Fotofilmtage
Filme über fünf bedeutende Photographen Alfred Stieglitz, Paul Strand, Ansel Adams, Andre Kertesz, Henri Cartier-Bresson. 03/2008.
Vom 15. Februar bis zu 14. März 2008 haben wir DVD-Videos von fünf bedeutenden Phtographen gesehen. Die Videos sind derzeit beim amerikanischen Amazon (amazon.com) zu Preisen von etwa zwanzig bis dreißig Euro erhältlich.
Alfred Stieglitz
Alfred Stieglitz (1864 bis 1946) war ein Wegbereiter der künstlerischen Photographie und der modernen Malerei in Amerika. Er studierte in den 1890er Jahren in Berlin und wandte sich bald von den Ingenieurswissenschaften ab und der Photographie zu. Er hat in seinen Anfängen die pictoralistische Photographie sehr geschätzt und neben England auch immer wieder auf Österreich als eines der Zentren der künstlerischen Photographie hingewiesen - und hier besonders auf das Wiener Trifolium Hugo Henneberg, Hans Watzek und Heinrich Kühn. Ein anderer Wegbereiter, der Stieglitz in einem schwer zu beurteilendem Ausmaß beeinflusst hat, war in England Henry Peter Emerson (der in dem Film übrigens nicht erwähnt wird).
Gerade wenn man die Photographie historisch studiert, bemerkt man, wie sehr die die beiden großen Kriege des zwanzigstend Jahrhunderts die kulturelle Entwicklung unterbrochen und gestört haben. In machen Dingen in einem Außmaß, sodass sie sich nie wieder erholt hat. Eine kaum zu überschätzende Rolle spielt dabei auch die Abwanderung der Intelligentia nach Nordamerika. In diesen Kriegen hat nicht nur Österreich verloren sondern ganz Europa, zuerst seine wirtschaftliche Vormachtsstellung und schließlich auch seine kulturelle - was man hier nicht gerne zur Kenntnis nimmt Viele Europäer versuchen sich daran hochzuziehen, wie unkultiviert die Amerikaner seien und wie kultivieret wir. Das ist insofern lachhaft, als mittlerweilen die Dominanz der Amerikaner in allen Medien bestimmt, was Kultur ist. Europa ist gerade dabei, den Weg der Neandertaler (der Vergleich hinkt ein bisschen), der Gallier und der Indianer zu gehen - die haben alle nicht rechtzeitig begriffen, dass die Welt ab einem gewissen Zeitpunkt ganz plötzlich sehr viel größer geworden ist, und haben sich geweigert, sich den geänderten Bedingungen anzupassen.
Umfangreiches zu Alfred Stieglitz findet man in http://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Stieglitz. Siehe auch den Artikel über Pictoralismus http://de.wikipedia.org/wiki/Pictorialismus, wobei sich Henry Peter Emerson im Grab umdrehen würde, wen er im selben Satz mit dem ihm so verhassten Henry Peach Robinson vorkommt, - das ist wirklich ein arger Schnitzer!
Paul Strand
Paul Strand (1890 bis 1976) kann man als einen Schüler Alfred Stieglitz' bezeichnen. Er hat um etwa 1916 herum vom Pictoralismus zu einer modernistischen Photographie gefunden, hat kurze Zeit eine sozialkritische, aus dem Alltag gegriffene Photographie betrieben (wie Lewis Hine, der sein Lehrer war), hat sich dann einem sehr sozialkritischen, politischen, weit links stehendem Filmemachen verschrieben und schließlich zu einer mehr statischen, konzentrativen, immens verdichtenden Form gefunden, die wohl der reinen, direkten Photographie zugehört, aber eben auch seine besondere, persönliche Handschrift trägt.
Der deutsche Wikipedia-Artikel ist eher mager, aber der englische inhaltsreich http://en.wikipedia.org/wiki/Paul_Strand.
