach ist wichtig, denn es ergibt einen sonnen- und regengeschützten Bereich vor dem Eingang. - Bodenfolie braucht man. - Unsere sehr einfache Campinggarnitur (zwei Faltsessel und ein kleiner Tisch) war ausreichend. - Räder hatten wir keine und habe wir auch nicht vermisst (hätten man am Campingplatz mieten können). - In der Nebensaison: es war kälter als ich dachte, wir hatten genug Decken und warme Kleidung, aber wir waren nie sicher, wieviel Gas wir noch hatten; daher das nächste Mal - Gasflaschen-Sensor mitnehmen!

Gas: es gibt keine Europa-Norm, obwohl die deutschen Flaschen Euro-irgendwas heißen. Die sind den österreichischen gleich und man kann sie auch in Kroatien und Italien tauschen oder nachfüllen. In Frankreich ist alles anders und in Skandinavien auch; entweder man hat genug mit, oder man leiht sich eine lokale Flasche gleich nach dem Grenzübertritt (bei caravaning.de findet man einen guten Überblick 'Gas Ausland bei caravaning.de').

Vielleicht noch ein paar Worte zum Thema "Wohnwagen versus Wohnmobil". Wohnmobile sind natürlich besser zu fahren als Wohnwagen-Gespanne. Sie sind vorteilhaft, wenn man (fast täglich) weiterreist und nicht lange an einem Ort verweilt. Will man länger als zwei, drei Tage bleiben, kehren sich Vor- und Nachteile um. Beim Wohnwagen-Gespann hat man am Zielort einen vollwertigen PKW für Ausflüge und Einkäufe. Der Wohnwagen erscheint mir auch wirtschaftlicher (sofern man sich nicht zum 'Schleppen' einen größeren PKW kauft, als man ohnedies hat). Man kauft nur ein 'Wohngehäuse' - mit dem Wohnmobil kauft und unterhält man ein komplettes zusätzliches Auto. Der Mietpreis liegt (2015) bei etwa 41 bis 56 Euro, der von Wohnmobilen zwischen 130 und 160. 160! Das ist ja Irrsinn! Wir haben noch nicht einmal ein Hotelzimmer um den Preis genommen (und trotzdem meist sehr komfortabel gewohnt). - Was mich zu nie endendem Hohngelächter verleitet, ist die zunehmende Mode, mit immer riesigeren Wohnmobilen plus 'Beiwagerl' zu reisen. Kleine Smarts sind sehr verbreitet, aber auch kleine Citroens oder VWs werden auf Anhängern nachgeschleppt  - mir scheint, dass diese armen Mensche zuviel Geld und zuwenig von etwas anderem haben. Das Wohnmobil verwenden sie stationär wie einen Wohnwagen und damit sie rumkommen, mobilisieren sie sich mit einer Winzi-Schüssel. Das ist jetzt wirklich... äh, seltsam ...!

Also - kann der Wohnwagen ein Landhaus im "Überall" sein?

Ich glaub' schon. Man muss lernen, damit umzugehen, z. B. Plätze finden, die einem den Kontakt mit den Einheimischen und dem Land erleichtern. Am Campingplatz im Tal der Vezere, so schön's dort war, waren wir WENIGER in Frankreich, als in den Chambres d'Hôtes auf früheren Reisen. Vielleicht sollte man kleine, einfachen Plätze suchen (wie den in St- Leon-sur-Vezere) oder "Camping a la Ferme" (in Italien "Agriturismo"). - Das Stauen und Hantieren in dem beengten Raum erfordert gute Selbstorganisation und Routine. Es ist die Kunst "so wenig wie möglich" und "soviel wie nötig" zu haben. Luxus ist nicht viel 'Klumpert', sondern das richtige. - In Mülhausen hatten wir ein bayrisches Ehepaar mit Wohnwagen getroffen, die in der Normandie gewesen waren und dann "noch schnell mal" in La Rochelle. Das schien mir ein sehr lockerer und freier Umgang mit dem Reisen im Wohnwagen zu sein.

Übrigens, das Fahren war nicht so unangenehm wie damals 1998. Mit unserem Peugeot (2l Diesel 140 PS Handschaltung) und einem nicht so schweren Anhänger (1000 kg Maximalgewicht) hatten wir reichlich Kraftreserven und konnten jederzeit auch auf Steigungen Lastzüge und dergleichen überholen.

Nachtrag 2017:

2017 mit einem Caravelair Allegra 450 von Pusch Altlengbach über die Schweiz in die Provence und die Camargue. Allegra ist die etwas gehobene Baureihe. Gesamtlänge 7,00m, max. Gewicht normalerweise 1500kg, dieser 1350. Der Wagen war sehr geräumig, hatte Einzelbetten zum verbinden, gerade Abstellflächen im Bad, einen großen Kühlschrank in Form einer Lade und wirkte gegen den letzten riesig. Das grau-purpurne Holzdesign finde ich zwar scheußlich (derzeit ist es anscheinend verboten, dass Holz wie Holz ausschaut, im Interieur warme Farben verwendet werden und Stoffe gemütlich sind, aber auch diese Mode wird irgendwann einmal vergehen). Das Optische war der einzige Nachteil und verkraftbar. Als unser Chalet in Europa hat dieser Wagen gut funktioniert.


2017, Caravelair Allegra 450

Nachtrag 2018:

2018 wieder mit dem Caravelair Allegra 450 von Pusch nach Lettland. Wir hatten diesmal nicht soviel Probleme mit Aus- und Einparken wie 2017 - einfach, weil überall mehr Platz war. Den kleinen Flaschenzug, den ich mir bei Zgonc besorgt hatte, habe wir nie gebraucht. Wir habe oft geheizt; einmal hatt der Wind die Gasheizung immer wieder ausgeblasen; beim wieder Anzünden hat es einen heftigen Knall gegeben - freies Gas im System, das ausgeströmt war, bevor die Zündsicherung das Gas abgedreht hatte, hat den Hut des Dachlüfters weggeploppt; sind ganz schön erschrocken; passiert ist nichts. An dem Tag waren wir über den elektrischen Heizlüfter sehr froh. Fahren und Rangieren lief gut heuer, man lernt dazu und wird immer sicherer. Auf den Campingplätzen in Lettland wenig Leute, manchmal sogar gar niemand außer uns - herrlich. Für mich stimmt's mit dem 'Ferienhaus in ganz Europa'.

Nachtrag 2019:

Im März 2019 haben wir uns doch einen eigenen Wohnwagen gekauft (---> Link )  

 

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