Ansel Adams
Ansel Adams (1902 bis 1984) war ein Naturphotograph und Umweltaktivist, der die photographische Darstellung durch sorgfältige Komposition aber auch durch ein besonders hoch entwickelte technische Verarbeitung zu bis dahin ungeahnter Wirksamkeit und Perfektion getrieben hat. Er hat mit dem Zonensystem eine Methodik gefunden, mit der die Verarbeitung des Negativs und dann des Positivs so angepasst wird, dass der Kontrastumfang im Motiv maximal in die Möglichkeiten des Photopapiers übersetzt wird. Dazu wird das Negativ kontraststeigernd oder -mindernd entwickelt, die Papiergradiation dementsprechend gewählt und dann das Papier ebenfalls kontraststeigernd oder -mindernd verarbeitet. Intuitiv haben das auch andere Photographen vor ihm und nach ihm getan, aber er hat dieses Vorgenen rationalisiert und systematisiert und auch die Möglichkeiten, die darin liegen, besondersr ausgeschöpft.
Mehr über ihn in http://de.wikipedia.org/wiki/Ansel_Adams. In dem Film spricht neben anderen auch John Szarkowski einen sehr wirkungsvollen, bedeutungsmäßig und emotionell geladenen Kommentar (http://en.wikipedia.org/wiki/John_Szarkowski).
Andre Kertesz
Andre Kertesz (1894 bis 1985) war ein ungarnstämmiger Photograph, der in den 1920ern nach Paris ging und 1936 nach New York. Er hat auf eine unnachahmliche Weise immer "seine" Photographie betrieben, die durch einen unglaublich photographischen, bildhaften Blick bestimmt ist, so als ob er gar nicht anders sehen könnte als in Photos - er scheint die Welt zu sehen, wie sie auf Photos erscheint und nicht so wie "wir", die wir die Dinge akkumulativ und durch ihre Bedeutung gefiltert sehen, sodass "unsere" Photos "nie" das zeigen, was wir von der Szene erinnern. Henri Cartier-Bresson hat über ihn gesagt, dass alles was er und seine (Cartier-B.s) Zeitgenossen versuchten, von Kertesz schon einmal gefunden worden wäre.
http://de.wikipedia.org/wiki/André_Kertész
Henri Cartier-Bresson
Henri Cartier-Bresson (1908 bis 2004) war gewissermaßen mit einer "übersinnlichen" Wahrnehmung ausgestattet. So sehr alle Kommentatoren seine besondere Fähigkeiten zu würdigen versuchen, gelingt es selten, sie in Worte zu fassen - man muss gewissermaßen durch das Studium seiner Bilder und durch die Vorstellung wie es einem an seiner Stelle gegangen wäre, selber drauf kommen - nämlich, dass es eigentlich unmöglich ist, solche Bilder zu machen. Auch seine eigenen Kommentare zum "Decisive Moment" klären die Sache nicht wirklich. Er scheint die Dinge wirklich vorherzuahnen, und er hat einen meiner Meinung nach angeborenen formalen, dh. kompositorischen Instinkt. Man kann nämlich nicht an einen kulminierenden inhaltlichen Augenblick und an die formale Komposition gleichzeitig denken. Er hat allerdings auch daran gearbeitet und sich darauf vorbereitet. Es gibt eine Episode (Focus, Beaumont Newhall), in der er seine Frau ein schweres Paket durch's nächtliche New York tragen lässt, damit er die Hände frei hat zum Photographieren. Cartier-B. ist unbeschreibbar und unbegreiflich und je länger man seine Bilder studiert, desto unbegreiflicher werden sie.
Es gib allerdings einen anderen, auch einen Franzosen, der einen ähnlichen angeborenen kompositiorischen Instinkt hat - wenn auch sein Genre ein gänzlich anderes ist - nämlich Jaques Henri Lartigue http://de.wikipedia.org/wiki/Jacques-Henri_Lartigue .
Über Cartier-B. findet man in der englischen Wikipedia http://en.wikipedia.org/wiki/Henri_Cartier-Bresson mehr Bilder als in der deutschen http://de.wikipedia.org/wiki/Henri_Cartier-Bresson.